Merk-Erbe: Kein Preis für Code Pink

Von Michael Weiser
Foto: dpa Foto: red

Allzu große Nähe des Kandidaten zu Holocaustleugnern: So begründet Oberbürgermeisterin Merk-Erbe, warum sie vom Wilhelmine-Preis für die Bürgerrechtsgruppe Code Pink Abstand nimmt. Was hinter den Vorwürfen steckt. Und was die Bürgerrechtsgruppe selbst dazu sagt. 

 
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Recherchen der „Jerusalem Post“ brachten den Stein ins Rollen. Schon vor einigen Jahren war "Code Pink" in einer Kolumne der „Post“ als „Teil der Dschihad-Kriegsmaschinerie“ bezeichnet worden. Nun erregte die bevorstehende Verleihung des Wilhelmine-Preises an "Code Pink"  die Neugier der Zeitung. Was sie zu Tage förderte, ließ bei Brigitte Merk-Erbe die Alarmglocken schrillen. „Nach den derzeitigen Erkenntnissen werde ich den städtischen Gremien vorschlagen, von der Preisverleihung Abstand zu nehmen“, ließ sie über die Pressestelle ausrichten. Man solle sich auch grundsätzliche Gedanken über die Zukunft des Preises machen.

Die "Jerusalem Post" präsentiert das Video einer "Code Pink"-Demo in New York, deren Teilnehmer „Freiheit für Palästina“ fordern. Allerdings vom „Fluss bis zum Meer“, vom Jordan bis zum Mittelmeer also – was eine Existenz Israels ausschließen würde. Dann erhebt ein Mann das Mikrofon und setzt Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit Hitler gleich. „Hitler – jahu – you will see, Palestine will be free“ skandiert er. „Dieser Mann ist absolut kein Repräsentant von 'Code Pink'“, sagt dazu Elsa Rassbach von "Code Pink". Andererseits sieht man in der Nähe des Mannes offenbar Medea Benjamin, die Galionsfigur von "Code Pink". Und das zweifellos in bester Laune.

Grundsätzlich antisemitisch

Recherchiert hat den Text in der „Post“ Benjamin Weinthal. Es gehe gar nicht nur um diese Demonstration oder um die Teilnahme von Medea Benjamin an der Konferenz in Teheran, sagt er. Es gehe um die Kritik, dass die Gruppe grundsätzlich antisemitisch sei. "Code Pink" sei eine Gruppe, die einen Boykott Israels fordere und eine Zweistaatenlösung ablehne. „Warum fordert 'Code Pink' keinen Boykott von Marokko oder der Türkei? Warum protestiert sie nicht gegen die Hinrichtung Tausender lesbischer Frauen und schwuler Männer im Iran?“ Dass die Stadt Bayreuth nunmehr die Teilnahme von "Code Pink" an einer Konferenz als Grund nenne, findet er merkwürdig. Über Google hätte man sich schon lange zuvor über die Gruppe informieren können. 

"Stadt hat angemessen reagiert"

Weinthal zitiert Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des Simon-Wiesenthal-Centers und einer der schärfsten Kritiker von "Code Pink". Es sei kaum vorstelbar, dass das Komitee des Wilhelmine-Preises auch nur die geringste Sorgfalt habe walten lassen, sagte Cooper der „Jerusalem Post“. Allein die Sprechchöre während der Demo disqualifiziere eine solche Gruppe bereits für eine solche Auszeichnung. „Bayreuth entehrt sich und die Werte, für die der Preis steht, durch eine solche Wahl“, sagt er.

Kritiker hatten "Code Pink" auch Nähe zu islamistischen Terrorgruppen wie Hisbollah und Hamas vorgeworfen. "Code Pink" sieht sich missverstanden. „Wir sind einfach gegen Krieg“, sagt Elsa Rassbach. „Im Grunde suchen wir Frieden in der Welt, und wir sind dafür, mit den Leuten zu reden.“ Um irgendwo hinzukommen, müsse man aber natürlich auch mit Organisationen oder Regierungen verhandeln, wie in Ägypten, wie mit der Hamas in Gaza. Was aber nicht bedeute, dass man sich mit Hamas verbinde. Auch Medea Benjamin selber hat sich bislang weniger gegen Israel selber zu Wort gemeldet als vielmehr gegen den Krieg mit Drohnen. Ihr Vortrag in Teheran - Monate nach dem Ausscheiden des Holocaustleugners Mahmud Ahmadinedschad aus dem Amt des iranischen Präsidenten - beschäftigte sich mit dem Drohnenkrieg der USA in Afghanistan und im Irak.

Uni hatte "Code Pink" vorgeschlagen

Kandidaten für den Wilhelmine-Preis werden von der Universität vorgeschlagen. Zu den Kandidaten zählte für 2016 offenbar die Folk-Legende Joan Baez. Dass die Wahl auf "Code Pink" fiel, scheint sich nun als Bumerang für die Stadt zu erweisen. Merk-Erbe kontaktierte in der Angelegenheit auch das israelische Konsulat in München. Dort kleidet man seine Irritation in sehr diplomatische Worte: "Code Pink" sei eine „sehr provokante Gruppe“ und für einen Toleranzpreis „nicht unbedingt geeignet“.

Die Universität Bayreuth hatte 2014 "Code Pink" als Preisträger vorgeschlagen, noch bevor jene ominöse Konferenz in Teheran stattfand. Und der Stadtrat hatte den Vorschlag der Uni gutgeheißen. Nun scheinen sich die Umstände auch in den Augen der Uni grundlegend geändert zu haben. "Die Universität respektiert jede Entscheidung des Stadtrats", sagte Präsident Stefan Leible.

In einer ersten Reaktion auf die Ankündigung von Merk-Erbe äußerte sich Abraham Cooper Donnerstagabend gegenüber dem Kurier zufrieden darüber, dass die Stadt „angemessen“ und schnell reagiert habe und neu beraten wolle. 

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