Scherzergemüse will in Fesselsdorf bauen, doch einige der 85 Einwohner machen dagegen mobil Kampf um "Megagewächshaus"

Von Thorsten Gütling
Will sich mit einem zwölf bis 25 Hektar großen Gewächshaus im 85-Seelen-Ort Fesselsdorf (Gemeinde Weismain) niederlassen: Der Gemüsebauer Scherzergemüse aus Nürnberg. Die Bürger wehren sich, wie Scherzer sagt, mit unlauteren Mitteln. Foto: Scherzergemüse Foto: red

In Fesselsdorf, direkt an der A 70, könnte ein riesiges Gewächshaus zum Anbau von Gurken, Tomaten und Paprika entstehen. Der Bürgermeister will das Projekt unbedingt realisieren, aber die Bürger spielen nicht mit.

 
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Stefan Scherzer braucht Platz. Der Chef des Nürnberger Gemüseproduzenten Scherzergemüse will sein Unternehmen vergrößern. Zu den zwei Standorten Nürnberg und Dinkelsbühl mit ihren 180 Mitarbeitern soll ein weiterer Standort mit 50 bis 150 Mitarbeitern kommen. Dafür will Scherzer ein riesiges Gewächshaus bauen. Eines, das größer ist als die, die das Unternehmen bisher kennt. Eines, das sechs Meter hoch ist und eine Fläche von zwölf bis 15 Hektar überbaut, in dem Gurken, Tomaten und Paprika angebaut werden. Das Gewächshaus soll nördlich von Hollfeld und Wonsees entstehen. Direkt an der A70 auf einem Gewerbegebiet, das zu dem Weismainer Stadtteil Fesselsdorf gehört. Fesselsdorf hat 85 Einwohner und in dem Ort macht sich Widerstand breit.

Gegner bringen 5000 Flyer in Umlauf

Edwin Bergmann ist kampferprobt. Schon einmal hat der Fesselsdorfer Reifenhändler erfolgreich den Aufstand geprobt. Als vor eineinhalb Jahren nahe des Hollfelder Ortsteils Krögelstein Windräder gebaut werden sollten, initiierte der Fesselsdorfer gemeinsam mit Windkraftgegner aus Krögelstein, ein Bürgerbegehren gegen den Bau. Mit Erfolg. Jetzt soll ein Bürgerbegehren gegen das, was die Gegner als Megagewächshaus bezeichnen, auf den Weg gebracht werden. 5000 Flyer sind bereits in Umlauf. Auf der Unterschriftenliste, auf der rund 450 Bürger unterschreiben müssen, stünden schon heute 180 Namen, sagt Bergmann und ist optimistisch: Ende November will er das Bürgerbegehren beantragen.

Scherzer spricht von Unwahrheiten

Stefan Scherzer sagt, die Gegner würden Unwahrheiten verbreiten. Zum Beispiel solche, dass die Stadt in den ersten zehn Jahren des Gewächshauses keine Gewerbesteuer erhalten würde. Scherzer sagt: „Wir wollen bauen, um Geld zu verdienen. Und sobald wir Geld verdienen, müssen wir Gewerbesteuer zahlen.“ Wieviel, das könne man freilich noch nicht sagen, das komme auf den Erfolg des Geschäfts an. Mit Weismains Bürgermeister Udo Dauer habe er sich schon darauf verständigt, eine GmbH zu gründen, damit die Gewerbesteuer in Weismain und nicht in Nürnberg entrichtet werde. Und auch in anderen Punkten gehen die Aussagen von Unternehmer und Gegner auseinander. Während Scherzer von höchstens 15 Hektar bebauter Fläche spricht, spricht Bergmann von 30 Hektar. Während Scherzer sagt, dass er bevorzugt Arbeitskräfte aus der Region anstellen wolle, darunter ungelernte Erntehelfer genauso wie Ingenieure, Betriebsleiter, Logistiker und Bürokaufleute, fürchtet  Bergmann eine Ansiedlung überwiegend rumänischer Gastarbeiter. Und während Bergmann sagt, dass bis zu sieben Hektar Wald gefällt werden müssten, verweist Scherzer darauf, dass es sich bei dem Gebiet schon heute um ein ausgewiesenes Gewerbegebiet handle.

Dauer sieht das Projekt scheitern

Bürgermeister Udo Dauer fürchtet deshalb, dass die Stadt Weismain leer ausgeht. Weil bis heute die Zustimmung von sechs Grundstückseigentümern fehle. Bergmann sagt: „Die sind auf unserer Seite und werden nicht verkaufen.“ Scherzer sagt: "Wir sind nicht gezwungen, schnell zu handeln.“ Wenn ihn Weismain nicht wolle, gehe er eben woanders hin. Es gebe schließlich hässlichere Wege, ein Gewerbegebiet zu bebauen, als mit begrünten Glasfassaden. Der Weismainer Bürgermeister sei schließlich von selbst auf ihn zugekommen. Dauer sagt: Der Bau des Gewächshauses in Fesseldorf wäre für die Stadt vergleichbar mit einem Sechser im Lotto. Am 2. November sollte die Entscheidung fallen. Dauer befürchtete vorab, dass die Grundstücksverhandlungen scheitern könnten. Anschließend war er für keine Auskunft mehr zu erreichen.