Kunden abgezockt Schlüsseldienst-Chefs zu Gefängnisstrafen verurteilt

Von Elke Silberer,
Haustür zu und der Schlüssel drin: Diese Notsituation sollen die Angeklagten mit ihrem Firmengeflecht schamlos ausgenutzt haben. Symbolfoto: Christin Klose/dpa Foto: red

KLEVE. Überflüssige Arbeiten, viel zu hohe Rechnungen: Ein Schlüsseldienst zockte systematisch seine Kunden ab. Auch dafür schickten die Richter die beiden Chefs für Jahre ins Gefängnis.

 
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Türe zu, Schlüssel steckt innen. In dieser misslichen Lage riefen die Betroffenen - dem Rat von Verbraucherschützern folgend - örtliche Schlüsseldienste an. Dachten sie. Sie landeten über eine Rufumleitung im Call-Center der «Deutschen Schlüsseldienstzentrale» im niederrheinischen Geldern und wurden reihenweise abgezockt, wie die Richter am Landgericht Kleve am Dienstag in ihrem Urteil feststellten. Die Anklage hatte 1000 Opfer bundesweit aufgeführt, die meisten leben in Nordrhein-Westfalen.

Sechseinhalb sowie drei Jahre und neun Monate Haft

Die Richter verurteilten die 58 und 39 Jahre alten Geschäftsführer zu mehreren Jahren Haft, beide wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Steuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt. Den 58-jährige Drahtzieher, der wegen der Betrugsmasche schon einmal Jahre im Gefängnis gesessen hatte, wurde zu sechseinhalb Jahren verurteilt, sein Komplize zu drei Jahren und neun Monaten. Die Anwälte beider Angeklagten hatten Freispruch gefordert. Revision ist möglich.

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Beide Chefs hatten laut Gericht im Internet und in Branchenverzeichnissen mit Schlüsseldiensten «bis ins kleinste Kaff» mit «Fake-Adressen» geworben. Tatsächlich landeten die Kunden über eine Umleitung unbemerkt in Geldern. Von dort schickte die «Deutsche Schlüsseldienstzentrale» die Monteure in den Regionen los. Die Monteure waren laut Richter in der Regel keine Fachleute: «Das waren Pizza-Auslieferer und Arbeitslose, die keine Ahnung hatten. Das, was die am besten konnten, war die Preisgestaltung», sagte der Vorsitzende Richter Christian Henckel. Und die hätten die Anweisung gehabt, bei ihrem Einsatz möglichst viel kaputt zu machen.

Nicht selten mehrere Hundert Euro kassiert

Für Türöffnungen stellten die Monteure nicht selten mehrere Hundert Euro in Rechnung. In einem Fall, wo auch noch ein neuer Zylinder dazukam, musste der Kunde über 800 Euro zahlen. Wer nicht bezahlen wollte, dem hätten die Schlüsseldienstler mit der Polizei gedroht nach dem Motto: «Das ist Handwerker-Betrug», sagte Richter Henckel.

Sobald ein Monteur das Geld hatte, musste er laut Gericht sofort in der Zentrale anrufen. Die Monteure seien zum großen Teil keinesfalls - wie von den Angeklagten behauptet - selbstständig gewesen, sondern Teil der Unternehmensstruktur. Betrogen haben die beiden Chefs laut Gericht nicht nur die Kunden, sondern auch den Staat: Um sechs Millionen Euro Umsatzsteuer und Lohnnebenkosten für die Monteure in Höhe von zehn Millionen Euro.

Womöglich Verfahren wegen Anstiftung zum Mord

Die Verteidigung des 58-jährigen verurteilten Drahtziehers kündigte Revision an. Dessen ungeachtet droht diesem früheren Manager ein weiteres Verfahren wegen Anstiftung zum Mord: Er soll einen Knastbruder kurz vor dessen Entlassung beauftragt haben, die beiden Staatsanwälte in dem jetzt abgeschlossenen Betrugsverfahren zu töten, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Gerhard Neifer sagte. Der Mitgefangene hatte sich den Behörden anvertraut.

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