Naturschutz Auch die Verbraucher stehen in der Pflicht

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Symbolfoto: dpa Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Der Graben zwischen Naturschützern und Landwirten ist wegen des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ tiefer denn je. Die Freitagsdebatte des Landesbundes für Vogelschutz auf dem Lindenhof baute Brücken. Nach mehr als zwei Stunden Fakten und Diskussion fanden die Teilnehmer lobende Worte für die Begegnung. Es sei besser, miteinander als übereinander zu reden. Doch vorher konnte auch die große Sachlichkeit nicht kaschieren: Umweltschützer und Landwirtschaft sind nicht die besten Freunde.

 
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Es diskutierten: Die CSU-Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, die auch Bezirksvorsitzende des Landesverbands für Gartenbau und Landespflege in Oberfranken ist, die Biolandwirtin Rebekka Mayer aus Hundszell bei Ingolstadt, Andreas von Heßberg, Imker in Bayreuth, Thomas Pickel, der Initiator des Bayreuther Gartenprojekts Summer in der City, sowie Matthias Luy, der Landwirtschaftsreferent des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) und der Landwirt Martin Gebhardt. Die Moderation hatte Christoph Hartl, Leiter der LBV-Geschäftsstelle auf dem Lindenhof.

Positionen der Landwirtschaft: „Wir wollen nicht die Buhmänner sein“, platzte es aus einem jungen Bauern im Publikum heraus, der seinen Namen aber nicht nennen wollte. Die Betriebe versuchten, so billig wie möglich hochwertige Lebensmittel zu erzeugen. Zudem täten die Landwirte schon jetzt sehr viel, um die Kulturlandschaft zu pflegen. Die Höfe, ob konventionell oder bio, müssten ihre Familien ernähren. Deshalb soll es bei der gegenwärtigen Förderstruktur bleiben, so die Meinung von Martin Gebhardt.

Als Ursache für den Niedergang der kleinen Höfe machte Gebhardt die aus seiner Sicht übertriebene Regulierung und den Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte aus. Einig waren sich im Übrigen alle darin: Auf die Verbraucher komme es an. Sie stünden in der Pflicht und müssten die hochwertigen Erzeugnisse nur kaufen. Und die Biolandwirtin Rebekka Mayer etwas ungeduldig: Es bestehe schon viel Konsens – es müsse nur endlich etwas geschehen.

Die Naturschützer: Niemand von den Initiatoren des Volksentscheids sage, die Landwirtschaft sei böse. Es sei der Bauernverband, der dies so darstelle, erklärte der Biologe Andreas von Heßberg. Pflanzenschutzmittel töteten Insekten und auch die Bienen. Dem Volksentscheid gehe es um die Rahmenbedingungen für den Artenschutz. „Wir müssen für das Gesamtsystem denken“, so von Heßberg. Der Landwirt mag vielleicht eine Wiese oder einen Acker besitzen oder gepachtet haben. Ein Tierhalter oder Schäfer mag eine Tierherde auf der Weide besitzen. Ein Teichwirt mag einen Fischweiher besitzen. Ein Waldbesitzer mag einen Wald besitzen. „Aber ein Ökosystem kann man nicht besitzen“, erklärte von Heßberg.

Weil 47 Prozent der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt werde, gehe es alle an, was in der Landwirtschaft geschehe. Heßberg: „Ob das den Landwirten gefällt oder nicht, dass ihnen Fachfremde von außen da reinreden wollen oder nicht, spielt keine Rolle.“ Oberfrankens Landschaft zeichne sich glücklicherweise durch eine außerordentliche Vielfalt aus. Aber auch dort gehe die Artenvielfalt zurück, so Christoph Hartl. Aus dem Publikum meldete sich Helmut Korn zu Wort. Er rechnete vor, welch hohe Summen die landwirtschaftlichen Großbetriebe für ihre Flächen kassieren. Das müsse die EU ändern. Zuschüsse müssten die kleinen Betriebe bekommen, weil sie mehr für die Natur täten.

Die Staatsregierung: Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werde nicht von der Mafia gesteuert, entgegnete Gudrun Brendel-Fischer auf den Vortrag, den Andreas von Heßberg gehalten hatte. Vielmehr kontrollierten Fachleute mit wissenschaftlichen Methoden, wie die Produkte wirken. Die bayerische Staatsregierung stelle jedes Jahr hohe Summen im Haushalt für das Kulturlandschaftsprogramm und den Vertragsnaturschutz bereit. Bayern stehe also gar nicht so schlecht da, wie von den Initiatoren des Volksbegehrens behauptet werde.

Die Landtagsabgeordnete forderte dazu auf, die ganze Komplexität der Zusammenhänge von Markt, Landwirtschaft und Naturschutz wahrzunehmen. „Sie müssen das Ganze sehen“, empfahl sie ihren Gesprächspartnern. Brendel-Fischer störte es, dass Naturschützer die Agrarsubventionen und somit die Einnahmen der Bauern anzweifeln. Die Kritiker täten sich damit leicht, weil sie selbst andere Einnahmequellen hätten. EU-Zuschüsse für die Betriebe seien keine Geschenke. Dafür müssten die Bauern hart arbeiten. Brendel-Fischer: „Die Landwirtschaft macht ihre Hausaufgaben.“ Als sie sagte „Wir sind auf einem guten Weg“, hielt ihr der Moderator Christoph Hartl entgegen: „Aber angekommen sind Sie auf den Flächen und beim Artenschutz noch nicht.“ 

Fazit: Die Aufgabe für die Zukunft heißt nicht nur Rettet die Bienen. Die Aufgabe der Zukunft lautet auch Rettet die Landwirte. Konventionelle Betriebe wie auch Öko-Bauern müssten sich dem harten Marktwettbewerb stellen. Die erzeugten Produkte verdienten mehr Wertschätzung von den Verbrauchern. Das erfolgreiche Volksbegehren bezwecke keinesfalls die Enteignung der Bauern. Es formuliere Ziele für die Staatsregierung und wende sich mit Geboten an Landwirte, Forstleute und Gartenbauern. Dort, wo es Verbote gibt, gibt es auch Ausnahmen. Die Teilnehmer unisono: eine erkenntnisreiche Freitagsdebatte. Gudrun Brendel-Fischer wies als Bezirksvorsitzende der Gartenbauer darauf hin, dass der Bayreuther Kreisverband am Lindenhof einen Staudengarten anlegen will. Dort könnten sich dann alle Hobbygärtner informieren, wie ein insektengerechter Garten entsteht. 

Humor zu guter Letzt: Um sich mit der rauen Wirklichkeit der bäuerlichen Betriebe vertraut zu machen, will der LBV-Moderator Hartl mit dem jungen Landwirt, der seinen Namen nicht nannte, für einen Tag den Arbeitsplatz tauschen.

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