Neu im Kino: "T2 Trainspotting"

Nach 20 Jahren im Ausland kehrt Marc Renton in seinen Heimatort Leith zurück. In dem schottischen Kaff erlebte er einst wilde Drogentrips mit seinen Freunden. Rentons Rückkehr reißt alte Wunden auf.

 
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Als „Trainspotting“ 1996 mit dem albernen deutschen Zusatztitel „Neue Helden“ in die deutschen Kinos kam, ahnte wohl niemand, dass die Geschichte des Drogenabhängigen Marc Renton ein Welterfolg werden würde. Die Low-Budget-Produktion von Regisseur Danny Boyle, die sich mit einer Mischung aus Musikvideo und drastischen Bildern von Drogenmissbrauch zwischen Satire und Drama bewegt, gilt mittlerweile aber längst als Kultfilm. Allein die Eröffnungsszene, in der Ewan McGregor zu Iggy Pops „Lust For Life“ durch die Stadt rennt, ist legendär. Sein berühmter Ausspruch „Choose Life“ ist heute eine beliebte Redewendung bei Fans.

Rentons Rückkehr ist wohl keine gute Idee

Knappe 21 Jahre später setzt Boyle die Geschichte nun mit sämtlichen Darstellern des ersten Films fort: „T2 Trainspotting“ basiert in Teilen auf dem Roman „Porno“ von Irvine Welsh, der auch die Romanvorlage für „Trainspotting“ schrieb. Renton (McGregor) kehrt darin nach zwei Jahrzehnten in Amsterdam erstmals in seinen Heimatort Leith zurück. In dem schottischen Kaff erlebte er in seiner Jugend unzählige Drogentrips mit seinen Junkie-Freunden, um der perspektivlosen Realität zu entfliehen. Die Gründe für seine Rückkehr bleiben zunächst unklar - aber man ahnt bald, dass es keine gute Idee war.

Rückblick: Am Ende von „Trainspotting“ war Renton mit 16.000 Pfund aus einem dilettantischen Drogendeal verschwunden, den er in London mit seinen Kumpels Simon alias Sick Boy (Johnny Lee Miller), Spud (Ewan Bremner) und dem psychopathischen Begbie (Robert Carlyle) durchgezogen hatte. Nur dem liebenswürdigen, aber heroinabhängigen Spud hinterließ er später in einem Schließfach seinen Anteil.

"Choose life"

20 Jahre später reißt Renton - clean, aber mitten in der Midlife Crisis - durch seine Rückkehr alte Wunden auf. Sein ehemals bester Freund Sick Boy, der einen heruntergekommenen Pub führt und sich mit Erpressung über Wasser hält, wird beim ersten Wiedersehen sofort handgreiflich. Auch Spud erweist sich nicht gerade als dankbar. Seinen Anteil des Geldes hat er für Drogen ausgegeben, seinen Lebenswillen verloren. Unterdessen plant Begbie seinen Ausbruch aus dem Gefängnis. Klar, dass er es auf Renton abgesehen hat.

In einer Szene sagt Sick Boy zu Renton: „Der einzige Grund, warum du hier bist, ist Nostalgie.“ Und der Satz darf durchaus als augenzwinkernde Botschaft an die Zuschauer verstanden werden. Immerhin hat Regisseur Boyle ein gutes Gleichgewicht geschaffen zwischen der Nostalgie, die seine Charaktere auch selbst erleben, und ihrer Gegenwart. Der Film ist gespickt mit pointierten Anspielungen und dezenten Rückblicken. In der Anfangssequenz etwa läuft Renton bis zur Erschöpfung auf einem Laufband. Und in seinem alten Kinderzimmer zögert er, die alte Schallplatte von Iggy Pop aufzulegen.

Erneut starker Soundtrack

In den 90ern war der Soundtrack, zu dem auch die Techno-Ballade „Born Slippy“ der britischen Band Underworld gehörte, Teil des „Trainspotting“-Kults. Genauso wird die Fortsetzung jetzt auch von der Musik getrieben, einer exzellenten Mischung aus Klassikern von Queen und Blondie sowie Songs von Newcomern und alternativen Künstlern. Das gewaltige „Shotgun Mouthwash“ des britischen DJs High Contrast zum Beispiel leitet „T2 Trainspotting“ ähnlich stark ein wie einst Iggy Pop den ersten Film.

Wie im Rausch

Marc Renton mag inzwischen clean sein, Drogenmomente gibt es in „T2 Trainspotting“ trotzdem. Und stellenweise wirkt der Film selbst wie ein Trip, weil die Zuschauer so manche rasant gefilmte und geschnittene Szene beinahe wie im Rausch erleben. Die Frage, warum insbesondere Spud trotz seiner Heroin-Exzesse relativ gesund wirkt, bleibt unbeantwortet. Davon abgesehen erzählen Autor John Hodge und Regisseur Boyle die Geschichte der „Trainspotting“-Figuren aber nachvollziehbar und sehr kurzweilig weiter. Der Film ist gleichermaßen melancholisch und witzig, hat ein gutes Erzähltempo und hält einige Überraschungen parat. Das macht „T2 Trainspotting“ zu einer in jeder Hinsicht gelungenen Fortsetzung.

dpa

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