Sonne, Mond und Sterne Abschied der Wintersternbilder

Von Hans-Ulrich Keller,
Durch eine Langzeitbelichtung von etwa 22 Minuten wird am Sternenhimmel über einem Feld mit einem einzelnen Baum die Erdrotation um den Polarstern sichtbar. Durch die Erdrotation scheint sich der gesamte Himmel um den Polarstern zu drehen. Dabei bilden die Sterne auf ihrer Umlaufbahn einen Kreisbogen, je weiter sie vom Polarstern entfernt sind, um so größer wird auch der Kreisradius. Der Polarstern ist der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär (volkstümlich im deutschsprachigen Raum auch Kleiner Wagen genannt). Er befindet sich nahe des Nordpols des Himmels (Himmelsnordpol). Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa Quelle: Unbekannt

BERLIN. Der Frühling hat begonnen - auch am Sternenhimmel: Die Wintersternbilder haben weitgehend das Feld geräumt. In der zweiten Monatshälfte verführen die Lyriden zum nächtlichen Blick in den Himmel.  

 
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Nach der Umstellung auf Mitteleuropäische Sommerzeit Ende März wird es nun abends erst spät dunkel. Hoch über unseren Köpfen sieht man nach Einbruch der Nacht den Großen Wagen, fast im Scheitelpunkt oder Zenit des Himmelsgewölbes. Vom Großen Wagen ausgehend findet man schnell den Polarstern. Man verlängert die Strecke zwischen den beiden hinteren Kastensternen etwa fünf Mal nach oben. Dann trifft man auf den Polarstern, auch als Nordstern bekannt. Er steht nämlich ganz in der Nähe des Himmelsnordpols, um den sich das Himmelsgewölbe mit allen Gestirnen täglich dreht.

Das Reiterchen

Der Polarstern ist nicht der hellste Stern am Firmament. Seine Helligkeit ist ähnlich der Helligkeit der Wagensterne, weshalb er gut zu erkennen ist. Der Polarstern hilft, die Himmelsrichtungen zu finden. Blickt man zu ihm, so ist das Gesicht nach Norden gerichtet. Linker Hand ist Westen, rechter Hand Osten und im Rücken ist Süden. Der Nordstern ist in jeder klaren Nacht stets an derselben Stelle zu finden. Der mittlere Stern in der Deichsel des Großen Wagens heißt Mizar und dient als Augenprüfer. Normalsichtige sollten neben Mizar ein lichtschwaches Sternchen sehen, Alkor oder das Reiterlein genannt. Denn Alkor reitet gewissermaßen auf der Deichsel des Großen Wagens.

Der Polarstern steht am Deichselende des Kleinen Wagens. Außer ihm und den beiden hinteren Kastensternen sind die übrigen Sterne des Kleinen Wagens deutlich lichtschwächer als die des Großen Wagens. An ihnen kann man prüfen, inwieweit die Licht- und Luftverschmutzung zugenommen hat. Vor einigen Jahren gab es in Österreich eine landesweite Kampagne „Wie viele Sterne sehen wir noch?“ Die Bevölkerung war aufgerufen zu prüfen, welche von den sieben Sternen des Kleinen Wagens überhaupt noch mit bloßen Augen sichtbar sind.

Der Rinderhirte

Wie ein riesiger Zeigefinger deutet die Deichsel des Großen Wagens auf einen hellen, orangen Stern am Osthimmel. Er wird Arktur, der Bärenhüter genannt und ist der hellste Stern im Bild des Bootes, dem Rinderhirt. Arktur ist 37 Lichtjahre von uns entfernt. Der Bootes treibt die sieben Wagensterne um den Himmelspol, wie ein Hirte die Ochsen um einen Göpel - eine Kraftmaschine, bei der etwa Tiere im Kreis herumlaufen und so zum Beispiel eine landwirtschaftliche Maschine antreiben. Die alten Römer sahen nämlich die sieben Wagensterne als Ochsen an, die wie Dreschochsen um den Göpel traben, der durch den Polarstern markiert wird. Sie nannten die Wagensterne Septemtriones, die sieben Ochsen. Die Bezeichnung Septemtriones galt bei ihnen auch als Synonym für Norden.

Den Südhimmel beherrscht der Löwe. Er ist das Leitsternbild des Frühlingshimmels. Ein großes Sterntrapez markiert den Rumpf dieses königlichen Tieres, ein kleines, aufgesetztes Trapez den Kopf mit der Mähne. Der Hauptstern des Löwen heißt Regulus, was so viel wie kleiner König bedeutet. An ihm zieht die Sonne jährlich am 23. August vorbei. Denn der Löwe gehört zu den dreizehn Tierkreissternbildern. Regulus ist eine bläuliche, heiße Sonne in 77 Lichtjahren Entfernung. Näher ist mit 36 Lichtjahren Distanz der Löwenstern Denebola, arabisch Schwänzchen genannt. Er steht am östlichen Ende der Basis vom Löwentrapez. Im Südosten ist das Sternbild Jungfrau aufgegangen mit ihrer bläulichen Sonne Spica. Mit Spica ist das Frühlingsdreieck nun komplett. Spica ist mit 260 Lichtjahren der entfernteste der drei Sterne des Frühlingsdreiecks, zu dem noch Arktur und Regulus gehören.

