Rapa sichert sich Riesenauftrag

Von Christopher Michael
 Foto: red

Der Automobil-Zulieferer Rausch & Pausch (Rapa) aus Selb im Landkreis Wunsiedel hat den größten Auftrag der Firmengeschichte erhalten. 330 Millionen Euro schwer ist die Order von Thyssen-Krupp-Bilstein (TKB) über ein Bauteil, das in einem neuartigen adaptiven Fahrwerksystem namens ADS Plus zum Einsatz kommen soll. TKB ist nach Unternehmensangaben auf Fahrwerkstechnik spezialisiert und vor allem in Europa, China und den USA mit Produktionsstätten vertreten.  

 
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Wie Karin Wolf, kaufmännische Geschäftsführerin bei Rapa, erläutert, handelt es sich bei dem Auftrag um ein Ventil – ein sogenanntes Proportionalventil – das Bestandteil eines aktiven Fahrwerksystems sein wird. „Das ist ein großer Schritt hin zu Elektromobilität und autonomem Fahren“, sagt sie. Gerade wenn Fahrzeuge künftig verstärkt ohne menschliches Zutun unterwegs sein werden, ist eine große Laufruhe des Autos notwendig. „Ansonsten können die Insassen keinen Nutzen aus der gewonnenen Zeit ziehen, sondern laufen Gefahr, reisekrank zu werden“, schildert Wolf einen Vorteil des Systems.

Kontakt zur Fahrbahn sichern

Die neuen adaptiven Stoßdämpfer sicherten den Kontakt zur Fahrbahn und ermöglichten, dass sich das Fahrzeug automatisch an Fahrsituation, Kundenwunsch und den Kontakt zur Fahrbahn anpasse.

Verbunden mit dem Großauftrag ist eine Investition in Höhe von 30 Millionen Euro in den Standort. In den vergangenen drei Jahren musste Rapa nach Aufträgen aus der Industrie bereits zwei neue Hallen bauen. 2013 entstand ein Produktionsgebäude, in dem seither Getriebeventile und Bauteile für Dialysegeräte gebaut werden. 2016 folgte dann der Bau einer Halle, in der bereits Komponenten für aktive Fahrwerke produziert werden. „Die Halle wird derzeit noch befüllt, der Serienstart für die Produkte ist im kommenden Jahr vorgesehen“, sagt Wolf.

Nun also das nächste Großprojekt, mit dem das Unternehmen einen weiteren Schritt geht, unabhängiger von der Verbrenner-Technologie im Automobilbau zu werden. Frühere Generationen aktiver Fahrwerkskomponenten seien nur für Verbrenner geeignet gewesen.

Antiwank

Die sogenannten Antiwank-Stabilisatoren, die Rapa trotzdem noch im Portfolio hat und weiter produziert, würden über Nebenaggregate des Motors betrieben. Daher können sie in elektrisch angetriebenen Fahrzeugen nicht verwendet werden, erklärt Wolf. Das neue Fahrwerksystem soll in den neuesten Generationen der Mercedes C-, E- und S-Klasse sowie im Mercedes SL verbaut werden. „Daimler ist einer unserer wichtigsten Kunden“, sagt die Geschäftsführerin.

Mit einem Auftrag des Stuttgarter Autobauers Mitte der 80er-Jahre über Ventile für Cabrioverdecke sei Rapa in die Automobilsparte eingestiegen. Eine Partnerschaft, die anscheinend auf Gegenseitigkeit beruht. Zur Einweihung der Halle vier 2013 lobte der damalige Daimler-Chefentwickler Manfred Homm den Zulieferer aus Selb. „Wir brauchen Partner, die höchste Präzision liefern“, sagte Homm damals. Und einer dieser Partner sei Rapa. Das Unternehmen habe Daimler mit Qualität überzeugt. Nun reiht sich also Thyssen-Krupp-Bilstein ebenfalls in diese Reihe ein.

Bis 2030

Welch große Bedeutung der Auftrag für Rausch & Pausch hat, macht eine Zahl deutlich, die Karin Wolf auf Nachfrage präsentiert. Der 330-Millionen-Euro-Auftrag läuft zunächst bis ins Jahr 2030. Die Spitzenproduktion ist für das Jahr 2025 angepeilt. „Dann wird der Umsatz mit dem neuen Bauteil rund 25 Prozent unseres Gesamtumsatzes ausmachen“, rechnet sie vor. 

Angesichts dieser Pläne ist es kaum verwunderlich, dass Rapa weiteres Personal benötigt, um den TKB-Auftrag abzuarbeiten. Derzeit zählt Rapa rund 950 Mitarbeiter. Künftig werden wohl 70 weitere eingestellt werden. Über Fachkräftemangel kann sich das Unternehmen „momentan noch nicht beklagen“, sagt Karin Wolf. „Man muss aber natürlich auch alle Möglichkeiten ausschöpfen“, ergänzt sie.

Mit dem Bau der Produktionshalle soll es nun rasch vorangehen. Bereits am Mittwoch hat der Selber Stadtrat den Bauantrag zur Halle auf seiner Tagesordnung. Im nächsten Jahr soll das Gebäude dann schon stehen. „Da sollen bereits die ersten Anlagen geliefert werden“, schildert Wolf. Im Jahr darauf wollen die Selber zunächst Vorserien fertigen. 2020 soll das Ventil dann in Serie gehen.