Neuer IG-Metall-Chef Ruf nach mehr Mitbestimmung

Von Mathias Mathes
 Quelle: Unbekannt

COBURG.  „Wir stecken tatsächlich in einer vierten industriellen Revolution“, sagte Johann Horn, der neue Bayern-Bezirksleiter der Industriegewerkschaft (IG) Metall bei seinem Antrittsbesuch am Mittwoch in Coburg. Seine Überzeugung: Nur gemeinsam könnten Arbeitnehmer, Unternehmensvertreter und Politik die mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen erfolgreich meistern. 

 
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Im Coburger Bezirksbüro der IG Metall machte Horn deutlich, dass die digitale Vernetzung der Arbeitswelt das alles beherrschende Thema im Dialog der Tarifpartner geworden sei. Die sogenannte Industrie 4.0 bringe ebenso tiefgreifende Veränderungen wie einst die Einführung der Dampfmaschine, die Massenproduktion am Fließband und zuletzt die Produktion mit rechnergestützten Maschinen. In der Vernetzung von Produktion und Logistik befindet sich die Metall- und Elektroindustrie nach Horns Einschätzung auf einem guten Weg. Allerdings: „Es gibt noch zu viele mittelständische und kleine Unternehmen, in denen die Digitalisierung kaum angekommen ist.“

Horn, der auch im Aufsichtsrat von Audi sitzt, setzt auf die Chancen des wirtschaftlichen Transformationsprozesses. Ziel müsse es sein, soziale Härten durch Arbeitsplatzverluste möglichst zu vermeiden. Dies funktioniere nur im Dialog zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebervertretern und Politik. 

Er zeigte sich optimistisch. „Wenn wir die Menschen auf diesem Weg mitnehmen, kriegen wir das sehr gut hin.“ Fortschritte in der Produktivität, wie sie die Digitalisierung ermögliche, seien nicht per se negativ. Computersysteme und vernetzte Maschinen seien im besten Fall eine sinnvolle Unterstützung am Arbeitsplatz, „solange nicht die Maschinen vorschreiben, was wir zu tun haben“.

In Coburg rief der bayerische IG-Metall-Chef den Automobilzulieferer Brose zum Dialog auf. Mitbestimmung sei kein Hindernis, sondern der Schlüssel, damit der Wandel gelinge.

Schwer falle freilich der Dialog in Betrieben, die sich aus der Tarifbindung verabschiedet haben. Horn appellierte an die gesellschaftliche Verantwortung der Betriebe. Ein wesentliches Anliegen der IG Metall sei daher, wieder mehr Unternehmen in die Tarifpartnerschaft zu bewegen. Auf die bayerische Politik schaut Horn in diesem Zusammenhang kritisch. Die Staatsregierung spreche von einem „Bündnis für Freiheit mit der Wirtschaft“. „Das ist absurd“, meinte der Bezirksleiter. Niemand in diesem Land sei freier als die Wirtschaft. 

Als gutes Beispiel nannte Horn den von Bundeswirtschaftsministerium, Arbeitgeberverband und IG Metall aufgenommenen Dialog, um den Maschinen- und Anlagenbau fit für die digitalisierte Zukunft zu machen. „Zukunftsstrategien werden gemeinsam mit den Beschäftigten entwickelt“, erklärte er. Beim Thema Künstliche Intelligenz würden ethische Grundsätze und Schutz der Beschäftigten nicht wirtschaftlichen Zielen untergeordnet. 

Auf einen ähnlichen Austausch hofft Horn beim von der bayerischen Staatsregierung initiierten Zukunftsforum Automobil. „Die Politik hat erkannt, dass sie Unternehmen etwas anschieben muss, damit sie stärker in neue Technologien investieren“, meinte er zu der Initiative. Denn am Ende des Tages sichere vor allem eine technologische Führungsposition Arbeitsplätze in der Auto- und Zulieferindustrie. Nicht zuletzt sei der Eindruck entstanden, dass die Politik die wichtige Rolle von Betriebsräten erkannt habe. Diesen sei sehr daran gelegen, Arbeitsplätze zukunftsfest zu machen. Die IG Metall wolle ihren Teil zur Stärkung der Betriebsräte in Form speziell zugeschnittener Schulungen leisten.

Grundsätzlich forderte Horn mehr Mitbestimmung. Beschäftigte und Betriebsräte sollten mehr einbezogen werden, wenn es um Investitionen und Innovationen geht sowie um die Frage, was an welchem Standort produziert wird. Auch bei der Unternehmensmitbestimmung gibt es in den Augen des Bezirksleiters Luft nach oben. Aktuell seien die Beschäftigten erst in Unternehmen ab 500 Mitarbeitern im Aufsichtsrat vertreten.

Mindestens 2000 Beschäftige müsse ein Betrieb haben, wenn der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil im Aufsichtsrat gleich sein soll. Horn: „Auch in kleinen und mittleren Unternehmen sollten die Beschäftigten über wichtige strategische Entscheidungen paritätisch mitentscheiden.“