Senioren in Gefahr Im Visier falscher Polizisten

Von
Verbrecher am Telefon: Mit dem Polizeitrick wollen Betrüger vor allem Senioren aufs Kreuz legen. Foto: Stefan Gruber/dpa Foto: ¬©lettas - stock.adobe.com

PEGNITZ. Trickbetrüger auf dem Vormarsch. Neben dem Enkeltrick erobert eine weitere Masche ganz Deutschland. Auch in Oberfranken gibt es immer mehr Fälle dieser Täuschung, die vor allem ältere Menschen im Visier haben. Rainer Peterson von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle erklärt, dass Information und Prävention der Bevölkerung das A und O sind.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Das Wichtigste, dass man dagegen unternehmen kann, ist darüber zu informieren“, sagt Peterson. Die großen zwei Probleme, die er anspricht, sind der Enkel- und der Polizeitrick. Den einen gibt es bereits seit Ende der 90er, der Polizeitrick wird erst seit ein paar Jahren versucht und hat bereits jetzt Schadenssummen im Millionenbereich verursacht.

Die Vorgehensweise sei im Grund immer die gleiche – Rufnummern von Senioren ergattern und Druck aufbauen. Über das Telefonbuch würden die Betrüger nach bestimmten Vornamen Ausschau halten und „wenn dann eine Elfriede Kaiser drinsteht“, würden die Verbrecher von zwei Dingen ausgehen.

Telefonzentren in der Türkei

Erstens, dass es sich um eine ältere Dame handle, weil der Name nicht modern ist. Und zweitens, diese Person wahrscheinlich alleine lebt, da ältere Personen meistens beide Partner in Telefonbüchern hinterlegen.

Sobald diese Rufnummer abgegriffen wurde, werde diese in einer Telefonliste gespeichert. „Die haben professionelle Zentren. Dort arbeiten Leute, die den ganzen Tag eine Nummer nach der anderen anrufen“, erklärt Peterson. Bisherige Ermittlungsergebnisse haben ergeben, dass viele dieser Zentren ihren Sitz in der Türkei haben. Von dort aus werden die Senioren angerufen – mit einer gefälschten Rufnummer. Durch sogenanntes Call-ID-Spoofing können die Kriminellen jede Rufnummer annehmen und an die Telefone übertragen, die gerade benötigt wird. So erscheint im Display zum Beispiel die Notrufnummer der Polizei: 110.

Psychischer Terror

Die neue Masche soll Angst erzeugen. Ein angeblicher Polizist ruft an und erklärt, dass es eine Einbruchsserie in der Umgebung gebe und dass die angerufene Person das Ziel der Verbrecher sei. Bevor diese fingierten Verbrecher zuschlagen können, sollen die Senioren alle teuren Besitztümer und Geld in eine Tasche packen und der „Polizei“ übergeben. Diese würde darauf aufpassen, bis die Verbrecher gefangen sind.

Mehrere Personen aus diesen Telefonzentren rufen an und geben sich als Staatsanwälte oder Polizisten aus. „Da ruft ein Staatsanwalt an, der sagt, dass man mit der Polizei zusammenarbeiten müsse. Dass das ein ganz wichtiger Ermittlungsfall sei und nur die angerufene Person helfen könne“, sagt Peterson, „die werden durch eine Mühle gedreht und stundenlang terrorisiert. Bis sie alles in einen Sack stecken und irgendwo deponieren, wo es die Verbrecher nur noch einsammeln müssen.“

Die Opfer werden dabei so stark beeinflusst, dass sie letztendlich alles glauben. Ein Großteil der Angerufenen würde vieles richtigmachen und direkt auflegen und die Polizei benachrichtigen. Aber das sei gar nicht so wichtig. Wenn von 100 Anrufen nur zwei oder drei mitmachen, „lohne“ sich das Geschäft schon.

Im vergangenen Jahr hat der Enkel- und der Polizeitrick allein in Oberfranken einen Schaden von einer Million Euro verursacht. „Da wird richtig abgesahnt“, sagt Peterson, „wenn man das jetzt auf Deutschland hochrechnet, dann sammeln die ein Vielfaches davon.“

Natürlich arbeite man auf internationaler Ebene mit ausländischen Behörden zusammen. So werden Telefonzentren geschlossen und in Deutschland einige dieser falschen Polizisten verhaftet. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Peterson. Es werde einfach zu viel Geld damit verdient. An die großen Verbrecher, die alles organisieren, käme man einfach nicht ran.

Gefährlicher Umgang mit sensiblen Daten

Gerade deshalb ist es Peterson so wichtig, die Bevölkerung auf dem Laufenden zu halten. „Wir müssen alle informieren, nicht nur die Senioren, sondern auch die Verwandten und Angehörigen“, erklärt er. Das Ziel der Polizei ist, die Senioren zu erreichen und zu sensibilisieren, dass es diese Betrüger gibt und dass man aufpassen sollte, wenn jemand am Telefon um Geld bittet.

Einen Tipp gibt Peterson noch mit auf den Weg. Auf Messen erlebt er immer wieder, wie unüberlegt mit sensiblen Daten umgegangen wird. „Da gibt es Stände mit Preisausschreiben und jeder rennt dorthin. Da werden ganze Datensätze abgegriffen: Vorname, Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum. Alles, nur um ein Stofftier oder ähnliches zu gewinnen“, mahnt Peterson an.

Diese Daten könnten recht einfach an Dritte verkauft werden. So kämen die Telefonzentren an wichtige Daten, die ihnen helfen, Personen zu erreichen und auszutricksen. Peterson weiter: „Kein Mensch sollte sich beklagen, dass Schindluder mit seinen Daten betrieben wird, wenn er bei so was mitmacht. Die geben die Daten freiwillig raus.“

Autor

Bilder