Oberfrankens Handel legt zu

Von Roland Töpfer

Wie läuft das Weihnachtsgeschäft im oberfränkischen Handel? Was sind die Renner? Gräbt der Online-Handel den stationären Geschäften das Wasser ab? Wir fragten nach bei Sabine Köppel, Bezirksgeschäftsführerin des Handelsverbands Bayern in Bayreuth.

 
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Kaufen Sie gerne ein?

 

Sabine Köppel: Wenn ich Zeit habe genieße ich das Bummeln und Shoppen in den oberfränkischen Städten. Leider fehlt diese oftmals, so dass nur die notwendigen Einkäufe erledigt werden. Das bedauere ich sehr.

 

 

Online oder lieber im Geschäft?

Köppel: Ich bin den neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen. Allerdings beim Einkaufen kann man mich durchaus noch als analog bezeichnen. Ich möchte die Ware sehen und anprobieren und natürlich bei Gefallen gleich mitnehmen. Online-Einkäufe mache ich nur dann, wenn ich ein bestimmtes Produkt in Oberfranken nicht bekommen kann.

 

Einkaufen rund um die Uhr. Sinnvoll oder ein Übel unserer Zeit?

Köppel: Nachdem die meisten Umsätze im Online-Handel werktags in der Zeit von 18 bis 22 Uhr und am Sonntagnachmittag gemacht werden, müsste wohl selbst im Internet keine 24-Stunden-Bereitschaft bestehen. Da am Sonntag mit Abstand die höchsten Umsätze generiert werden, sollte auch für den stationären Handel eine Sonntagsöffnung an einigen Tagen im Jahr unkompliziert möglich sein. Hier klafft durch die verschiedenen gesetzlichen Regelungen eine erhebliche Ungleichheit auf. Dazu erfordert es endlich ein Umdenken in der Politik und bei Kirchen und Gewerkschaften.

 

Wie läuft das Weihnachtsgeschäft im oberfränkischen Einzelhandel?

Köppel: Im stationären Bereich bisher zum Wochenende des dritten Advent eher verhalten. Der letzte Samstag war jedoch sehr gut. Die umsatzstärksten Tage 23. Dezember und 27. Dezember kommen aber noch. Wir erwarten an diesen Tagen sehr gute Umsätze gerade auch im stationären Bereich. Die Erfahrung zeigt, dass immer mehr Verbraucher erst kurz vor Weihnachten dem Christkind unter die Arme greifen und Geschenke besorgen. Im Fernabsatzhandel läuft das Weihnachtsgeschäft erwartet gut.

 

Und nach dem Fest kommen die Gutscheine?

Köppel: Nachdem wir auch dieses Jahr wieder fast ein Viertel der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum in Bargeld oder Gutscheinen vorfinden werden, ist für uns auch die Zeit nach den Feiertagen noch Weihnachtsgeschäft. Dann werden die Gutscheine eingelöst und das Bargeld für die großen und kleinen Wünsche eingesetzt.

 

Die Renner ?

Köppel: Natürlich die Klassiker wie Schmuck, Parfümerieartikel und Bücher. Im Elektrobereich sind es Tablets, Staubsaugerroboter, die neuen Wallpaper-TVs aber auch Kaffeevollautomaten.

 

Wie wird das Gesamtjahr 2017. Besser als 2016?

Köppel: Im Jahr 2017 erwarten wir ein Umsatzplus über alle Branchen und Vertriebslinien, also online und offline, in Höhe von bis zu zwei Prozent in Oberfranken.

 

Welchen Umsatz erwarten Sie, wie hoch lag er 2016?

Köppel: 2016 wurden in Oberfranken 5,27 Milliarden Euro umgesetzt. Nachdem die Rahmenbedingungen sehr positiv sind erwarten wir einen Umsatz von 5,4 Milliarden für 2017.

 

Online macht gewaltig Druck auf den stationären Handel. Wie können sich die lokalen Geschäfte behaupten?

