Nervöse Finger am Abzug

Von Michael Weiser
Herbstzeit, Abschiedszeit: Wer seine zwei Jahre im Heer absolviert hatte, wurde nach dem letzten Tag des Herbstmanövers ehrenvoll als Reservist verabschiedet. Hier Soldaten des 7. Infanterieregiments Prinz Leopold in Bayreuth. Repro: Weiser Foto: red

Bayreuth war einmal eine bedeutende Garnisonsstadt. Die Erinnerung daran wird in Weidenberg hochgehalten: Das Museum für Militärtradition zeigt interessante Objekte, die daran erinnern, wie stark das Militär einmal zur Alltagskultur gehörte. Ein Tipp für einen Ausflug am Museumstag.

 
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Man kann sagen, dass die bayerischen Soldaten schlecht gekämpft haben. Nicht aber, dass sie überhaupt nicht gekämpft hätten: Eine Serie von Funden belegt, dass die Bayern sich in der Schlacht von Seybothenreuth am 29. Juli 1866 gegen die Preußen wohl mit wesentlich mehr Eifer wehrten, als bisher bekannt war.

Die bisherige Version der Geschichte lautet: In Windeseile wurde ein bayerisches Bataillon überwältigt, als es - schlecht geführt und vorbereitet - bei Seybothenreuth auf die Preußen stieß. Ein paar Dutzend Männer aber versuchten sich abzusetzen, auf der Flucht vor mecklenburgischen Reitern. Auf einer Anhöhe wurden sie gestellt - und auch sie streckten nach kürzester Gegenwehr die Waffen.

800 Kugeln aus dem Acker

Martin Götz vom Museum für Militärtradition in Weidenberg ist anderer Ansicht. Er und seine Mitstreiter hegen in ihrem Museum jüngst auf dem Schlachtfeld aufgetauchte Zufallsfunde. Persönliche Gegenstände bayerischer Soldaten, Gürtelschnallen, Pfeifenköpfe etwa oder Knöpfe. Vor allem aber rund 800 Geschosse, die ein Sondengeher aus der Erde gebuddelt hat. Alle Kugeln wurden von Bayern angefeuert, nicht eine von der Mecklenburger Kavallerie. Was einen nicht wundern muss: Kavalleristen mussten mit Säbel angreifen, während des Ritts durften sie nicht schießen.

Hohe Verluste erlitten sie trotz des Kugelhagels nicht: Ihre bayerischen Feinde trafen einige Pferde, „aber kaum einen Preußen“, wie Götz sagt. Die abenteuerlich schlechte Trefferquote erklärt er so:  „Die Visiere der Gewehre waren möglicherweise nicht in Ordnung. Und die Bayern waren zu nervös zum Zielen – das waren unerfahrene Rekruten.“ Die Bayern schossen mit Vorderladern, sehr umständlich zu laden. Was Götz annehmen lässt, dass die vielleicht 100 Bayern bei aller Nervosität immerhin gut zehn Minuten lang ausgehalten haben müssen, um acht Salven abzugeben.

Das Finale eines Bruderkrieges

Die so genannte Schlacht von Seybothenreuth gehörte zu den letzten Kampfhandlungen des österreichisch-preußischen Krieges von 1866. Vier Jahre später, im Krieg gegen Frankreich, gehörten die Bayern zu den gefürchtetsten deutschen Truppen. Das Militär hatte sich professionalisiert. Und wurde danach Teil der Alltagskultur, wie das Museum anhand von fast 40 Reservistenkrügen aus der Sammlung des verstorbenen Chefarztes des Klinikums, Hans Schäfer, zeigt.

Rituale der Mannbarkeit

Einen solchen Krug durfte sich anfertigen lassen, wer den Wehrdienst abgeleistet und damit seine Pflicht gegenüber Kaiser, König und Vaterland getan hatte. Man zeigte mit dem Krug, dass man Schikane, strapaziösen Dienst und Saufgelage hinter sich hatte und Zivilist mit allen Perspektiven geworden war - freilich mit dem Gefühl der Verbundenheit zu den früheren Kameraden.

Die Krüge waren dementsprechend reich verziert, mit Sprüchen, dem Namen des Regiments, Konterfeis der aktuellen Wittelsbacher Herrscher, den eingebrannten Namen des ehrenvollen Reservisten und oft einer Überraschung im Boden des Gefäßes. Hielt man den leergetrunkenen Krug gegen die Sonne, konnte man den „Kini“ sehen.

