Die Reaktionen des Publikums auf den ersten Abend? Durchaus angetan. Zu spüren war aber auch, dass die Jungfernfahrt des neuen „Tristan“-Stücks in schwerer See verlief. Der – durchaus komplizierte – Text saß überwiegend; nun würde man sich noch wünschen, dass der eine oder andere Schauspieler sich freispielt, noch mehr Wasser untern Kiel des Tristan-Nachens bekommt. Herauszuheben ist der Tristan von Sascha Retzlaff; ihm nimmt man jugendliche Bedenkenlosigkeit ebenso ab wie seine Verzweiflung in späteren (nicht reiferen) Jahren.
Tristan ist tot, seht ihr's denn nicht?
Am Ende ist es Isolde (Annette Lauckner), die aus der Rolle fällt. Aus der Rolle Wagners. Sie emanzipiert sich von den ersten Zeilen an mit einem Monolog, der ein Abgesang auf die romantische Liebe ist. Von einer Verklärung hat diesmal Tristan selbst noch fantasiert. Hoppes Isolde aber kann die Tatsache von Tristans Tod nicht verleugnen. Unsere Zuneigung wäre dem Alltag nicht gewachsen gewesen, das sagt sie so ungefähr, aus Isoldes Verklärung wird Isoldes Erklärung.
Die schönste, die anrührendste Szene beendet den Abend. Mit der Liebe gibt es immer Probleme, vor allem, wenn sie auf den Alltag trifft. Das sehen wir da, und auch, dass Schlaf, Tod und Traum vielleicht dasselbe bedeuten können. Um es mit den Worten von Hamlet zu sagen: „Sterben – schlafen. Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegt’s: Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen, wenn wir die irdische Verstrickung lösten.“
Am Ende sind wir wieder beim Anfang, Kevin und Chantall erneut in die Flucht geschlagen, die Geister lebendig und willens, den Reigen von vorn zu beginnen. Wie die Festspiele auch. Wir sind jedenfalls weiterhin gespannt, ob Katharina Wagner sich mit ihrem „Tristan“ aus der irdischen Verstrickung wird lösen können.
INFO: Die Aufführungen im Juli: 24., 26., 29., 31. Juli, jeweils 20 Uhr; weitere Termine im August.