Prozess gegen Freistaat Gustl Mollath will Geld sehen

Von Britta Schultejans,
Gustl Mollath. Foto: Lino Mirgeler/dpa-Archiv Quelle: Unbekannt

MÜNCHEN/BAYREUTH.  Der Fall Gustl Mollath geht in eine neue Runde: Das wohl bekannteste Justizopfer Deutschlands fordert knapp 1,8 Millionen Euro vom Freistaat Bayern - für mehr als sieben Jahre zu Unrecht in der Psychiatrie.

 
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Am kommenden Mittwoch, 20. März, startet am Landgericht München I ein Zivilprozess um Amtshaftungsansprüche. Der heute 62 Jahre alte Mollath will Schadenersatz für 2747 verlorene Tage. Wie das Gericht am Donnerstag mitteilte, hat der Freistaat bereits 70.000 Euro gezahlt.

„Ich hätte es im Interesse meines Mandanten und auch des Freistaates richtig gefunden, zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen“, sagte Mollaths Anwalt Hildebrecht Braun der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben uns bemüht, zu einer vergleichsweisen Lösung zu kommen. Diese Bemühungen sind leider gescheitert. Ich glaubte, es wäre im Interesse einer Befriedung, dass man die Geschichte in anderer Form löst - aber wenn der Freistaat das anders haben will ...“

Gustl Mollath, der wegen unzähliger Mahnbriefe an Behörden und sogar den Papst im Ruf steht, ein Querulant zu sein, gehört zu den bekanntesten Justizopfern in Deutschland. 2006 wies ihn das Landgericht Nürnberg-Fürth in die Psychiatrie in Bayreuth ein.

Zuvor hatte seine damalige und inzwischen gestorbene Ehefrau ihm vorgeworfen, er habe sie geschlagen, getreten, gebissen und gewürgt. Gutachter attestierten ihm dann eine psychische Störung. Ein Grund dafür: Er selbst hatte Strafanzeige gestellt gegen seine Frau und weitere Mitarbeiter sowie Kunden der Hypovereinsbank wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften. Die Staatsanwaltschaft legte die Anzeige ab.

Sechs Jahre nach dem Verfahren, im Jahr 2012, wurde dann ein interner Revisionsbericht der Hypovereinsbank öffentlich, der einen Teil von Mollaths Vorwürfen bestätigte. Das Oberlandesgericht Nürnberg ordnete daraufhin die Wiederaufnahme des Strafverfahrens sowie die sofortige Freilassung Mollaths an. Im August 2014 wurde er vom Landgericht Regensburg freigesprochen.

Nach Angaben des Justizministeriums wurden Mollath insgesamt 170.000 Euro angeboten. Das Ministerium sei „weiterhin an einer gütlichen Einigung interessiert“, sagte eine Sprecherin. „Diese muss aber auch rechtlich vertretbar sein.“ Im vergangenen Jahr hatte ein Sprecher betont, mit dem Angebot sei man an die Grenze des rechtlich möglichen gegangen. Entschädigungszahlungen könnten nicht nach freiem Ermessen gewährt werden - auch im Interesse des Steuerzahlers.

Und so kommt es nun zu einem weiteren Prozess in diesem Fall, der schon das Amtsgericht Nürnberg, das Landgericht Nürnberg-Fürth und das Landgericht Regensburg beschäftigt hat - und einen Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. „Es ist natürlich eine ganz schwierige Situation für mich - ich habe keinen Spaß daran, Gerichtsverfahren bestreiten zu müssen“, sagte Mollath, als er seine Klage gegen den Freistaat im März 2018 ankündigte. Aber er habe alles verloren, sei ruiniert. „Da kann man nicht erwarten, dass man sich mit einem Butterbrot abspeisen lässt.“

„Ich hätte gedacht, dass die ein Interesse daran haben, dass eine Geschichte, die peinlich war ohne Ende, nicht wieder aufgekocht wird“, sagte Mollaths Anwalt Braun. „Aber wenn die das alles noch einmal in der Öffentlichkeit durchkauen wollen: bitte sehr.“

Auch politisch hatte der Fall übrigens Folgen: Es gab eine Gesetzesänderung bei der Einweisung psychisch kranker Straftäter. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag wurde eingerichtet, die Opposition aus SPD, Grünen und Freien Wählern sah gravierende Fehler unter anderem bei den Ermittlern.

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