"Auf der Flucht vor der SPD"

Von Michael Weiser
Der Folichon steht für 7500 Euro: Ottmar Hörl sowie Inge Eggers und Bernd Saupe von der Wilhelmine-Gesellschaft gegenüber vom Ponte, wo Engin Gülyaprak schon wieder am Werkeln war (weswegen er auch nicht fotografiert werden konnte), Foto: Andreas Harbach Foto: red

Er brachte Russ nach Bayreuth, den dirigierenden Wagner, zuletzt setzte er mit seinen Folichon-Schoßhündchen bei der Landesgartenschau Akzente. Nun kehrte  Ottmar Hörl zurück, um Geld abzuliefern: Der Bildhauer  spendet 7500 Euro aus Verlosung und Verkauf von rund 200 Folichons. Das Geld geht zu gleichen Teilen an den Fördervein Bunter Kries und die Markgräfin-Wilhelmine-Gesellschaft. Wir sprachen mit Hörl über ein Bayreuth-Trauma und demokratische Kunst.  Und hörten etwas über das Kunsttalent der SPD.

 
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Bald sind auch die letzten 200 Folichons verkauft. Die Bayreuther scheinen Ihrer auch nach Ihrem dritten Projekt hier noch nicht überdrüssig zu sein.

Otmar Hörl: Wir haben die  Lose für die Folichons auch nicht einfach in Bayreuth sondern auf der Landesgartenschau verkauft. Da ist das Publikum auch viel größer. Ob’s allein in der Innenstadt so gut gelaufen wäre – schwer zu sagen. Aber, doch, es haben auch viele Bayreuther Figuren gekauft.

"Das Gefühl, dass Wagner schon genügt"

Sie sind ein Veteran – wie fassen Sie Ihre Bayreuth-Erfahrungen zusammen?

Hörl: Eher unangenehm. Was die offizielle Stadt betrifft, also das Kulturamt, das nicht an einem Künstler interessiert war, der ja schon 100 000 Euro mitbrachte. Es sind meist private Initiativen, die meine Projekte dann eben doch möglich machen. 2004, bei meinem ersten Projekt (mit Wagner-Hund Russ, Anm. der Red.), hat mich sogar der Oberbürgermeister abgelehnt. Es ist schon so, dass die Stadt selber immer blockt. Man hat das Gefühl, das Kulturreferat hier sei der Meinung, dass Wagner schon genüge. An weiteren Maßnahmen ist man also nicht interessiert.  Dabei hatte mein Projekt sogar mit Wagner direkt zu  tun.  Es war dann der Kulturausschuss, der gesagt hat, warum nicht, wenn er doch ohnehin 100 000 Euro mitbringt. Beim zweiten Projekt habe ich dann sogar  20 000 Euro bekommen.

"Peinlich für die Stadt"

Und wie hat damals das Publikum reagiert?

Hörl: Die Menschen waren begeistert und begrüßten, dass in der Stadt endlich mal was über die Festspiele hinaus zu erleben war. Dass es auch so eine Reaktion auf bildende Kunst geben könnte, hatte die Stadt wohl nicht auf dem Schirm. Sie müssen sich vorstellen, aus dem Garten von Haus Wahnfried wollte die Polizei sogar meine Hunde abtransportieren.  Die Journalisten aus allen möglichen Ländern, die in Bayreuth waren, um über die Festspiele zu berichten, stürzten sich natürlich auf die Geschichte. Und so wurde das äußerst peinlich für die Stadt.

Sie hatten damals 100 000 Euro hineingesteckt?

Hörl: So viel kostete nur das Material. Und ich hab dann auch noch ohne Honorar gearbeitet. Weil ich mit diesem Projekt auch versucht habe, etwas autobiographisch abzuarbeiten. Die Arbeit hatte extra was mit Wagner zu tun. Und der damalige OB hat sich sogar geweigert, eine Rede zu halten. Mit den Bayreuthern selbst gab es überhaupt keine Probleme, die haben mich unterstützt, die Galerie hier lief im vergangenen Sommer gut, ich bekomme heute noch Anrufe, ob's noch Figuren gibt.

"Kern hält mich für ein Arschloch"

Die Stadt zeigte sich auch vor Ihrer Aktion zur Landesgartenschau, nun, skeptisch…

Hörl: Der Kern (Fabian Kern, Kulturreferent) hat mich bekämpft. Der hält mich für ein Arschloch, weil ich seinen Freund  Rossmeissl hart angegangen bin (Dieter Rossmeissl, SPD, Kulturreferent der Stadt Erlangen) . Die SPD hat das schlechteste Kulturprogramm überhaupt. Überall bin ich auf der Flucht vor der Kulturpolitik der SPD. Für die ist das, was ich mache, zu elitär, die wollen Kunst aus der Kindertagesstätte.  Dabei müssten die doch Künstler unterstützen, ich meine, die meisten Künstler stehen doch eher links. Aber das interessiert die nicht.

Sie selber vertreten den Ansatz der Kunst für alle, der demokratischen Kunst.

Hörl: Das ist Teil meines Programms - die Menschen mitzunehmen. Auch denen Kunst nahezubringen, die sonst nicht in Galerien oder Museen zu finden sind.

Man muss sich nicht wundern, wenn geklaut wird

Es wurden 100 Ihrer Figuren auf der Landesgartenschau  …  nun … („ausgeliehen“  wirft jemand am Tisch ein) ja, ausgeliehen. Nimmt man das als Künstler auch mal als Kompliment, oder ärgert man sich nur?

Hörl: Das waren 100 Folichons, ja, weggetragen aus dem an sich gesicherten Bereich der Landesgartenschau. Ich sehe das ein bisschen anders. Wenn du Kunst im öffentlichen Raum machst, musst du dich nicht wundern, wenn einzelne Exemplare entwendet werden. Das ist ja das Schöne daran, wenn ich  einen Sponsor im Boot habe – dann wird nicht mein eigenes Geld geklaut.

INFO:Die ersten 6000 Euro hat Hörl am Donnerstag  übergeben, weitere 1500 Euro  sollen durch den Verkauf von 30 Folichons zusammenkommen. Restexemplare bei Engin's Ponte. Engin Gülyaprak ist Vorsitzender des Fördervereins Bunter Kreis, der sich um schwerstkranke, frühgeborene Kinder kümmert. Der Bunter Kreis erhält die Hälfte des Geldes, Gülyaprak lobt "Ottmar Hörl für sein super Engagement". Die andere Hälfte geht an die Makgräfin-Wilhelmine-Gesellschaft, die sich um Wilhelmines kulturelles Erbe kümmert.