Sorgen ums Flair der Stadt

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In der Bayreuther Innenstadt gehört die Gastronomie dazu. Vor allem abends sorgen die Cafés, Restaurants und Kneipen für das Flair, für Leben in der Innenstadt. In den meisten Fällen funktioniert das Nebeneinander von Wohnen und Gastronomie reibungslos. Ein Geben und Nehmen. Allerdings fühlen sich einige Gastronomen durch ihre Nachbarschaft limitiert. Sie fürchten um ihre Einnahmen. Und machen sich Sorgen ums Flair der Innenstadt.

 
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Arnika Mühmel kennt beide Seiten. Sie wohnt in der Innenstadt. Schon lange. Und sie hat seit einem Jahr in der Sophienstraße ein Café, die Brühbar. Offen gibt sie zu: "Na klar, ich hab auch schon die Polizei angerufen. Allerdings nachts um 4 Uhr - und unter der Woche. Wenn wegen der Disco, die es damals am Kirchplatz gab, an Schlaf nicht zu denken war." Arnika Mühmel bekommt von Nachbarn jetzt auch die Polizei geschickt. Hat auch schon Strafe zahlen müssen. Weil sie seit Mai im Abstand von zwei Wochen Salsa-Abende in ihrem Café anbietet. "Es kommen richtig tolle Leute zu den Abenden. Die kommen sogar bis aus Hof und Umgebung."

Ein Angebot, das den Nerv trifft

Sie sagt, sie glaube, mit dem Angebot den Nerv getroffen zu haben. Und sie sagt, sie achte darauf, dass es draußen nicht laut werde. "Ich habe hier Dreifach-Verglasung. Draußen ist es total leise." Trotzdem hatte sie bereits beim zweiten Salsa-Abend die Polizei vor der Tür stehen. "Sie haben keinen Lärm festgestellt, einen Bußgeldbescheid über 128 Euro habe ich trotzdem bekommen", sagt Arnika Mühmel. Was sie nicht nachvollziehen kann: "Die Leute ziehen in die Stadt rein, in eine Straße, in der die ganze Gastronomie ist, und beschweren sich dann." Das sei für sie ein Problem. Das sei für andere Gastronomen, die nach ihrer Kenntnis ebenso von Beschwerden betroffen sind, genauso problematisch. Gerade jetzt, wo die Festspielzeit ansteht: "Die Leute kommen um 23 Uhr teilweise vom Hügel in die Stadt. Was sollen die machen?", fragt Mühmel.

Zehn Jahre kein Problem, jetzt wird dauernd die Polizei geschickt

Genau mit diesem Problem sieht sich auch Corrado Antoniali konfrontiert. Er hat seit knapp zehn Jahren sein Restaurant an der Brautgasse und sagt: In den ganzen Jahren habe es nie Ärger gegeben, "jetzt aber habe ich große Probleme". Ein Nachbar schicke ihm regelmäßig die Polizei. Und zwar bereits wenige Minuten nach 22 Uhr. Auch wenn dann nur noch die Leute in der Gasse sitzen, ihr Essen genießen oder noch ihr Glas Wein austrinken. Beim ersten Mal, sagt er, sei es tatsächlich gerechtfertigt gewesen: "Da war die Musik zu laut." Drei Bußgeldbescheide hat er bis jetzt bekommen.

"Soll ich die Leute reinschicken?"

"Ich koche bis 21.30 Uhr. Wie soll ich das machen? Soll ich die Leute reinschicken? Bei 30 Grad?", sagt Corrado Antoniali. Anfragen aus Berlin, München und anderen Städten habe er schon absagen müssen: "Die Leute wollten nach den Aufführungen im Festspielhaus bei mir essen. Denen habe ich sagen müssen, dass das nicht geht. Die haben mich gefragt, wie das sein kann." Auch Hochzeiten habe er schon abgesagt, aus Sorge, dass er dann wieder Strafe zahlen muss: "Ich kann doch den Leuten nicht verbieten zu feiern. Die Atmosphäre kommt schließlich auch mit der Musik." Andere Gastronomen in der direkten Nachbarschaft hätten das Problem nicht: "Vorne am Markt, da sitzen die Leute bis spät in die Nacht."

Es geht ums Flair. Und um die Existenz.

Antoniali sagt, es gehe ihm nicht so sehr um den Betrieb unter der Woche. "Am Freitag und am Samstag, da kommen die Leute und wollen essen, wollen trinken, wollen ein bisschen quatschen." Und genau an den Tagen müsse man auch damit rechnen, "dass es nicht still ist, wenn man mitten in die Stadt zieht". Gerade das Flair in den Gassen komme mit der Gastronomie, mit den Menschen, die hier abends herkommen. "Das müssen die Anwohner doch sehen", sagt Antoniali. Nicht zuletzt, weil das eine existenzielle Frage sei: "Wir müssen ja auch leben können." Ans kommende Jahr mag er gar nicht denken: Dann eröffnet das Welterbe Opernhaus und bringt Gäste. "Und da ist die Fußball-Weltmeisterschaft..."

Stadt sagt: Zahl der Beschwerden habe nicht zugenommen

Joachim Oppold, der Pressesprecher der Stadt Bayreuth, sagt auf Nachfrage unserer Zeitung: "Je nach Witterung und damit verbundenen Aktivitäten im Freien nehmen auch die Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern sowie Nachbarn über Lärmbeeinträchtigungen zu oder ab." Über einen längeren Zeitraum betrachtet, hätte die Zahl der Beschwerden aber nicht gravierend zugenommen. In diesem Sommer konzentrierten sich die Beschwerden nach seinen Worten auf die Bereiche Sophienstraße und Kanzleistraße.

Höhere Lärmgrenzwerte - und auch nach 22 Uhr kann draußen geplaudert werden

In der Innenstadt gelten ohnehin höhere Lärmwerte als in einem ruhigen Wohngebiet: Tagsüber 60 Dezibel, nachts 45 Dezibel. Nachts heißt: ab 22 Uhr. Wichtig: "Sofern keine Beeinträchtigung der Nachbarschaft erfolgt, ist eine Nutzung der Freischankflächen darüber hinaus durchaus möglich", sagt Oppold. Das Ordnungsamt prüfe eingehende Beschwerden, nehme auch mit dem Beschwerdeführer Kontakt auf. Das Ordnungsamt werte aus, was die Polizei vor Ort festgestellt habe, nehme auch selber Kontrollen vor.

Stadt versucht zu vermitteln

Grundsätzlich, sagt Oppold, versuche das Ordnungsamt, "zwischen Gaststättenbetreibern und Beschwerdeführern zu vermitteln. Denn letztlich wird hier ein Interessenkonflikt zwischen einer lebendigen Innenstadt und dem berechtigten Ruhebedürfnis der Anwohner sichtbar", mit dem sich Bayreuth konfrontiert sehe. "Wie viele andere Städte auch", sagt Oppold. Ein Konflikt, "der nur durch gegenseitige Rücksichtnahme gelöst werden kann".

Das Bußgeld

In Bayreuth ist es möglich, wegen Lärmbeeinträchtigung Bußgelder in Höhe von bis zu 1000 Euro zu verhängen sagt Joachim Oppold, Pressesprecher der Stadt. Es sei jedoch "jeder Einzelfall nach seinen besonderen Umständen und den rechtlichen Vorschriften zu prüfen, so dass pauschal keine Bußgeldhöhe benannt" werden könne. Wie Oppold weiter sagt, werde "ausschließlich" dann ein Bußgeldverfahren eingeleitet, "wenn belastbare Anzeigen vorliegen".

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