Köppel: Einzelhändler müssen den Besuch ihres Ladens zu etwas ganz Besonderem machen. Mithilfe digitaler Technologien kann stationäres Einkaufen zum Erlebnis werden – Stichwort Augmented Reality. Zudem muss im stationären Handel nach Alleinstellungsmerkmalen gesucht werden, um sich abzugrenzen. Das wichtigste aber ist der Faktor Mensch und die ganz persönliche Beratung und Kundenansprache.

 

Immer längere Öffnungszeiten, Midnight-Shopping und Einkaufen am Sonntag?

Köppel: Es geht nicht um immer längere Öffnungszeiten, sondern darum, die Geschäfte zu öffnen, wenn der Kunde vor der Tür steht. Mehr Flexibilität muss sein, um online und offline gleiche Spielregeln zu schaffen.

 

Die Menschen sollten auch mal zur Ruhe kommen, oder?

Köppel: Selbstverständlich. Allerdings entscheidet jeder individuell, wann das bei ihm der Fall ist. Die Gesellschaft ist so vielschichtig geworden, dass ein pauschales Festhalten an alten Vorstellungen über Arbeits- und Ruhezeiten nicht zielführend ist.

 

Sind die regionalen Geschäfte online gut aufgestellt?

Köppel: Etwa ein Drittel der oberfränkischen Händler sind im Netz auch mit eigenen Shops sehr aktiv. Ansonsten sind viele mit einem guten Online-Auftritt zu finden. Allerdings sehen wir immer noch Firmen, die sich von der modernen Technik fern halten, aus verschiedenen Gründen. Wer heute jedoch im Netz noch nicht einmal gefunden werden kann, hat ein Problem.

 

Was muss sich noch ändern?

Köppel: Die stationären Betriebe müssen sich zusammenschließen, um dem Verbraucher vor Ort stationär und auch online ein Einkaufserlebnis zu bieten. Der Kunde kauft lieber stationär ein als im Netz. Allerdings will er seinen Einkauf im Netz vorbereiten und schon zu Hause wissen, ob die von ihm gewünschte Ware in seinem Lieblingsgeschäft verfügbar ist und sie auch gleich reservieren lassen. Hier heißt es für die Geschäfte, sich auf Plattformen zusammenzuschließen und die Voraussetzungen für diese Kundenwünsche zu schaffen. Dies ist technisch jederzeit möglich.

 

Der Einzelhandel in den Innenstädten wird sich in der Online-Welt behaupten?

Köppel: Den stationären Einzelhandel wird es natürlich auch weiterhin geben. Selbst wenn 20 Prozent der Umsätze ins Internet abwandern, so bedeutet dies, dass noch immer 80 Prozent des Umsatzes stationär erwirtschaftet wird. Nachdem aber die Branchen unterschiedlich von den Umsatzabflüssen betroffen sind, wird es sicherlich auf Dauer größere Veränderungen im Angebot vor Ort geben.

 

Der Kunde entscheidet?

Köppel: Jeder Kunde hat es selbst in der Hand, den Einzelhandel in seiner Stadt zu gestalten. In den vergangenen 30 Jahren war dies im Lebensmitteleinzelhandel gut zu beobachten. Der Kunde hat sich neuen Formaten zugewandt. Nachdem dann der letzte Lebensmittelbetrieb vor Ort geschlossen hatte, war die Ernüchterung groß. Nun werden Dorfläden, an denen die Verbraucher Geschäftsanteile halten, mühsam ins Leben gerufen. Dieses Szenario gilt selbstverständlich nicht nur für Lebensmittel sondern ist über alle Branchen denkbar.

 

Wie gewinnt man den Kunden auf Dauer?

Köppel: Ein Pauschalrezept gibt es nicht. Aber mit Kreativität, Kompetenz, dem Einsatz neuer Technologien und vor allem sehr guter Kundenansprache und Authentizität können neue Kunden gewonnen und Stammkunden gehalten werden.