Das Bild des Märchenkönigs

Der Kriegsdienst war Teil der bürgerlichen Folklore geworden. Dass die Aussichten für Kaiser und Vaterland düster waren, konnte sich kaum einer von den Reservisten vorstellen, die den Krug zur Neige leerten, um des Märchenkönigs angesichtig zu werden. Nur ungefähr 30 Jahre lang, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, dauerte die Blütezeit der Krugmode. Farbig, reich verziert, sind die Krüge Zeugen eines heute seltsam anmutenden Mannbarkeitsrituals: Zu begutachten im Museum in Weidenberg.

Weitere Tipps

Unter dem Motto „Spurensuche. Mut zur Verantwortung“ findet am Sonntag, 21. Mai, der Internationale Museumstag statt. Auch in Bayreuth und seiner Umgebung beteiligen sich Einrichtungen an dem Aktionstag.

Im Richard-Wagner-Museum Richard-Wagner-Museum Richard-Wagner-Museum Richard-Wagner-Museum gibt es an diesem Tag drei Sonderführungen um 11 Uhr (mit Kuratorin Melanie Möbius), um 14 Uhr und um 16 Uhr (mit Museumsdirektor Sven Friedrich). „Alles in Luther? Das sprichwörtliche Weiterleben des Reformators“ lautet der Titel des Vortrags, den Rolf-Bernhard Essig um 19 Uhr im Saal hält.

Das Historische Museum Historische MuseumHistorische MuseumHistorische Museumlädt für 15 Uhr zu einem interkulturellen Rundgang durch die Bayreuther Stadtgeschichte ein. Die Führung findet gleichzeitig in deutscher und in arabischer Sprache statt.

Im Kunstmuseum BayreuthKunstmuseum BayreuthKunstmuseum BayreuthKunstmuseum Bayreuth führt um um 14 Uhr Museumsdirektorin Marina von Assel durch die Ausstellung. In der Museumswerkstatt stellen Kinder und Erwachsene von 14 bis 16 Uhr mit einfachen Drucktechniken und unter der Anleitung von Ingrid Seidel Postkarten her. „Spuren der Vergangenheit – Otto Dix: ,Der Krieg‘ und Alfred Hrdlicka: ‚Wie ein Totentanz – die Ereignisse am 20. Juli 1944‘. Ein Vergleich“ lautet der Titel des Vortrags, den von Assel um 16 Uhr halten wird. Das Museum hat von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Die Wilhelm-Leuschner-Stiftung, Wilhelm-Leuschner-Stiftung,Wilhelm-Leuschner-Stiftung,Wilhelm-Leuschner-Stiftung,Moritzhöfen 25, veranstaltet von 13 bis 16 Uhr Führungen in der Gedenkstätte zum Leben Wilhelm Leuschners und im Leuschner-Zentrum.

„Auf den Spuren von Mythologischem und Sagenhaftem im Neuen Schloss. Von Nymphen, Helden und Göttern“ lautet das Motto der Führung um 10 Uhr im Neuen SchlossNeuen SchlossNeuen SchlossNeuen Schloss. Um 14.30 Uhr findet eine Führung mit Workshop für Kinder von sechs bis zehn Jahren unter dem Motto „Auf den Spuren von Helden, Göttern und Geistern“ statt. Treffpunkt Museumskasse am Neuen Schloss. Anmeldung unter Telefon 09 21/ 7 59 69 21.

Unter dem Motto „Wasser marsch! Auf den Spuren der Wasserspiele des 18. Jahrhunderts“ gibt es um 14 Uhr eine Führung zur Wassertechnik in der Eremitage. Treffpunkt: Museumskasse, Anmeldung unter 09 21/ 7 59 69 37. Um 10 Uhr beginnt ein Spaziergang durch die Parkanlage Fantaisie mit Gärtnermeister Alfred Neidhardt „Auf den Spuren verborgener, vergessener und verlorener Gartenkunst“. Treffpunkt ist die Museumskasse. „Der Natur auf der Spur. Kinder entdecken Gartenkunst“ lautet der Titel der Führung für Kinder ab sechs Jahren um 14 Uhr. Treffpunkt ist die Museumskasse. Eine Anmeldung ist unter 09 21/73 14 00 11 erforderlich. Um 14 Uhr geht es durch Schloss und Park Fantaisie auf „Spurensuche – Vom Rokoko zur Empfindsamkeit.“

In Sanspareil geleitet der Burgführer von Burg Zwernitz aus um 14 Uhr zu den Spuren der Markgrafen.

