Missbrauchsvorwürfe: Met entlässt Levine

Von Christina Horsten und Angelika Engler, dp
Nach einer Untersuchung über Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen James Levine hat die New Yorker Metropolitan Oper ihren Star-Dirigenten entlassen. Foto: Michael Dwyer/AP/dpa Foto: red

Auch die Klassikwelt hat jetzt einen prominenten #MeToo-Fall: Die Metropolitan Oper in New York zieht die Konsequenz aus einer mehrmonatigen Untersuchung - und entlässt Star-Dirigent James Levine.

 
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Nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs gegen James Levine hat die New Yorker Metropolitan Oper ihren Star-Dirigenten entlassen. Eine Untersuchung habe «glaubhafte Beweise erbracht, dass Herr Levine vor und während seiner Arbeit bei der Met sexuell missbrauchendes und belästigendes Verhalten gezeigt hat», hieß es in einer Mitteilung des Opernhauses vom Montagabend (Ortszeit). Die Zusammenarbeit mit dem 74-Jährigen, der von 1982 bis 1998 bei den Bayreuther Festspielen dirigierte, werde deshalb sofort beendet. Levine ist damit der bislang hochrangigste Vertreter der Klassik-Welt, der im Rahmen der #MeToo-Debatte um sexuelle Übergriffe seinen Job verloren hat.

Levine bestreitet die Vorwürfe

Levine, der als einer der besten Dirigenten der USA gilt, hatte die Anschuldigungen - unter anderem von vier Männern - zuvor zurückgewiesen. «Wie jeder, der mich wirklich kennt, unterschreiben wird, habe ich mein Leben nicht als Unterdrücker oder Angreifer gelebt», sagte er laut einer Mitteilung im Dezember - und: «Meine inbrünstige Hoffnung ist, dass die Menschen mit der Zeit die Wahrheit verstehen werden und ich meine Arbeit mit voller Konzentration und Inspiration weitermachen kann». Seine Entlassung wollte er einem Sprecher zufolge zunächst nicht kommentieren.

Für die Untersuchung, die von externen Ermittlern geleitet wurde, wurden mehr als 70 Menschen befragt. Es seien glaubhafte Hinweise zutage getreten, dass Levine auch junge Musiker missbraucht habe, die am Beginn ihrer Karriere standen und sich unter seiner Obhut befanden. Die Ermittlung habe zudem ergeben, dass die Vorwürfe oder Gerüchte, die Leitung des Opernhauses habe Informationen über den Fall vertuscht, «komplett» bodenlos seien, hieß es weiter in der Mitteilung der Met.

Seit Jahrzehnten an der Met tätig

Die «New York Times» hatte im vergangenen Dezember über die Anschuldigungen gegen Levine berichtet, daraufhin war er zunächst suspendiert worden. Mit den Vorwürfen gegen ihn erreichte die Welle von Fällen sexueller Übergriffe auch die Welt der klassischen Musik. Im Herbst 2017 hatten erste Berichte über den mächtigen US-Filmproduzenten Harvey Weinstein zu dessen Sturz geführt. Unter dem Schlagwort «#MeToo» wird seitdem über sexuelle Gewalt und Sexismus diskutiert.

Der 1943 im US-Bundesstaat Ohio geborene Levine, der einen Bruder und eine Schwester hat, hatte seit den frühen 1970er Jahren an dem New Yorker Opernhaus gearbeitet und war seit 1975 der musikalische Leiter der Met. Nach gesundheitlichen Problemen hatte er sich 2016 von dem Posten zurückgezogen, aber in verschiedenen Rollen weiter für das Opernhaus gearbeitet, unter anderem als Betreuer für junge Künstler.

Die Met zu einer der besten Opern der Welt gemacht

In seiner Zeit bei der Met machte er das Orchester des Opernhauses zu einem der besten der Welt. Zeitweise leitete er auch das Boston Symphony Orchestra und die Münchner Philharmoniker. Immer wieder trat er auch unter anderem mit Orchestern in Dresden, Berlin, Bayreuth, Wien und London auf. Durch seine vielen TV-Auftritte und Musikaufnahmen wurde Levine weltberühmt. Im Disney-Film «Fantasia 2000» war er neben Mickey Mouse zu sehen, 1983 ernannte ihn das «Time»-Magazin auf dem Titelblatt zum «besten Dirigenten Amerikas».