Leoni, Wegbereiter der Elektromobilität

Von Klaus Tscharnke,
 Foto: red

Die Kundschaft des Unternehmens war schon immer etwas illuster – inzwischen aber hat die Produktpalette des Nürnberger Draht- und Bordnetzherstellers Leoni eine Breite erreicht, bei der selbst Insider leicht mal den Überblick verlieren können. Leoni-Produkte stecken in Uniform-Kragenspiegeln, Priestergewändern und dem schwarzen Tuch von Mekka genauso wie in Autos, Robotern und Medizin-Lasern.  

 
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Am Sonntag feiert das ungewöhnliche Unternehmen seinen 100. Geburtstag. In jenen Apriltagen hatten sich drei Unternehmen der Branche zusammengetan und die Drahtwerkstatt Leoni gegründet. Die eigentlichen Wurzeln des heute im MDax notierten Konzerns reichen jedoch bis ins 16. Jahrhundert zurück.

Leonische Waren aus Lyon

Den Grundstein für die Drahtzieher-Tradition legte gewissermaßen der Franzose Anthoni Fournier.Er war wegen seines Glaubens aus Lyon geflohen und fand im Jahr 1569 im protestantischen Nürnberg eine neue Heimat – und ideale Bedingungen für die Herstellung „leonscher Waren“, wie man die zuerst in Lyon hergestellten Gold- und Silberfäden nannte.

Rasch entwickelte sich Nürnberg zum Zentrum des Gewerbes. „Fest steht, dass ein großer Teil der in Nürnberg produzierten Gold- und Silberfäden vom betuchten Hochadel für prachtvolle Stickereien auf Wandbehängen und Vorhängen, Tisch- und Bettdecken sowie auf Bezügen von Prunkmöbeln und Kutschen verwendet wurde“, berichtet Leoni-Pressechef Bernd Buhmann.

In Schlössern und Palästen

Auch in Schlössern des Bayernkönigs Ludwig II. finden sich glitzernde Gespinste der leonischen Handwerkskunst. Bis zum Ersten Weltkrieg ließen selbst die indischen Maharadschas Paläste und Kleidung mit Gold- und Silberstickereien aus Nürnberg ausstatten, sagt Buhmann. Indien sei seinerzeit einer der wichtigsten Exportmärkte gewesen. Inzwischen hat sich Leoni längst auf den lukrativen Markt für Kabel, Leitungen und Bordnetze für die Autoindustrie verlegt. Demnächst werden Spezial-Leitungen des Unternehmens bei der Steuerung autonom fahrender Autos eine Rolle spielen.

Bereits 1928 produzierte Leoni die ersten Lackdrähte, 1931 die erste gummi-isolierte Leitung, 1943 das erste mit Kunststoff ummantelte Kabel. Mit dem Autoboom der Wirtschaftswunderzeit eröffneten sich für Leoni völlig neue Chancen. Doch statt einfacher Kabel belieferte Leoni die Fahrzeugindustrie bald schon mit kompletten Kabelsätzen. In den 1980er- und 90er-Jahren internationalisierte sich das Unternehmen zunehmend. Heute beschäftigt Leoni mehr als 79.000 Mitarbeiter in 32 Ländern. Der Umsatz lag 2016 bei 4,431 Milliarden Euro. Kunden sind alle großen Autohersteller.

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