Projekt "Universitäre Oberstufe" in Bayreuth als Schülerstudium - "Hohes Maß an Selbstmanagement" Zehn Elftklässler studieren an der Uni

Von Philip Ziegler
Zehn Schüler des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums studieren ab Oktober neben der Schule. Dass Schüler Campusluft schnuppern, ist nicht neu - wohl aber, dass sie damit Punkte für ihr Abi sammeln. Ministerialdirektor Peter Müller lobte die begabten Schüler bei einer Feierstunde am Dienstag. Foto: Kolb Foto: red

Sechs Redner, ein Ministerialrat als Ehrengast und anschließendes Buffet – die Uni Bayreuth verkaufte den Start des Projektes „Universitäre Oberstufe“ am Dienstag als Festakt. Zehn Elftklässler studieren ab Oktober neben der Schule und sammeln so Punkte für ihr Abitur. Dabei ist das Konzept Schülerstudium nichts Neues.

 
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Seit 2008 können begabte Schüler aus Franken und der Oberpfalz neben der Schule ein oder zwei Veranstaltungen an der Universität Bayreuth besuchen. Die Teilnahme an Prüfungen rechnet die Uni wie bei Regelstudenten an. Neu ist ab diesem Semester, dass das Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium (MWG) die Studienleistungen seiner Schüler auch für das Abitur anrechnet.

Den verpassten Schulstoff arbeiten die Schüler eigenständig nach. Die Schule unterstütze ihre Studenten mit Kursen, die Unterrichtsinhalt raffen und indem sie Lehrmaterialien bereit stellt, sagt Schulleiterin Elisabeth Götz. Für das Projekt haben sich die Schüler selbstständig beworben. Ausgewählt wurden sie nach Notendurchschnitt und Engagement in der Schule.

Gemeinsames Projekt - verschiedene Ziele

"Die Universitäre Oberstufe erfordert von den Schülern Disziplin und ein hohes Maß an Selbstmanagement", sagte Universitätspräsident Stefan Leible in seiner Rede bei der Feierstunde am Dienstag. Die Universität verspricht sich von dem Projekt, begabte Schüler frühzeitig für ein Studium in Bayreuth zu begeistern.

Für das MWG ist die "Universitäre Oberstufe" laut Schulleiterin Götz ein guter Weg, die Begabtenförderung in der Oberstufe fortzuführen. Das MWG bietet spezielle Klassen für Begabte bis zum Ende der Sekundarstufe an. Die drei Jungen und sieben Mädchen stammen überwiegend aus diesen Modulklassen. Viele von ihnen studierten bereits im vergangenen Jahr.

Ministerialdirektor Peter Müller, der als Ehrengast geladen war, räumte ein: "Mit den Möglichkeiten für Schüler, sich in der Oberstufe auszuprobieren, bin ich selber nicht glücklich." Ein frühes Studium helfe bei der Orientierung.

Vier Stunden Uni statt vier Stunden Schule

Die Schule erlässt den Schülerstudenten vier Stunden Unterricht pro Woche - vier Stunden, die die Schüler an der Uni verbringen. Das wöchentliche P-Seminar entfällt komplett. Die wissenschaftliche Hausarbeit für das W-Seminar schreiben die Schüler außerdem nicht an der Schule, sondern an der Uni.

Mit der Idee für das Projekt rühmen sich sowohl die Schule als auch die Uni. "Da es unser gemeinsames Anliegen war, haben wir den Schulterschluss gesucht", sagt Schulleiterin Elisabeth Götz. Seit Frühjahr 2014 arbeite man daran, dass Projekt umzusetzen.

Uni will Projekt auf die gesamte Region ausweiten

Die Technische Universität in München kooperiert bereits ähnlich mit einem Gymnasium – allerdings beschränkt sich die Zusammenarbeit auf naturwissenschaftliche Fächer – sogenannte MINT-Fächer. „Das besondere an dem Bayreuther System ist, dass die Schüler ihr Studienfach frei wählen dürfen.“, sagte Martin Huber, Vizepräsident der Uni. Afrikanistik, Jura, Chemie - das Feld sei bunt.

Das Bildungsministerium teilt sich die Kosten für die Stelle eines Schülerbetreuers mit der Uni. Dirk Hahn ist Lehrer am MWG und wird künftig an zwei bis drei Tagen in der Woche für die Schüler an der Uni da sein. Darüber hinaus wirbt er bei anderen Gymnasien für das Projekt. „Wir wollen auch mit anderen Schulen aus der Region kooperieren, um die begabtesten Köpfe an die Bayreuther Uni zu holen“, sagt Hahn.

Das sagen die Jungstudenten

Gloria Griebel, 16, Biologie:

Ich habe bereits im vergangenen Jahr Biologie studiert. Da ich Medizin studieren möchte, nutze ich das Biostudium, um die Grundlagen zu lernen. Außerdem ist es natürlich cool, wenn man unter der Woche mal aus der Schule rauskommt. Die Uni Bayreuth bietet Medizin nicht an, darum zieht es mich nach München oder Heidelberg.

 

 

Stephan Hamisch, 17, Chemie:

Ich nutze das Schülerstudium, um mich zu orientieren. Ich weiß zwar, dass mir Naturwissenschaften liegen. Logisches Denken gefällt mir. Aber ob ich Physik, Chemie oder Medizin studieren werde, weiß ich noch nicht. Nur Biologie kann ich schon ausschließen – zu viel auswendig lernen. Ich habe bereits zwei Semester Physik hinter mir. Das Fach war schwierig, aber wahnsinnig spannend. Leider schränkt das Schulsystem uns in puncto Interessen vertiefen stark ein. An der Uni kann ich mich ausprobieren.

 

Verena Müller, 16, Jura:

Ich habe bereits zwei Semster Jura studiert, weil mich das Thema einfach interessiert. Jura ist nicht so trocken, wie alle glauben. Wir besprechen auch viele Alltagssituationen. In diesem Semester habe ich sogar zwei Prüfungen geschrieben. Auf ein Ergebnis warte ich noch, bei der anderen bin ich froh, bestanden zu haben. Ob ich in Bayreuth bleibe, weiß ich noch nicht.

 

 

Vincent Reichenberger, 16, Chemie:

Das Fach Chemie fand ich eigentlich schon immer spannend. Genau erklären kann ich mir das nicht, vielleicht habe ich mal was im Fernsehen gesehen. Leider kommen wir mit dem Stoff in der Schule nur relativ langsam voran. Ich war nicht in einer Begabtenklasse, im Vergleich zu denen hängen wir sogar noch ein Jahr zurück. Normalerweise lerne ich nicht so viel, aber für die Uni werde ich sicher mehr machen.

 

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