Schloss: Wohin mit den Erbstücken?

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Es könnte so einfach sein: Hier eine adelige Familie, die ihre Erbstücke der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Hier ein riesiges Schloss, für das ein Nutzungskonzept gesucht wird. Dennoch finden beide Seiten nicht zueinander.

 
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Denn Gespräche werden schon seit langem geführt. Sechs, sieben Jahre mindestens, schätzt Hans Georg Hiller von Gaertringen. Mit seinen Eltern, Geschwistern und Großeltern hat er bis zum Alter von vier Jahren im Schloss gelebt. Jetzt, gut vierzig Jahre später, würde seine Familie dorthin gerne etwas zurückbringen. Doch gestaltet sich dies mittlerweile als "ein Akt der höheren Politik", wie ein Beteiligter sagt.

Indem die Hiller von Gaertringens das Geheimnis ihres Depots lüften, widerlegen sie die landläufige Meinung, nach dem Verkauf der historischen Waffensammlung sei nichts mehr vom Besitz der Schlossherrn übrig geblieben.

Renaissance des früheren Schlossmuseums

Dabei sind immer noch Gegenstände des früheren Schlossmuseums vorhanden, das Carl von Giech für die Öffentlichkeit einrichtete. So existieren beispielsweise noch über 900 gerahmte Bilder, 300 Porträts gehören zur ehemaligen Ahnengalerie. Möbel, Porzellan, Textilien, Wappen, naturkundliche Sammlerobjekte und Alltagsgegenstände sind noch vorhanden, die vom Leben der Grafen erzählen. Ungefähr 150 Exponate sind derzeit im Töpfermuseum in einer Sonderausstellung zu sehen.

Depot könnte in die Kemenate ziehen

Das Problem: Den Nachfahren der Giechs, sieben Geschwister, sind die Kosten für ihr altes Depot in Weiher bei Hollfeld zu hoch. Daher würden sie gerne einen Großteil davon ins Schloss, am liebsten in die Kemenate auslagern. Das Schloss, im 18. Jahrhundert eine repräsentative Residenz des Fürstentums Thurnau, gehört ihnen jedoch nicht mehr, sondern der Gräflich Giech'schen Spitalstiftung. Die saniert die Anlage seit Jahrzehnten mit Hilfe von staatlichen Fördermitteln. Aktuell geht es um den Bauabschnitt Kemenate und Nordflügel. Für die Kemenate wird derzeit eine Notsicherung vorgenommen, für den Nordflügel ein Nutzungskonzept gesucht. Dort soll künftig das Institut für Fränkische Landesgeschichte einziehen, das jedoch gegenwärtig noch ohne Leitung und Mitarbeiterstab ist.

Spitalstiftung gesprächsbereit

"Die Gespräche mit der Spitalstiftung entwickeln sich ganz gut", sagt Hiller von Gaertringen. Sie habe auf den Vorschlag, im letzten Vollgeschoss der Kemenate Bilder und Möbel einzulagern, relativ offen reagiert.  Das Klima in dem Raum würde sich durch die kleinen Fenster und dicken Wände nur langsam verändern. "Es muss trocken sein und darf keine hohen Temperaturschwankungen geben." Doch an laufenden Kosten, wie für Miete oder Versicherung, könne man sich nur schwer beteiligen. Dann wäre als Ausgleich für die bisherigen Ausgaben nichts gewonnen. Mit den Gegenständen als Dauerleihgabe könnten wechselnde Ausstellungen gestaltet werden, schlägt der Kunsthistoriker vor.

Keiner will zusätzliche Kosten haben

Rein rechtlich geht es um die Frage, wer Eigentümer und wer Nutzer ist. "Hier sind wir leider noch nicht endgültig bei einer einhelligen Postition", sagt Klaus Bodenschlägel vom Stiftungsvorstand. Die Stiftung komme für den Bauunterhalt auf und wolle keine zusätzlichen Kosten für Privateigentum übernehmen. Allerdings sehe es anders aus, wenn die Öffentlichkeit daran teilhabe. "Es gibt viele gute Gedanken, aber noch nichts Unterschriftsreifes."

Familie liebäugelt mit Verkauf

Dass dies schon eine ganze Zeit lang so ist, ärgert wiederum die Ahnen der Giechs, die langsam ungeduldig werden. Spätestens ab Herbst dieses Jahres wollen sie sich nach einer anderen Lösung umschauen. Und die heißt schlichtweg - Verkauf. "Wir haben kein Schloss mehr und die Dinge stehen nicht mehr bei uns im Wohnzimmer", sagt Hiller von Gaertringen.

Hinhaltetaktik von Seiten der öffentlichen Hand

Höchst kritisch sieht er, dass die Zukunft der 30 000 Bände umfassenden Familienbibliothek noch unklar ist. Darin enthalten sind noch bibliografische Schätze wie Luther-Orginalschriften.  Das älteste Exemplar stamm aus dem Jahr 1496. Er habe zweimal an das Kultusministerium in München geschrieben. Von dort sei die Antwort gekommen, es sei verständlich, dass die Familie die Erbstücke in Thurnau unterbringen wolle. Dass dies gar nicht so selbstverständlich ist, findet wiederum Hiller von Gaertringen. "Man könnte unsere Eigeninitiative auch würdigen und sagen: Toll, können wir etwas tun, um Sie zu unterstützen? Am Ende muss man sich einfach mal entscheiden."  Außerdem verweist das Ministerium auf die Regierung von Oberfranken. Von der auch nichts mehr zu hören sei, so Hiller von Gaertringen.

Kooperation mit Geschichtsinstitut denkbar

Die Bibliothek könnte zum Beispiel an das Institut für Fränkische Landesgeschichte andocken. Marcus Mühlnikel arbeitet dort als abgeordnete Lehrkraft. Er schrieb einen Aufsatz über die Adelsbibliothek im Zuge der Sonderausstellung. Seine Einschätzung: "Es würde sich auf alle Fälle lohnen, den Bestand zu halten und wissenschaftlich zu erforschen." Der historisch-kulturelle Wert sei unbestritten und die Sammlung böte einen Fundus, um sie aus verschiedenen Forschungsperspektiven zu beleuchten.

"Ein klares Bekenntnis fehlt"

Aber da sind wieder die zu klärenden Details: Wer zahlt die Miete - die Uni, der Freistaat, die Stiftung? Können die Ahnenporträts so einfach ins Schloss zurück kehren - wer haftet dafür? Lässt sich ein "Museumskonzept" im Kleinen verwirklichen? "Das lässt sich meiner Ansicht alles aushandeln", sagt Mühlnikel und bringt es auf den Punkt: "Was fehlt ist ein grundsätzliches Bekenntnis zu den Sammlungen."

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