"America first" schadet der halben Welt

Von Michael Donhauser,
 Foto: red

Der Weltwährungsfonds hätte eigentlich Anlass zu Optimismus: Das weltweite Wachstum zieht an, Problemländer arbeiten sich aus der Krise. Doch der einstige Musterschüler macht Probleme. Donald Trumps „America first“ könnte der Welt massiv schaden.

 
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Donald Trump und sein Handelsminister Wilbur Ross haben ernst gemacht. US-Beamte werden künftig Strafzölle in Höhe von rund 300 Prozent einsammeln, wenn Bombardier Maschinen seiner C-Serie in die USA einführt. Der irische Außenminister Simon Coveney warnt deshalb sogar vor einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs zwischen Katholiken und Protestanten im britischen Nordirland. Die Verbindung ist nur scheinbar weit hergeholt. Die Antwort auf die Frage, was beides miteinander zu tun hat, lautet: Globalisierung.

 

Die Luft brennt

Große Teile der Bombardier-Flugzeuge werden in einem Werk von Bombardier im nordirischen Belfast hergestellt - von 4200 nordirischen Arbeitern. Es ist eines der wenigen Beispiele von erfolgreicher Strukturpolitik, die Großbritanniens gescheiterter Ex-Premier David Cameron hinbekommen hat. Sollte die Fabrik schließen müssen, brennt im extrem strukturschwachen und politisch nicht zuletzt durch die Brexit-Debatte aufgeladenen Nordirland die Luft.

Mit einer einzigen Maßnahme hat Trump den Nachbarn Kanada, den speziellen Verbündeten Großbritannien und das EU-Land Irland vor den Kopf gestoßen. Besonders in Großbritannien kann man Negativnachrichten ohnehin gerade nicht brauchen - der IWF entkoppelte die Insel vom Aufschwung der übrigen Industriestaaten und korrigierte die Wachstumsprognose nach unten. Den Glauben an einen blühenden Handel auf der Basis eines Freihandelsabkommens mit den USA stärkt Trumps Verhalten ebenfalls nicht.

Nur ein Vorgeschmack

Was der Fall Bombardier etwa für den seit Jahren anhaltenden Subventionsstreit zwischen Boeing und Airbus heißt, ist offen. Auch den Europäern werfen die USA unangebrachte Subventionen für ihren Flugzeugbauer vor. Die Washingtoner Organisation „Good Jobs First“ gibt zu bedenken, dass Boeing selbst zu den größten Subventionsempfängern in den USA gehört: Der Konzern soll 64 Milliarden Dollar an staatlichen Krediten oder Kreditgarantien erhalten haben. Und noch schlimmer: Der Flugzeugstreit könnte nur ein Vorgeschmack für andere Branchen sein. Die weiter schwelende Diskussion um US-Stahlimporte ist nur ein weiteres Beispiel.

Ob Donald Trump solche Zusammenhänge auf dem Zettel hat, wenn er seine „America first“-Politik unter dem Beifall seiner Wählerschaft durchboxt, ist ungewiss. Die Volkswirte des IWF haben sie durchaus auf dem Radar. Und nicht nur das: Das Hochtreiben der Aktienkurse, die Unklarheiten bei der Steuerreform und die hohe Staatsverschuldung in der größten Volkswirtschaft machen den kühlen Rechnern in ihrem Hauptquartier, nur einen Steinwurf vom Weißen Haus entfernt, Sorgen.

Immense Staatsschulden

Maurice Obstfeld, Chefvolkswirt des IWF, spricht bei der Vorstellung des neuen Weltwirtschaftsberichtes von guten Gelegenheiten, für die sich im Aufschwung der westlichen Welt ein Fenster geöffnet habe: Gelegenheiten internationaler Zusammenarbeit. Obstfelds Vorgesetzte, IWF-Chefin Christine Lagarde, hatte in der vergangenen Woche John F. Kennedy zitiert. Der hatte einmal den weisen Satz gesprochen: „Sein Dach repariert man am besten, wenn die Sonne scheint.“

Lagarde zielte mit diesen Worten nicht nur auf Trump - aber auch. Die USA leiden unter immensen Staatsschulden. Beim Weltwährungsfonds ist man der Ansicht, es sei jetzt besser, den Haushalt zu konsolidieren, als teure Mauern an der Grenze zu Mexiko zu bauen oder massiv in den Rüstungshaushalt zu investieren. Ungleichheit sei ein weiteres Problem, sagte Obstfeld. Die USA hätten ein Problem mit nicht ausreichend anziehender Inflation - dies führe in der Regel zu schwachem Lohnwachstum, besonders am unteren Ende der Skala.

Der Alufolienstreit

Doch Trump und seine Wirtschaftsexperten - zu großen Teilen aus dem Kreis ehemaliger Manager der Investmentbank Goldman Sachs rekrutiert - konzentrieren sich auf Abschottung zum Rest der Welt. Beispiel Alufolie: Der scheinbar unauffällige Küchenhelfer wird vor allem in China produziert, aber auch in den USA. Trump erhob hohe Strafzölle auf die in China staatlich bezuschussten Waren - die heimische Alu-Industrie jubiliert. Doch die Preise gehen hoch, weil die chinesischen Zuschüsse indirekt über den Verkaufspreis auch dem US-Verbraucher zugute kamen.

Der Folien-Streit mit dem großen Wettbewerber China erscheint nur ein Stellvertreter-Krieg, ein Schuss vor den Bug. Nur ein Prozent der weltweiten Alu-Produktion geht in Verpackungen, der US-Import aus China beträgt weniger als eine halbe Milliarde Dollar pro Jahr. Er zeigt aber, wie sehr Trump am internationalen Handelsgeflecht rüttelt, auf wie vielen Baustellen seine Anti-Welthandels-Beauftragten unterwegs sind.

Das Gegenteil

Den internationaler denkenden Wirtschaftsexperten gefällt dies alles nicht: Obstfeld, ein glühender Anhänger der Globalisierung und ihrer positiven Effekte für den Kampf gegen die Armut in Entwicklungsländern, beantworte am Dienstag Fragen, die sich etwa auf seine Vorstellungen zu einer US-Steuerreform bezogen, eher allgemein. Sie müsse ausgewogen sein, die Einnahmenseite berücksichtigen, um die Schulden abbauen zu können, soziale Ungleichheiten ausbügeln und nicht zuletzt: eine Antwort auf den Klimawandel beinhalten. Das Gegenteil wird dem attestiert, was Donald Trump jüngst vorgelegt hat.

 

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