Rentner vor Gericht Nachts mit Waffe in der Unibibliothek

Von Manfred Scherer
Symbolfoto: dpa Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Ein Fund lässt die Alarmglocken schrillen: Kurz vor Weihnachten stoßen Sicherheitsleute im Gang vor der Universitätsbibliothek auf einen Koffer mit einer Pistole darin. Ein Rentner muss deshalb vor Gericht und läuft Gefahr, eingesperrt zu werden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der alte Mann, der sich am 20. Dezember gegen 23 Uhr in der Universitätsbibliothek aufhielt, war zum Studieren da: Fachliteratur, die mit seinem ehemaligen Beruf zu tun hat. Im Prozess um die illegale Waffe in seinem Koffer, berichtete er dem Strafrichter Eik Launert, dass er zurzeit versuche, finanziell wieder auf die Beine zu kommen. Mit Vorträgen und Seminaren über sein Fachgebiet. Der Rentner ist gelernter Kaufmann und braucht dringend Geld: Wegen eines Bankrotts hat er hohe Schulden.

Doch warum schleppte er in seinem Aktenkoffer die Walther 9mm-PTB-Schreckschusswaffe mit sich herum? Zunächst sagte der wegen eines Verstosses gegen das Waffengesetz angeklagte Rentner: „Ich weiß nicht genau, irgendwie habe ich nicht genau überlegt.“

Doch Nachfragen des Strafrichters und des Verteidigers Günther Holländer brachten die Hintergründe hervor: Der Angeklagte berichtete, er sei schon zwei mal „überfallen“ worden und er habe damals zur Nachtzeit „wohl Angst gehabt“, mit dem Bus hinaus zur Uni zu fahren.

Nach dem Fund des Koffers mit der Waffe darin umstellten die Security-Mitarbeiter den Rentner, durchsuchten ihn und alarmierten die Polizei. Ermittler der Polizeiinspektion Bayreuth übernahmen den Fall. Das Magazin der Waffe sei mit drei Platzpatronen bestückt, jedoch nicht durchgeladen gewesen, berichtete ein Beamter als Zeuge.

Die anschließende Wohnungsdurchsuchung brachte eine Schachtel mit 47 weiteren Schreckschusspatronen zum Vorschein und: eine einzige Patrone für eine scharfe Waffe.

Diese Patrone, so führte der Angeklagte aus, sei ein Überbleibsel und eine Art Erinnerung an seinen Vater, der die dazugehörige Pistole in den 60er Jahren erworben hatte. Diese Pistole habe er aber längst freiwillig bei der Behörde abgegeben. 

Der Angeklagte berichtete, er habe nach seinem Bankrott sein Haus verkaufen müssen. Nur sein Büro dort behielt er, er schläft dort auf einem Feldbett. Und in diesem Büro geschah der letzte „Überfall“: Einbrecher stiegen ein und räumten das Büro aus. Die Folgen für den Mann waren dramatisch, denn er erlitt einen Herzinfarkt. „Ich konnte gerade noch einen Notruf absetzen. Ich wurde reanimiert.“

Nach dieser Erfahrung habe er dann bei einer renommierten Firma die Schreckschusswaffe bestellt. Dem Ermittler der Polizei sagte der Mann, er habe es infolge seines Gesundheitszustandes nicht geschafft, den für die Schreckschusswaffe notwendigen kleinen Waffenschein zu beantragen.

Für den Angeklagten ergab sich ein heikle Prozesssituation, denn er ist zweifach vorbestraft: Einmal wegen Missbrauchs von Titeln und, was schwerer wiegt, wegen Bankrotts. Für diesen Bankrott bekam er im August 2018 eine elfmonatige Bewährungsstrafe.

Der Staatsanwalt beantragte deshalb eine sechsmonatige Freiheitsstrafe für den Verstoß gegen das Waffengesetz. Und weil der Angeklagte diesen im Lauf einer offenen Bewährung begangen habe, könne für die sechs Monate keine Bewährung mehr gewährt werden.

Dem Verteidiger war das zuviel. Günther Holländer plädierte für eine Geldstrafe. Das sei deshalb angemessen, weil sein Mandant ein Geständnis abgelegt habe und die Waffe letztlich keine scharfe Waffe sei.

Der Strafrichter sah das ähnlich und verhängte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 15 Euro. Richter Launert betonte jedoch, der Fall des Rentner sei ein „Ausnahmefall“, bei strenger juristischer Bewertung hätte er auch dem Antrag des Staatsanwalts entsprechen können.

Bilder