Nicht zuletzt, weil Unsicherheiten auf etablierten Märkten wie USA und Russland und die schwächelnde Konjunktur in den übrigen BRIC-Ländern die Suche nach neuen Märkten verstärke, sagt IHK-Präsident Friedrich Herdan. BRIC steht für Brasilien, Russland, Indien und China. Neben dem Maschinenbau und den Autozulieferern sieht Herdan besonders für die Kunststoff- und die Elektroindustrie gute Perspektiven in Indien.
Langer Atem notwendig
Der Hofer Hochschul-Präsident Professor Jürgen Lehmann betont, es gebe viele Chancen für Oberfrankens Wirtschaft in Indien. Allerdings bräuchten Firmen einen langen Atem, um dort erfolgreich zu sein. Entscheidend sei, den Indern nicht nur hochwertige Produkte anzubieten, sondern auch das nötige Wissen mitzuliefern. „Das Land ist auf dem Sprung von der Agrargesellschaft in die Digitalgesellschaft“, sagt Lehmann, der bereits Kanzlerin Merkel bei einer Indien-Reise begleitete. Dabei werde eine Stufe – nämlich die Industriegesellschaft – nahezu übersprungen. „Das ist eine gigantische Herausforderung für die Politik.“
Premierminister Modi denke strategisch und habe wichtige Reformen angepackt. „Er hat das Land ein ganzes Stück nach vorne gebracht“, ist Lehmann überzeugt. So seien Zigtausende Dörfer während Modis Amtszeit „in einem echten Kraftakt“ mit Strom versorgt worden. Es gebe aber noch einige Herausforderungen wie die stetige Verbesserung der Infrastruktur und den Abbau der Bürokratie.
Das an der Hochschule Hof angesiedelte Bayerisch-Indische Zentrum (BayInd) ist Ansprechpartner für Unternehmen sowie Universitäten und Hochschulen – etwa, wenn es um Fragen des Marktzugangs oder die Vermittlung von Praktika und Studienplätzen geht. Er sei mit der Entwicklung des BayInd zufrieden, sagt Lehmann. Über das Zentrum habe die Hochschule Zugang zu wichtigen indischen Institutionen und Bildungseinrichtungen.
Korruption Alltag
Zu viel Bürokratie – das bezeichnet nicht nur Lehmann, sondern auch die oberfränkische Wirtschaft als Hürde für Unternehmen in Indien. Regierungschef Modi wünschte sich bei den deutsch-indischen Regierungs-Konsultationen mehr Investitionen vor allem seitens des deutschen Mittelstands. Bernd Aßmann von der IHK für Oberfranken klagt jedoch: „Die Rechtssicherheit in Indien ist ausbaufähig. Es mangelt an guter Infrastruktur, die Bürokratie erfordert sehr viel Geduld, die Verwaltung ist schwerfällig, Korruption leider Alltag.“
Es sei deshalb nicht verwunderlich, dass gerade kleinere und mittlere Unternehmen zurückhaltend sind. Aßmann spricht sich für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien aus. Dieses könnte positive Impulse auslösen und das Investitionsklima verbessern.
Sorge bereitet der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW), dass Indien ein Investitionsschutz-Abkommen mit Deutschland gekündigt hat. Das verunsichere heimische Unternehmen, da Investitionen in Indien nun nicht mehr über Bundesgarantien für Direktinvestitionen im Ausland abgesichert werden können, klagt VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.