Nach schwieriger Debatte: Bayreuther Stadtrat mit knapper Mehrheit für Vergabe an US-Bürgerrechtsbewegung Stadtrat: Code Pink bekommt Toleranz-Preis

Von Frank Schmälzle
Die Bürgerrechtsbewegung Code Pink bei einer Demonstration in den USA. Foto: dpa Foto: red

Die US-Bürgerrechtsbewegung Code Pink erhält den Wilhelmine-von Bayreuth-Preis für Humanität und Toleranz. Die Preisverleihung findet am 15. April statt. Das hat der Stadtrat am Mittwochabend mit 23 zu 18 Stimmen beschlossen. Code Pink war in den vergangenen Tagen in die Kritik geraten. Und damit auch die Stadt, die die umstrittene Bürgerrechtsbewegung für ihre Friedensarbeit auszeichnet.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mittwochabend, 18.57 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Seit einer Stunde diskutieren die Stadträte: Was tun mit Code Pink und dem Wilhelmine-Preis. Rechtsreferent Ulrich Pfeifer sagt halblaut: „Jetzt ist die Verwirrung komplett.“ Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe hatte den Stadträten zuvor einen Beschlussvorschlag gemacht: „Die Preisverleihung an Code Pink wird ausgesetzt.“ Aber was heißt das?Der Fraktionsvorsitzende der FDP/DU, Thomas Hacker, übersetzt: „Damit würde Code Pink den Preis nicht bekommen und hätte ihn auch nie bekommen.“ Damit wäre ein Beschluss hinfällig, den der Stadtrat im Jahr 2014 in einer nichtöffentlichen Sitzung gefasst hatte. Der lautete: „Der Stadtrat stimmt der Verleihung des Wilhelmine-Preises zu.“ Der feine Unterschied: Preisträger des Bayreuther Preises für Toleranz und Humanität ist man erst, wenn der Preis tatsächlich übergeben ist.

Hitzige Debatte

Das klang während der Sitzung und der langen Debatte noch ganz anders. So sprach sich Karsten Schieseck (BG) dafür aus, Code Pink den Preis nicht abzuerkennen. Aber doch auf eine öffentliche Zeremonie zur Preisverleihung zu verzichten. „Wir stehen zu unserem Preisträger“, sagte Schieseck. „Aber es steht uns nicht an, eine Situation zu schaffen, die an ein Tribunal gegen unseren Preisträger erinnert.“ Eine öffentliche Preisverleihung, meinte der BG-Stadtrat, könne Code-Pink-Kritikern eine Bühne geben. Schieseck wörtlich: „Es ist die Frage, ob wir diesen Leuten in Podium schaffen wollen.“ Er selbst könne keine stichhaltigen Gründe erkennen, Code Pink den Wilhelmine-Preis abzuerkennen.

 

Zumindest das sah auch Michael Hohl (CSU) so. „Ich habe in all den Zitaten und Informationen keinen Beleg dafür gefunden, dass Code Pink das Existenzrecht Israels bestreitet, den Holocaust leugnet oder antisemitisch ist.“ Solche Vorwürfe hatte der Journalist Benjamin Weinthal in der Zeitung „Jerusalem Post“ erhoben und die Frage gestellt, ob Bayreuth Code Pink mit einem Preis für Toleranz und Humanität auszeichnen solle.

Hohl fordert klare Kante

Was Hohl nicht passte: Einem Aussetzen der Preisverleihung, wie Verwaltung und Oberbürgermeisterin vorschlugen, wollte er nicht zustimmen. „Code Pink und die Kritiker der Organisation erwarten eine klare Kante. Wir können in dieser Sache nicht herumeiern.“

Den Gegenantrag zum Vorschlag der Verwaltung stellte Klaus Wührl-Struller (Die Grünen): Der Beschluss aus dem Jahr 2014, Code Pink mit dem Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis auszuzeichnen bleibt bestehen. Und der Preis wird am 15. April 2016 verliehen. Dem stimmten 23 von 41 anwesenden Stadträten zu.

SPD wollte Abstimmung boykottieren

Aber erst nach einem Eklat: Die SPD-Fraktion wollte die Abstimmung boykottieren. Die Sozialdemokraten hatten gefordert, die Debatte von der Tagesordnung zu nehmen. Man habe zu wenig Zeit gehabt, die Informationsflut der vergangenen Tage zu bewerten. Und sehe deshalb keine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Oberbürgermeisterin Merk-Erbe sagte: „Sich vor der Entscheidung zu drücken, geht nicht. Das ist gegen das Gesetz.“ Die SPD-Stadträte blieben.

Elsa Rassbach, Deutschland-Sprecherin von Code Pink, war bei der Sitzung dabei. Danach sagte sie: „Ich freue mich über den Preis und auch über diese Debatte.“ Der Bayreuther Stadtrat habe sich indirekt auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob in Deutschland Kritik an der israelischen Politik möglich sei. „Diese Diskussion muss an vielen Stellen geführt werden“, sagte Rassbach. Und: „Es tut mir leid, dass die Stadt Bayreuth unter solchen Druck geraten ist.“

Lesen Sie dazu auch:

Die Debatte im Stadtrat im Liveticker

Code-Pink: Wie weit reicht die Toleranz?

Bilder