Medi-Team beim italienischen Meister

Von Dino Reisner
Historischer Erfolg: Am Ende der vergangenen Saison feierte Reyer Venedig den ersten Gewinn einer italienischen Meisterschaft seit 74 Jahren. Foto: Imago Foto: red

Der letzte Spieltag in der Champions League vor einer dreiwöchigen Pause hält für Medi Bayreuth nicht nur aus sportlicher Sicht eine besonders reizvolle Auswärtsreise bereit: Am Dienstag um 20.30 Uhr gastiert der Bundesliga-Dritte beim italienischen Meister und Tabellenführer in Gruppe C, Reyer Venedig.

 
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Zeit für ein touristisches Rahmenprogramm mit einem Ausflug in das auf einer Insel liegende historische Zentrum der Lagunenstadt mit Sehenswürdigkeiten wie dem Markusplatz oder der Rialtobrücke sehen die Planungen jedoch nicht vor. „Dafür bleibt leider keine Zeit. Der Rückflug ist bereits am Mittwochmittag“, sagt Trainer Raoul Korner. „Wir sind aber auch nicht zum Sightseeing in Venedig, sondern um den italienischen Meister herauszufordern.“

Korner: Sieg wäre Überraschung

Die volle Konzentration gilt dem Spiel im 3500 Zuschauer fassenden Palasport Taliercio im vergleichsweise unspektakulären Stadtteil Mestre auf dem Festland. Dort dürfte die Bayreuther die schwierigste Aufgabe im bisherigen Saisonverlauf erwarten. „Venedig ist sehr tief besetzt und geladen mit Talent und Potenzial“, sagt Trainer Korner. „Dort zu gewinnen, wäre als Überraschung zu bewerten.“

Noch älter als der 1978 eröffnete und 2012 renovierte Palasport Taliercio mit seinem gewölbten Dach ist die Vereinsgeschichte von Reyer Venedig. 1920 war der Verein Gründungsmitglied der Serie A, 1942 und 1943 italienischer Meister. Größter Erfolg auf internationaler Ebene war 1981 der Vorstoß ins Finale des Korac Cups, wo man unglücklich 104:105 nach Verlängerung gegen den spanischen Vertreter Joventut Badalona verlor. Es folgten Jahre als Fahrstuhlverein zwischen erster und zweiter Liga und 1997 der völlige Absturz bis hinunter in die fünftklassige Serie C. Jahrzehntelang stand Reyer im Schatten des venetischen Rivalen Benetton Treviso, der sich in der europäischen Spitze etabliert hatte.

Erste Meisterschaft seit 74 Jahren

Erst ab 2006 nach dem Einstieg von Hauptsponsor Luigi Brugnaro und dessen Zeitarbeitsfirma Umana ging es wieder aufwärts – parallel zum schleichenden Niedergang von Treviso. 2011 schaffte Venedig den Wiederaufstieg in die Serie A, in der Vorsaison gewann der Verein im Finale gegen Dolomiti Energia Trient erstmals seit 74 Jahren wieder die Meisterschaft. In der Champions League blieben die Venezianer erst im Halbfinale mit 58:67 gegen den späteren Titelträger Iberostar Teneriffa auf der Strecke.

Nach sieben Spieltagen der laufenden Saison belegt Reyer in der nationalen Liga mit einer Bilanz von sechs Siegen und nur einer Niederlage den vierten Tabellenplatz. Am Samstagabend setzte sich die Mannschaft von Trainer Walter De Raffaele (49) bei Pallacanestro Cantu mit 93:92 nach Verlängerung durch. In der Champions League gewann sie vier ihrer fünf Spiele, die einzige Niederlage gab es am zweiten Spieltag zu Hause mit 101:103 nach Verlängerung gegen AEK Athen.

Mit den US-Amerikanern Marquez Haynes (30) im Aufbau, Dreier-Spezialist Dominique Johnson (30) auf dem Flügel und 2,08-Meter-Center Mitchell Watt (27) unter den Körben stehen gleich drei ehemalige Bundesliga-Profis im Team der Italiener. Haynes spielte einst bei den Artland Dragons (Saison 2012/13), Watt (2015/16) und Johnson (2016/17) bei Alba Berlin. Letzterer wurde beim Hauptstadtclub jedoch während der Saison ausgemustert.

Topscorer sind mit 15,8 Punkten pro Partie der litauische Flügelspieler Gediminas Orelik (27), Neuzugang vom Champions-League-Rivalen Banvit Bandirma, und mit 13,4 Punkten der erfahrene kroatische Power Forward Hrvoje Peric (32). Nicht mehr zum Aufgebot gehört der Beinahe-Bayreuther Melvin Ejim, der im August 2015 von einer Ausstiegsoption aus seinem Vertrag bei Medi Gebrauch gemacht hatte. Der Kanadier wechselte im Sommer zu Unics Kasan nach Russland.

Aussicht auf dreiwöchige Pause

Von seiner eigenen Mannschaft meldet Trainer Korner mit Ausnahme des Langzeitverletzten Assem Marei alle Mann an Bord. Durch die Rückkehr von Robin Amaize nach knapp dreiwöchiger Verletzungspause (Bänderriss) am Samstag beim 83:76-Sieg gegen Alba Berlin (drei Punkte, drei Rebounds und vier Assists in zwölf Minuten Einsatzzeit) hat der Kader wieder an Tiefe gewonnen. „Robin hat uns Impulse gegeben, aber im Abschluss fehlt ihm noch ein wenig die Kraft“, berichtet Korner.

In jedem Fall freut sich der Österreicher über die dreiwöchige Pause in der Champions League auf Grund der WM-Qualifikation: „Das Spiel in Venedig und am Sonntag in Bonn werden noch einmal Kraftakte. Aber die Aussicht, danach einige Tage Ruhe zu haben, hilft enorm, noch einmal die letzten Reserven zu mobilisieren.“

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