Neue Regel nur in drei höchsten Ligen

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Passives Spiel ist nun klarer definiert: Wenn die Schiedsrichter die Hand zum Vorwarnzeichen gehoben haben, sind nur noch sechs Pässe möglich. Foto: Imago Foto: red

Fünf Änderungen in den internationalen Handballregeln gelten ab 1. Juli und werden bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro erstmals vor großem Publikum zur Anwendung kommen. Beschlossen wurde das vom Weltverband IHF schon im vergangenen November, doch erst am vergangenen Wochenende hat der DHB-Bundesrat endgültig darüber entschieden, wie innerhalb Deutschlands damit umgegangen wird. Dabei wurde beschlossen, dass eine der neuen Regeln nur in den drei höchsten Spielklassen gelten wird.

 
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Betroffen ist die Bestimmung, die einem Trend zur „Schauspielerei“ entgegen wirken soll: Ein Spieler, der sich auf dem Feld medizinisch behandeln lässt, muss künftig ausgewechselt werden und darf erst wieder zum Einsatz kommen, wenn seine Mannschaft drei Angriffe abgeschlossen hat. Das gilt nur dann nicht, wenn ein Gegenspieler für das vorangegangene Foul bestraft worden ist (Verwarnung oder Zeitstrafe). Zu diesem Paragrafen wurde nun festgelegt, dass er „nur in den vom DHB und den Ligaverbänden geleiteten Spielbetrieben“ angewendet wird. Das hat zur Folge, dass künftig für die führenden Mannschaften von Haspo Bayreuth unterschiedliche Regeln gelten: Die Damen müssen sich in der vom DHB organisierten 3. Bundesliga auf die neue internationale Regel einstellen, die Herren auf der Landesverbandsebene in der Bayernliga nicht.

„In den unteren Spielklassen wären sonst große Schwierigkeiten zu befürchten gewesen“, erklärt der oberfränkische Schiedsrichter-Lehrwart Peter Wagner (Pegnitz) diese Entscheidung. Ohne die Unterstützung von entsprechend geschulten Kräften am Anschreibetisch sei es eine zusätzliche Belastung für die Unparteiischen, die Wartezeit eines aussetzenden Spielers überwachen zu müssen: „Das fängt schon bei der Frage an: Was ist überhaupt ein Angriff?“

Passives Spiel klarer definiert

Von allen Neuerungen dürfte diese den größten Einfluss haben: Wenn die Schiedsrichter die Hand heben zum Vorwarnzeichen für passives Spiel, muss die Mannschaft in Ballbesitz spätestens nach sechs Pässen zum Abschluss kommen (es kann aber auch schon früher abgepfiffen werden). Ein Block der Abwehr oder ein Foul ohne persönliche Bestrafung erhöht die Zahl der verbleibenden Pässe nicht. Lediglich ein Foul nach dem sechsten Pass ermöglicht einen siebten, um den fälligen Freiwurf auszuführen.

Diese objektive Regelung befreit die Schiedsrichter von der subjektiven Verantwortung für die Entscheidung, wann ein angezeigtes „Zeitspiel“ endgültig abgepfiffen werden muss – eine der häufigsten Ursachen für Unmutsäußerungen von Spielern, Trainern und Zuschauern. „Das Dumme ist, dass der Schiedsrichter ein einmal angezeigtes passives Spiel nicht selbst wieder aufheben kann, wenn der Angriff wieder druckvoller wird“, erklärt Wagner. „Die klare Festlegung auf sechs Pässe ist für alle – von den Zuschauern bis zu den Fernsehkommentatoren leichter nachvollziehbar. Das betrachte ich als klaren Fortschritt.“

Sieben Feldspieler ohne Torwart möglich

Immer häufiger genutzt wird in den letzten Jahren die Möglichkeit, den Torwart gegen einen zusätzlichen Feldspieler auszuwechseln – etwa um eine Unterzahl auszugleichen, oder in der Schlussphase ein besonders wichtiges Tor zu erzwingen. Neu ist nun, dass der eingewechselte Spieler nicht mehr zwingend als Torhüter gekennzeichnet sein muss. Eine Mannschaft kann also tatsächlich mit „sieben Feldspielern“ agieren. Allerdings darf dann auch keiner dieser Akteure den Torhüter vertreten: Wenn einer von ihnen den eigenen Torraum betritt, um eine gegnerische Torchance zu vereiteln, gibt es einen Siebenmeter wegen „Abwehr im Kreis“. Selbst für die Ausführung eines Abwurfs aus dem eigenen Torraum muss eigens ein als Torwart gekennzeichneter Spieler eingewechselt werden.

Warum dann überhaupt diese Regeländerung? „Ich denke, dass es möglich sein soll, schneller zu wechseln“, sagt Wagner. „Manchmal gab es doch ein Gewurschtel mit dem Torwart-Leibchen für den eingewechselten Spieler.“ Für die Schiedsrichter werde es dadurch nicht einfacher: „Es könnte schwieriger sein, die Wechselzone zu beobachten. Da sind Zeitnehmer und Sekretär am Anschreibetisch noch mehr gefordert.“

Die beiden letzten Neuerungen betreffen eher seltene Sonderfälle:

Letzte halbe Minute: Begeht ein Abwehrspieler in den letzten 30 Sekunden eine grobe Regelwidrigkeit oder unterbindet regelwidrig einen Anwurf, Abwurf, Freiwurf oder Einwurf, dann wird er künftig nicht nur persönlich mit der Roten Karte bestraft, sondern auch seine Mannschaft durch einen Siebenmeter für den Gegner.

Blaue Karte: Bisher war für Zuschauer nicht ersichtlich, ob die Rote Karte für einen Spieler auch einen Bericht der Schiedsrichter und damit wahrscheinlich eine Sperre nach sich zieht. Um diese verschärfte Strafe deutlich zu machen, wird nun nach der Roten noch eine Blaue Karte gezeigt.

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