Die Wintersternbilder haben weitgehend das Feld geräumt. Orion ist eben untergegangen, Sirius ist bereits von der Himmelsbühne abgetreten. Tief im Südwesten erinnert noch Prokyon im Kleinen Hund an vergangene Wintertage. Noch relativ hoch im Westen steht das Brüderpaar der Zwillinge. Die helle Kapella im Fuhrmann blinkt im Nordwesten.

Am Augenstern vorbei

Am Abendhimmel ist nur einer der fünf freisichtig erkennbarer hellen Planeten vertreten, nämlich Mars. Allerdings ist er kein besonders auffälliges Gestirn mehr. Der rötlich-gelbe Nachbarplanet läuft durch das Sternbild Stier und passiert im ersten Aprildrittel das Goldene Tor des Tierkreises. Zur Monatsmitte zieht Mars nördlich an Aldebaran, dem orangen Augenstern des Stieres, weit nördlich vorbei. Bald nach Mitternacht wird Mars in den Dunstschichten des Nordwesthorizonts unsichtbar und geht unter.

Jupiter hält sich im Sternbild Schlangenträger, dem 13. Tierkreissternbild, auf. Der Riesenplanet ist in der zweiten Nachthälfte zu sehen. Sieht man von Mond und Venus ab, so ist Jupiter das deutlich hellste Gestirn am Nachthimmel. Der abnehmende, noch fast volle Mond besucht Jupiter am 23. in knapp zwei Grad nördlichen Abstand.

Ebenfalls am Morgenhimmel vertreten ist Saturn im Sternbild Schütze. Er ist in südöstlicher Richtung etwa eine Stunde vor Dämmerungsbeginn deutlich erkennbar. Saturn wird von Jupiter verfolgt. Ende nächsten Jahres wird der Riesenplanet den Ringplaneten überholen. Es kommt dann zu einer sogenannten „großen Konjunktion“, die nur alle zwanzig Jahre stattfindet. Am Monatsende geht der Ringplanet bereits um zwei Uhr morgens auf.

Venus beginnt mit ihrem Rückzug vom Morgenhimmel. Nach der Monatsmitte wird es vor allem im Norden Deutschlands schwierig, unseren inneren Nachbarplaneten noch zu sehen. Im letzten Monatsdrittel überschreitet sie den Himmelsäquator in nördlicher Richtung. Anfang April geht Venus kurz nach 6 Uhr morgens auf, zu Monatsende eine Viertelstunde nach 5 Uhr. Allerdings setzt die Morgendämmerung im April immer früher ein.

Merkur zeigt sich in unseren Breiten nicht, obwohl er am 11. mit 28° seinen größten westlichen Abstand von der Sonne erreicht. Da er erheblich südlicher als die Sonne im Tierkreis steht, reicht dies nicht für eine Morgensichtbarkeit. In den Mittelmeerländern, in den Tropen und auf der Südhalbkugel der Erde kann man Merkur jedoch im ersten Monatsdrittel in der Morgendämmerung knapp über dem Osthorizont erkennen.

Mit Tempo 180.000

Vom 16. bis 25. April tauchen die Meteore der Lyriden auf. Der Ausstrahlungspunkt dieses Stromes liegt im Sternbild Leier etwa sieben Grad südwestlich von Wega, Hauptstern der Leier. Das Maximum der Lyriden-Aktivität ist in der Nacht vom 22. auf 23. zu erwarten, wobei mit rund zwanzig Sternschnuppen pro Stunde zu rechnen ist. Die Meteoroide tauchen mit rund 50 Kilometer pro Sekunde Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre ein und verglühen. Mit dieser Geschwindigkeit - sie entspricht etwa 180.000 Stundenkilometern - dauert der Flug von der Erde zum Mond nur zwei Stunden. Die beste Beobachtungszeit sind die Stunden nach Mitternacht.

Am 5. tritt um 10:50 Uhr die Neumondphase ein. Der Ostervollmond strahlt am 19. im Sternbild Jungfrau nahe ihrem Hauptstern Spica, wobei der exakte Oppositionstermin 13:12 Uhr ist. Zweimal im April befindet sich der Mond in Erdferne. Am 1. trennen ihn 405.580 Kilometer von uns und am 28. dann tausend Kilometer weniger. Mit 364.200 Kilometer befindet sich der Mond am 16. in Erdnähe.

Die Sonne steigt im Tierkreis immer höher. Am 19. wechselt sie morgens aus dem Sternbild Fische in das des Widders. Einen Tag später tritt sie in das Tierkreiszeichen Stier. Ihre Mittagshöhe nimmt um zehn Grad zu, die Tageslänge wächst um eindreiviertel Stunden.

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