Neuer EHC-Chef nimmt Doppelrolle ein

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Neu an der Spitze des EHC Bayreuth: Vorsitzender Don Langlois, seine Stellvertreterin Karin Proß (rechts) und Schriftführerin Christiane Colditz. Foto: Peter Kolb Foto: red

Es gab viele Fragen, chaotische Abstimmungen und eine große Überraschung bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des EHC Bayreuth. Die Bayreuther Eishockey-Legende Don Langlois kehrt nicht nur als Vorsitzender zu den Tigers zurück, sondern übernimmt gleich eine Doppelrolle.

 
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Stille! Das erste Mal kehrt am Donnerstagabend auf dem Herzogkeller Ruhe ein. Die etwa 200 anwesenden Tigers-Mitglieder schauen sich um. Niemand hebt seine Hand, niemand steht auf, niemand ergreift das Wort.

Kurz zuvor hatte Versammlungsleiter Florian Eagan die an diesem Abend entscheidende Frage gestellt: „Gibt es Kandidaten oder Vorschläge für das Amt des Vorsitzenden?“ Etwa eine Minute vergeht. Dann tut sich doch etwas: In der ersten Reihe nicken sich zwei Personen zu, stehen auf, gehen auf die Bühne. Lauter Applaus!

Don Langlois und Karin Proß hatten sich erst am Donnerstagmorgen entschieden, als Vorstandsteam zu kandidieren. Er als Vorsitzender, sie als seine Stellvertreterin. Aber nur, wenn sich kein anderer finden sollte. Hätte einige Tage zuvor jemand gefragt, die Unternehmerin – sie ist auch Sponsor des EHC – und der ehemalige Eishockey-Profi – er war Publikumsliebling und Torjäger beim SV Bayreuth – hätten jedes offizielle Amt abgelehnt. Doch jetzt sind sie sich einig: Sie wollen das, was bei den Tigers in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde, nicht untergehen lassen. Dafür tragen sie den EHC zu sehr im Herzen, sagt Langlois.

In ruhigeres Fahrwasser bringen

Er tritt ans Mikro: „Es wurde sehr gute Arbeit beim EHC geleistet, wir wollen diese jetzt durch harte Arbeit weiterführen.“ Proß ergänzt: „Wir wollen den Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen, ihn professionalisieren.“

Das bleibt an diesem Abend eine der wenigen Andeutungen auf die Querelen und die Rücktrittswelle der vergangenen Wochen und Monate. Die Mitglieder interessiert nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft.

Und für diese präsentiert Langlois ein Konzept. Das DEL2-Teams müsse in eine GmbH ausgelagert werden. Die Einnahmen will er erhöhen und – wo möglich – die Ausgaben eindämmen. Ziel könne es nicht sein, den Etat zu halten, sondern ihn auszubauen. Kurzfristig seien das vielleicht 1,8 Millionen Euro, mittelfristig sollten es schon über zwei Millionen sein. Nur dann könne man langfristig in der DEL2 bestehen. Auch die Nachwuchsarbeit unter einem hauptamtlichen Jugendtrainer sei essenziell. Ohne eine breite Basis an Ehrenamtlichen gehe überhaupt nichts.

„Wenn ich Vorsitzender werde, dann ist das ein Job mit 60 bis 70 Arbeitsstunden in der Woche“, sagt Langlois. „Das kann nur gehen, wenn ich auch die Geschäfte leite.“

Dieser Satz geht zunächst unter, dabei ist er einer der wichtigsten an diesem Tag. Die Mitglieder wählen nicht nur einen neuen Vorsitzenden, sie stimmen gleichzeitig auch über den Geschäftsführer der noch zu gründenden GmbH ab. In Personalunion will Langlois diese beiden Positionen ausfüllen. Die eine ehrenamtlich, die andere hauptberuflich.

Die Erfahrung dafür habe er in der Zeit gesammelt, als er weltweit als Business-Development-Manager tätig war. Er hat also wirtschaftlich ausgerichteten Organisationen geholfen, sich weiterzuentwickeln.

Viele Fragen

Jetzt wird im Saal diskutiert. Ist die Doppelfunktion rechtlich in Ordnung? Ja, ist sie. Gab es schon Gespräche mit möglichen Gesellschaftern? Nein, gab es nicht. Könnte nicht Proß den Vorsitz übernehmen und dann Langlois als Geschäftsführer einstellen? Nein, das Duo gibt es nur im vorgestellten Doppelpack. Sollte die Amtszeit des Vorstands zunächst nur bis Saisonende laufen? Nein, entweder zweieinhalb Jahre oder gar nicht. Die kurze Amtsperiode ergebe logistisch keinen Sinn.

"Lasst ihr uns dann auch im Stich?"

