"Die Ampel muss mit uns sprechen"

Von Norbert Heimbeck
 Foto: red

Manche Ampeln im Bayreuther Stadtgebiet ticken, andere pfeifen: "Die Ampel muss mit uns sprechen" , sagt Manfred Voit. Der Bindlacher trägt einen gelben Anstecker mit drei schwarzen Punkten an der Jacke. Zum Tag des weißen Stocks am Sonntag berichtet er vom Alltag als Sehbehinderter in Bayreuth.

 
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Manfred Voit ist seit einigen Jahren hochgradig sehbehindert: "Ich sehe ein Auto, aber wer drin sitzt, kann ich nicht erkennen", beschreibt er sein Handicap. Der Bindlacher ist Bezirkschef des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes in Oberfranken. Rund 7700 Mitglieder hat der BBSB im Freistaat, davon 631 in Oberfranken: "Aber es gibt weit mehr Sehbehinderte als man denkt. Denn viele outen sich nicht", sagt Voit. Auch er wollte anfangs die gelbe Plakette nicht anstecken: "Meine Frau hat mich schließlich überzeugt. Es ist nicht einfach, sich an die Behinderung zu gewöhnen, wenn man vierzig Jahre lang ganz normal sehen konnte." Das bestätigt auch Hilde Heilmann. Sie ist seit 30 Jahren blind und seit 26 Jahren im Verein tätig. Heilmann vertritt den Blindenbund bei Veranstaltungen wie Mini-Bayreuth oder dem Fest der Sinne und klärt in Schulen über das Blind-Sein auf.

Blind-Sein ist nicht ansteckend

"Wir wollen zeigen, dass Blind-Sein nicht ansteckend ist", sagen Heilmann und Voit. Obwohl sich die Einstellung zu Behinderten stark verbessert habe, gebe es immer noch Menschen, "die einen Schritt zurück machen, wenn sie einem Blinden begegnen", sagt Heilmann. Voit berichtet von einer Bekannten, die den Kontakt zu ihm ganz abgebrochen habe, als sie von seiner Behinderung erfuhr.

Ganz anders jedoch der Umgang mit Behinderten von offizieller Seite: "Wir fühlen uns von der Stadt sehr ernst genommen", sagt Voit. Die Errichtung zahlreicher Blindenampeln und die Einführung des Leitsystems habe dazu beigetragen, dass Sehbehinderte in Sachen Mobilität deutlich gewonnen hätten. "Voraussetzung für Teilhabe am sozialen Leben ist Mobilität. Nicht nur mit einer Begleitperson, sondern auch mal alleine unterwegs sein zu können, ist wichtig für unsere Lebensqualität."

Das Leitsystem kommt gut an

Damit das klappt, gibt es Orientierungs- und Mobilitätstrainer. Sie bringen Blinden bei, wie sie sich im Alltag zurechtfinden. Während sich Sehende zum Beispiel darüber wundern, dass die weißen Streifen am Boden direkt auf Ampelmasten zuführen, ist das für Blinde sinnvoll: "Der Ampelmast ist kein Hindernis, sondern Wegweiser. Ohne die Positionierung mitten auf dem Leitstreifen besteht die Gefahr, dass wir schräg über die Straße laufen und uns verirren." Wer genau hinschaut, sieht dass manche Teile des Leitsystems Längsrillen haben, andere dagegen Noppen. "Bereiche mit Noppen sind Aufmerksamkeitsfelder", erklärt Heilmann, "sie weisen uns darauf hin, dass hier zum Beispiel eine Möglichkeit zum Abbiegen besteht." Das Leitsystem kommt gut an bei den Menschen, für die es gemacht ist: "Von uns ist noch niemand in das Rinnla am Marktplatz gefallen", sagt Manfred Voit lachend.

Info: Noch bis kommenden Sonntag dauert die Woche des Sehens. Mehr als 400 Aktionen und Ausstellungen in Deutschland wollen Verständnis wecken für die Belange Sehbehinderter. Den Abschluss der Aktionswoche in Bayreuth bildet am Sonntag das Fest der Sinne im Zentrum. Der Blindenbund beteiligt sich seit 15 Jahren an diesem Fest. Heilmann: "Wir bauen am Sonntag einen Dunkelraum auf. Darin können Eltern und Kinder gemeinsam Gegenstände ertasten. Außerdem bringen wir einen tastbaren Globus mit und bieten weitere Aktionen an."

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