Oberfranken: Läden auf dem Land sterben

Von Peter Rauscher und
Eine Lösung für das Ladensterben? Die leerstehende Gaststätte Herlitz soll in einen Dorfladen umgewandelt werden. Foto: Ralf Münch Foto: red

Lebensmittelläden auf dem Land in Oberfranken und der Oberpfalz werden immer weniger, dafür immer größer. Allein im Landkreis Bayreuth hat nach Angaben des bayerischen Innenministeriums in den vergangenen Jahren jeder vierte Laden dichtgemacht, im Landkreis Hof war es sogar jeder dritte. Die SPD schlägt Alarm.

 
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Die Zahlen, die das Ministerium auf Anfrage des Hofer SPD-Landtagsabgeordneten Klaus Adelt mitteilte, veröffentlichte Adelt am Donnerstag. Demnach müssen mittlerweile 510 Kommunen in Bayern ohne eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs auskommen. 158 davon haben nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger. Im Schnitt machten in den letzten 15 Monaten monatlich fünf Läden zu. Das Ministerium beruft sich auf eine Erhebung des Marktforschungsunternehmens Trade Dimensions vom Dezember 2015.

Weniger, aber größere Geschäfte

Im Landkreis Bayreuth haben demnach elf Gemeinden keinen Lebensmitteleinzelhandel mehr, im Landkreis Kulmbach sind es neun Gemeinden. In den vergangenen zehn Jahren sank die Zahl der Lebensmittelgeschäfte im Landkreis Bayreuth von 68 auf 49, im Landkreis Kulmbach von 46 auf 38, im Landkreis Tirschenreuth von 64 auf 46. In den kreisfreien Städten blieb die Zahl dagegen weitgehend stabil. Die Läden auf dem Land wurden aber größer. So stieg die durchschnittliche Verkaufsfläche der Lebensmittelgeschäfte im Landkreis Bayreuth in demselben Zeitraum von 540 auf 672 Quadratmeter.

Markt brauchte Tausende Kunden

„Die Daten bestätigen, was wir schon seit langem vermuten“, sagte Sabine Köppel, Bezirksgeschäftsführerin des Handelsverbandes Bayern, dem Kurier auf Anfrage. Aus Orten, die Bevölkerung verlieren, zögen sich auch Lebensmittelhändler schrittweise zurück. „Die Einzelhändler brauchen aber einen gewissen Einzugsbereich und eine gewisse Zahl an Verbrauchern, damit sich das Geschäft rechnet. In vielen kleinen Orten geht das nicht mehr. Wenn dann der Tante-Emma-Laden geschlossen wird und es keine Nachfolger gibt, kann es schon passieren, dass Orte ganz ohne Läden bleiben.“ Ein Vollsortimenter mit 1.200 bis 1.600 Quadratmetern brauche 5.000 bis 6.000 Kunden im Einzugsbereich. Dass die Verkaufsfläche der Märkte bei sinkender Zahl steige, liege an den Ansprüchen der Verbraucher. Diese wollten bei breites Warenangebot und einen bequemen Einkauf.

„Die Politik müsste Anreize schaffen oder Druck ausüben“

Lässt sich das Ladensterben auf dem Land stoppen? Manfred Miosga, Professor für Stadt- und Regionalentwicklung an der Uni Bayreuth, sieht wenig Chancen. Aus der Dynamik des Strukturwandels im Handel heraus sei im Moment keine Lösung zu erwarten. „Also müsste die Politik auf allen Ebenen umsteuern und Anreize schaffen oder Druck ausüben, dass die großen Ketten ihre kleineren Betriebsformate wie etwa die City-Märkte mit etwa 500 Quadratmetern Verkaufsfläche auch auf dem Land anbieten“, teilt Miosga mit. Gelinge dies nicht, bleibe nur der Weg sich zusammen zu schließen und in Eigeninitiative neue Versorgungsangebote wie Dorfläden zu schaffen. Versuche, die Nahversorgung durch bürgerschaftliche Initiativen selbst zu organisieren seien mittlerweile zahlreich. Sie reichen von Erzeuger-Verbraucher-Verbünde, bei denen sich Landwirte mit ihren Kunden zusammenschließen, bis hin zu genossenschaftlich organisierten Dorfläden.

SPD fordert Hilfe

Adelt sprach von einer „alarmierenden Entwicklung“ und fordert staatliche Unterstützung für betroffene Kommunen: „Wenn Marktmechanismen dazu führen, dass die Nahversorgung in der Fläche gefährdet ist, muss es Aufgabe der öffentlichen Hand sein, etwas dagegen zu tun.“ Er warnte vor einem Teufelskreis: „Wenn das Lebensmittelgeschäft vor Ort schließt, stirbt auch ein großes Stück an Lebensqualität.“ Gerade die ältere Bevölkerung sei auf eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs angewiesen und junge Familien zögen gar nicht erst in eine Gemeinde, die keinerlei Einkaufsmöglichkeiten bietet.

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