Lieber aufs Land

Von Roland Töpfer
Der neue Raps-Chef Florian Knell. Foto: red Foto: red

Nachhaltigkeit ist für Florian Knell, Chef des Kulmbacher Gewürzeherstellers Raps, viel mehr als ein modern gewordener Sprachgebrauch. Knells Vater war Forstwirt, hat über Nachhaltigkeit schon 1965 promoviert, und so ist Knell damit groß geworden. Raps ist ein Familienunternehmen, das nachhaltig, also über Generationen hinweg, denken und handeln will. Hier schließt sich der Kreis für Knell, der seit dem Jahreswechsel die Geschäfte führt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Bäume wachsen über 120 Jahre und selbst dann nicht in den Himmel“, sagt Knell. Auch bei Raps wachsen die Bäume nicht in den Himmel, aber es reicht in diesem Jahr für ein Umsatzplus von zuletzt 180 auf nun 185 Millionen Euro. Wobei der Gewinn nach guten Fortschritten in den letzten Jahren sehr ordentlich ist. Das Umsatzwachstum will Knell forcieren und langfristig auf im Schnitt drei bis fünf Prozent Zuwachs kommen. Man wolle schließlich ein wichtiger Partner im Markt bleiben und dazu gehöre eben auch eine gewisse Größe.Raps zählt sich in seiner Branche zu den Top 10 in Europa und zu den Top 3 in Deutschland. Die Beschäftigtenzahl von 865, davon 565 in Kulmbach, soll moderat aufgestockt werden. Vor allem Vertrieb und Entwicklung will Knell stärken. Raps liefert an Metzger und die Lebensmittelindustrie Gewürze und Zusatzstoffe, die auch von Bäckereien, Molkereien oder Süßwarenherstellern verwendet werden. Der wichtigste Bereich ist das Fleisch. „Unsere DNA ist Fleisch.“

Koch, Metzger und Jäger zugleich

Mit Fleisch kennt sich Knell auch privat gut aus. Der leidenschaftliche Koch, Metzger und Jäger entspannt sich gerne bei einem guten Essen mit Familie und Freunden. Das Gemüse kommt aus dem eigenen Garten. Pferde und Hunde hat er auch in seinem Anwesen in einem kleinen Dorf in Oberschwaben nahe Bad Waldsee, was wiederum nicht weit von Ravensburg liegt. Bevor Knell nach Kulmbach kam, war er Vorstand des Spieleherstellers Ravensburger AG. Bei Raps saß der 50-Jährige fünf Jahre im damals dreiköpfigen Beirat, dem Gesellschafter Frank Kühne vorsitzt. Es gibt vier Beiratssitzungen im Jahr. Beirat und Geschäftsführer stehen in intensivem Austausch. „Herr Kühne ist als Unternehmer im Unternehmen sehr präsent“, sagt Knell. Das sei auch sein Verständnis von Rollenverteilung, wenn es um visionäre Ansprüche und operative Aufgaben gehe. „Ich hab’ die Denkfabrik im eigenen Haus.“

Knell liebt das Leben auf dem Land

Gedanken noch ganz anderer Art hatte Knell als junger Bursche, als er unbedingt Pilot werden wollte, die erste Prüfung bei der Lufthansa auch bestand, bei der zweiten aber scheiterte. Auch ein Theologiestudium bei der Bundeswehr parallel zur Ausbildung als Pilot bei den Streitkräften hätte sich Knell damals vorstellen können. Er folgte schließlich dem Rat seiner beiden Brüder: Mit BWL macht man nichts verkehrt. Knell studierte in Passau, wo er seine Frau, eine Bremerin, kennenlernte, BWL mit Schwerpunkt Marketing und Fertigungswirtschaft. Dann war er neun Jahre bei Unilever in Deutschland und England und wechselte danach zu Ravensburger. Die Knells haben zwei Kinder. Die Tochter hat gerade ein BWL-Studium in Bayreuth begonnen.

Der berufliche Wechsel hat auch damit zu tun, dass Knell das Leben auf dem Land liebt, lieber in der Provinz arbeitet als ständig global unterwegs sein zu müssen. Ob Oberfranken oder Oberschwaben – das ist für Knell „absolut lebenswert“. Provinz ist für ihn positiv besetzt, „liebevoll und wertschätzend“. Der Ort, wo Menschlichkeit und Miteinander wichtig sind. „Ja, ich lebe gern in der Provinz.“ Vielleicht liegt das auch daran, dass er im unterfränkischen Miltenberg am Main geboren und aufgewachsen ist.

Kunden wollen bio

Warum sich Raps und seine Vorgängerin Maria-Johanna Schaecher Ende 2016 so plötzlich trennten, darüber möchte Knell nicht reden. Der Abgang der früheren Raps-Chefin war für viele überraschend gekommen. Die Hamburgerin, die zwischen der Bierstadt und der Hansestadt pendelte, war 2012 als Geschäftsführerin zu Raps gekommen und hatte die Erträge des Unternehmens stark gesteigert. Schaecher wollte das Unternehmen auf Expansionskurs lenken und dachte dabei auch an Übernahmen. Ein halbe Milliarde Euro Umsatz hielt sie auf längere Sicht für möglich.

Übernahmen kann sich Knell auch vorstellen, aber nicht in Übersee. „Gelegenheiten in Europa wird man sicher anschauen.“ Raps könne aber auch aus eigener Kraft wachsen. Den Fokus legt Knell auf Europa, auch Osteuropa, wo der Wohlstand schnell wächst. Weiße Flecken wie Spanien oder Italien sollen besser erschlossen werden. Und was wollen die Kunden, wo geht der Trend hin? Weniger Zucker, weniger Salz, vegetarisch, bio, regional. „Mein Herz schlägt für die Region“, sagt Knell. Dann passt das ja.