In der Jean-Paul-Stube in der RollwenzeleiJean-Paul-Stube in der RollwenzeleiJean-Paul-Stube in der RollwenzeleiJean-Paul-Stube in der Rollwenzelei, Königsallee 84, wird Schauspieler Hans-Jürgen Schatz eine Lesung geben. Die genaue Uhrzeit steht noch nicht fest.

Das Urwelt-Museum OberfrankenUrwelt-Museum OberfrankenUrwelt-Museum OberfrankenUrwelt-Museum Oberfranken, Kanzleistraße 1, wird anlässlich des Internationalen Museumstag den Eintrittspreis in seine Räume auf 1 Euro für alle senken. Vorschulkinder haben freien Eintritt.

Die Bayreuth Marketing & Tourismus-Gesellschaft Bayreuth Marketing & Tourismus-GesellschaftBayreuth Marketing & Tourismus-GesellschaftBayreuth Marketing & Tourismus-Gesellschaftbietet kostenlose Stadtführungen an. Um 10.30 Uhr und um 14 Uhr steht jeweils ein Stadtrundgang „Historisches Bayreuth“ an. Ebenfalls um 14 Uhr können sich Interessierte „Auf den Spuren Richard Wagners“ bewegen. Treffpunkt Touristen-Information Bayreuth.

Maisel‘s Bier-Erlebnis-Welt vMaisel‘s Bier-Erlebnis-Welt vMaisel‘s Bier-Erlebnis-Welt vMaisel‘s Bier-Erlebnis-Welt veranstaltet um 14 Uhr und um 18 Uhr eine Führung durch die Biergeschichte, Treffpunkt ist jeweils vor dem Brauereimuseum. Um 16 Uhr gibt es eine Führung durch die Katakomben. Treffpunkt ist der Brauereihof der Bayreuther Bierbrauerei AG.

Die beiden Glasmuseen in Warmensteinach und Weidenberg kooperieren zum Museumstag. Beide Museen sind in der Zeit von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Im Fichtelgebirgs-Glasmuseum Warmensteinach gibt es ab 11 Uhr Weißwürste. Ab 12 Uhr geführte Wanderung auf dem Glaswanderweg bis Zainhammer, von dort weiter per Bus oder mit dem Rad bis Weidenberg. Man kann ein E-Bike ausleihen. Anmeldung zuvor unter 01 71/9 95 94 94 oder per Email (dr.peter.fuelle@web.de). Rückfahrt von Weidenberg nach Warmensteinach mit dem E-Bike in der Gruppe ca. 16:30 bis 17 Uhr. Im Glasknopfmuseum Weidenberg gibt es ab 14 Uhr „Heiße Führungen“. Der Drückofen ist im Betrieb.

Das Krügemuseum der Stadt Creußen thematisiert Leben und Wirken Luthers, die Reformation und die Bedeutung seines Freundes Melanchthon. Über „Lutherkrüge“ für Pfarrer wird der Bezug zur Spät-Renaissance hergestellt. Von 10 bis 17 Uhr.

Historisches Badhaus in KulmbachHistorisches Badhaus in KulmbachHistorisches Badhaus in KulmbachHistorisches Badhaus in Kulmbach: Um 14 Uhr Führung zum Badewesen im Mittelalter. Für die Kinder wird die Schatzkiste des Baders geöffnet.

Das Töpfermuseum in Thurnau iTöpfermuseum in Thurnau iTöpfermuseum in Thurnau iTöpfermuseum in Thurnau ist zwischen 11 und 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Zwischen 14 und 17 Uhr vermitteln geführte Wanderungen in den Hutschdorfer Wald Einblicke in die Welt der Töpfer.

Auf der Plassenburg in KulmbachPlassenburg in KulmbachPlassenburg in KulmbachPlassenburg in Kulmbach gibt es Führungen durch die Stadtgeschichte und die neue Sonderausstellung „Die Hohenzollern in Franken“.

INFO: Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und beruht auf Informationen des Museumsbundes. Zu näheren Informationen etwa zum Eintritt bitten wir Sie die Internet-Auftritte der Institutionen zu nutzen.

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