"In hohem Maße unprofessionell"

Von Michael Weiser
Auf dem Platz vor der Stadthalle wächst Gras, aus den Stufen wachsen kleine Bäumchen, auf dem Pflaster der Ludwigstraße hat sich der Wein ausgebreitet. Die Natur erobert sich die Stadthallen-Baustelle ein bisschen - eine Stadthalle, die möglicherweise bald anders heißt. Es soll ein neuer Name gefunden werden. Foto: Eric Waha Foto: red

Die Arbeiten an der Stadthalle schreiten zügig voran: schon tragen die Bautrupps die Holzverkleidungen ab. Währenddessen sind im Namenswettbewerb schon 70 Vorschläge eingegangen. Die Grünen üben dennoch harsche Kritik. Dass die Stadt nach einem neuen Namen suchen lasse, noch bevor das Konzept für den Betrieb der Stadthalle stehe, sei "im hohen Maße unprofessionell".

 
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In Berlin hat die Staatsoper wiedereröffnet. Eine gute Nachricht für alle Kulturinteressierten (auch in Bayreuth), allerdings auch ein mahnendes Beispiel für alle Planer (gerade in Bayreuth). Denn einerseits ist das Werk gelungen, andererseits aber auch aus den Fugen geraten - mit einer doppelt so langen Bauzeit und doppelt so hohen Kosten wie veranschlagt.

Bayreuth baut derzeit selbst an seinem eigenen Großobjekt und will von Berlin insofern lernen, dass das Großprojekt im Rahmen bleibt, mit Kosten von rund 55 Millionen Euro und einer Bauzeit bis Ende 2019. Bis dahin soll die Bayreuther Stadthalle rundum erneuert sein: Kleines Haus, Wandelhalle, Balkonsaal - alles soll bis dahin neu gestaltet und besser an die Erfordernisse eines multifunktionalen modernen Kulturzentrums angepasst sein.

Vor allem aber soll das Große Haus in neuem Glanz erstrahlen, mit einer neuen Bühne mit höherem Portal plus Seitenbühne, mit einem aufgehübschten Innenraum inklusive neuer Holzverkleidung und einer viel besseren Akustik, aber auch mit einer Decke, die den mittlerweile hohen Anforderungen an den Brandschutz entspricht.

Jetzt kommt das Kleine Haus dran

Bislang bewege man sich im Zeitrahmen, sagt Stadtbaureferentin Urte Kelm. Draußen wächst langsam das Gras über die Stufen hinauf zum Eingang, drinnen aber wird tatsächlich gehämmert, zertrümmert, abgetragen. Das Kleine Haus ist schon leer, in den nächsten Wochen nun - ursprünglich wollte man im September damit beginnen - wird dieser Anbau abgetragen. Eine polnische Firma wird Stein für Stein nummerieren und einlagern, damit das Gebäude auf einem neuen Keller - und sozusagen auf trockenen Füßen - wieder aufgebaut werden kann. Derzeit werden die Holzverkleidungen im Großen Haus abgenommen; bis November will man sich allenthalben bis zu den altehrwürdigen Sandsteinmauern der alten Reithalle vorgearbeitet haben.

Schon 70 Namensvorschläge

Im November komnmt der "Spezialtiefbau" dran. "Das heißt, es werden Fundamentierungen ertüchtiget und verstärkt", sagt Kelm. Dazu wird dem Fundament Beton "gespritzt", Erde unter den Grundmauern wird herausgenommen und durch Beton ersetzt. Unter anderem wegen der Erhöhung des Bühnenportals, aber auch wegen der Anforderungen an den Bühnenturm und das höhere Gewicht der neuen Deckenkonstruktion braucht's stärkere Fundamente.

Die Schadstoffsanierung unter anderem im Balkonsaal läuft derweil weiter. Anfang des neuen Jahres werden dann die ersten tragenden Teile des Stadthallenkomplexes abgebaut, die Dachkonstruktion soll bis März abgetragen sein.

Noch bis zum 16. Oktober können die Bayreuther ihre Vorschläge für einen neuen Namen einreichen. Rund 70 Vorschläge seien bereits eingegangen, sagte Joachim Oppold, Sprecher der Stadt. "Das Echo ist recht groß, die meisten Vorschläge drehen sich um Jean Paul, um Wilhelmine oder um die Funktion als Markgräfliche Reithalle."

Grüne üben Kritik

Nicht für oder gegen bestimmten Namen, sondern gegen den Zeitpunkt der Aktion an sich äußern sich die Grünen. Zusammen mit den Unabhängigen im Stadtrat kritisieren sie den Namensfindungswettbewerb als "Aktionismus" und im "hohen Maße" unprofessionell.

Der Wettbewerb solle lediglich von Problemen ablenken. So bemängelt Stefan Schlags, stellvertretender Fraktionschef der Grünen, das Fehlen eines Betriebskonzepts. Er kritisiert abermals, dass Kulturreferent Fabian Kern in die Wüste geschickt worden sei. "Mit der völlig unnötigen Absetzung des Kulturreferenten fällt die Person weg, die die Projektsteuerung erfolgreich begonnen hat", schreibt Schlags in einer Pressemitteilung. "Seine Überlegungen hin zu einem eigenständigen Kulturprogramm der Stadt in der Stadthalle waren absolut unterstützenswert."

Schlags fordert neben dem inhaltlichen Konzept außerdem eine Kommunikationsstrategie für die Halle, "damit sie sich zu einer starken Marke entwickelt". Dazu aber trage die Namensfindungsaktion derzeit nichts bei.

Vielleicht gibt es vom Beispiel Berlin noch etwas zu lernen. In all den Jahren des Bauens, über all den Millionen an Kosten blieb doch eins unverändert - der gute alte Name Staatsoper.

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