Bei der letzten Frage vor der Abstimmung spricht ein Mitglied wohl vielen aus der Seele: „Was mir beim EHC auf die Eier geht, ist, dass wir seit vier oder fünf Jahren von Rücktritten nur so heimgesucht werden. Was passiert, wenn keine Gesellschafter gefunden werden und keine GmbH kommt, lasst Ihr uns dann auch im Stich?“

Langlois ist überzeugt, dass er niemanden enttäuschen wird: „GmbH oder nicht – das spielt keine Rolle. Keiner kann zum jetzigen Zeitpunkt die Gründung einer GmbH versprechen. Sicher ist aber, dass wir wirtschaftlich immer weiter voran kommen müssen. Und das wollen wir anpacken und gemeinsam etwas aufbauen.“

Deutliche Mehrheit

Diese Antwort überzeugt, die folgende Wahl bringt eine deutliche Mehrheit: Langlois ist neuer Vorsitzender, Proß seine Stellvertreterin. Zudem gehört als Schriftführerin Christiane Colditz zum für zweieinhalb Jahre gewählten Vorstandsteam.

Die erste Aufgabe des Trios wird es nun sein, weitere Vorstandsmitglieder zu finden – und natürlich die Gründung der GmbH mit Nachdruck anzugehen. Denn diese Aufgabe gaben die Mitglieder dem neuen Vorstand durch ein ebenso klares Votum bereits zu Beginn der Versammlung mit auf dem Weg.

 

Weniger Entscheidungen als geplant

Neben der Wahl des Vorstandes fielen bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung weitere Entscheidungen – allerdings waren es weniger als geplant. Reibungslos lief die Entlastung des zurückgetretenen Vorstands. Auch für die Auslagerung des DEL2-Teams in eine GmbH gab es ein klares Votum.

Darauf folgte allerdings eine längere Diskussion, wie diese aussehen könnte. Soll sich der Hauptverein an der GmbH beteiligen? Wie hoch ist das Stammkapital? Wer sind die Gesellschafter? Wie kann der Kooperationsvertrag aussehen? Es ging immer weiter ins Detail. Zu einer Abstimmung kam es nicht. Auch, weil diese zu wenig vorbereitet war. Eine Empfehlung oder eine klare Entscheidungsauswahl konnte den Mitgliedern nicht gegeben werden.

Falsche Anordnung der Tagesordnungspunkte

Auch eher chaotisch ging es anschließend beim Programmpunkt „Anpassung der Spielbetriebsumlage im Nachwuchsbereich“ zu. Versammlungsleiter Florian Eagan präsentierte Vergleichszahlen von anderen Vereinen und strebte eine Erhöhung an. Auch hier wieder ausgiebige Diskussionen, aber keine Entscheidung. Der neue Vorstand soll nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, der Antrag wurde bis zur nächsten Mitgliederversammlung zurückgestellt.

Insgesamt litt die Versammlung unter einer falschen Anordnung der Tagesordnungspunkte, denn die Wahl des neuen Vorstandes kam erst an vorletzter Stelle.

Keine finanziellen Probleme

Viel Positives berichtete der zurückgetretene Schatzmeister Ralf Schwarz: „Es ist in den vergangenen Monaten viel geleistet worden. Im finanziellen Bereich ist alles okay.“ Die Planung gewährleiste, dass der Verein am Saisonende am 30. April einen Gewinn erwirtschaftet haben wird. Doch sei wichtig, dass sich auch weiter nachhaltig um die Finanzen gekümmert werde.

Der scheidende Geschäftsstellenleiter Thomas Bothstede gestand ein, dass während der unerwarteten Führungskrise im November einige Rechnungen nicht geschrieben wurden. Was aber nachgeholt wurde. „Wir sind nicht ansatzweise in finanziellen Schwierigkeiten“, sagte Bothstede. „Selbst wenn wir ab sofort keinen Euro mehr durch Sponsoring einnehmen würden, stünde am Ende der Saison noch immer ein Plus in Höhe einer fünfstelligen Summe.“

Nicht nur dafür gab es Applaus. Am Ende würdigten die Mitglieder auch die Leistungen des Ex-Vorsitzenden Matthias Wendel und seiner Frau Margrit sowie der stellvertretenden Vorsitzenden Tim Hartmann und Florian Eagan, die seit Donnerstagabend nicht mehr der EHC-Führungsriege angehören.

Zur Person

In seiner aktiven Karriere war Don Langlois von 1981 bis 1984 und 1992/93 Publikumsliebling beim SV Bayreuth. Er kam in der Zweitliga-Saison 1983/84 auf überragende 115 Scorerpunkte in 36 Spielen. In der Spielzeit 2006/2007 absolvierte er in der Bezirksliga auch einen Einsatz im Trikot des Nachfolgevereins EHC.

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