Kramme vs. Launert: So war das Duell

Von Thorsten Gütling
Von wegen langweiliger Wahlkampf: Mehr als 500 Zuhörer sind gekommen um das Duell Kramme gegen Launert zu verfolgen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Erst plätschert es vor sich hin, dann nimmt es Fahrt auf. 500 Zuhörer klatschen und pfeifen. So ist das Duell der Bewerberinnen um das Direktmandat bei der Bundestagswahl 2017: Anette Kramme (SPD) und Silke Launert (CSU).

 
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Montagabend, 19 Uhr: 500 Gäste sind gekommen, mindestens. Der Herzogkeller ist proppenvoll. Von wegen langweiliger Wahlkampf, sagt Manfred Otzelberger, Moderator des Abends, Martin-Schulz-Biograph, früherer Kurier-Redakteur und jetzt für die Politik im Leute-Magazin „Bunte“ zuständig.

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Die Leute sind gekommen um zwei Frauen zu sehen, die um das Direktmandat im Wahlkreis Bayreuth-Forchheim kämpfen. Auf der seinen Seite Anette Kramme, seit 1998 für die SPD im Bundestag, Staatssekretärin, „ein Vollprofi“, sagt Otzelberger. Auf der anderen Seite Silke Launert, „das vielleicht schönste Gesicht der CSU“, schon vier Jahre im Bundestag, eine „Fast-Newcomerin“ also. Als sie vorgestellt wird, wird es erstmals laut im Saal. Die Machtverhältnisse im Herzogkeller scheinen geklärt, aber so einfach wird es nicht.

"Blödsinn"

Ob Frauen die besseren Politiker sind, will Otzelberger wissen. „Blödsinn“, sagt Kramme. Sie brächten nur eine andere Perspektive ein. „Wenn es um die wirklich harten Themen gibt, ist die Luft für Frauen oben oft dünn.“ Launert sagt: „Bei uns in der CSU nicht“. Dass Kramme noch nachschiebt, dass der Anteil der weiblichen Abgeordneten für eine solche Aussage doch erstaunlich niedrig sei, geht im Applaus der CSU-Anhänger unter. Die haben sich vorbereitet, haben extra Fächer mitgebracht, mit denen es sich lauter klatschen lässt.

Überall nur Juristen

Wo eigentlich die vielen anderen Berufsgruppen sind, will Otzelberger dann wissen. Schließlich säßen im Bundestag auffällig viele Juristen, eben solche wie Kramme und Launert. Jurist zu sein, mache es einfacher, Fehler in Gesetzen zu entdecken, sagt Kramme. Launert sagt: Wer die Ungerechtigkeit mancher Gesetze als Richter hautnah erlebt habe, der wisse, dass das Unrecht oft in einem einzigen Wort begründet liege. Und ja, als Richterin habe sie noch höheres Ansehen genossen, als jetzt. „Es ist schade, dass dich von vornherein 50 Prozent der Leute ablehnen“, sagt Launert. Gerade beim Direktmandat gehe es doch darum, ob man sich für die Region einsetze, als zu welcher Partei man gehöre. „Wie ein Bürgermeister eben“, sagt Launert. Es ist der erste dezente Angriff an diesem Abend, an dem sich die beiden Kontrahentinnen noch anschreien werden. Erst einmal plätschert das Gespräch aber eine Stunde lang so dahin.

Genug gearbeitet - eigentlich

Als Kramme sagt: „In 23 Jahren Berufsleben, viele Jahre ohne einen Tag Urlaub, dürfte ich meine 40 Jahre Berufstätigkeit locker voll haben“, geht zum ersten Mal ein Raunen durchs Publikum. Wie wichtig Launert ihr ehrlich erworbener Doktortitel sei, will Otzelberger in Anspielung auf Karl-Theodor zu Guttenberg wissen. „Heute haben wir andere Themen als einen bisschen abgeschriebenen Doktor“, sagt Launert und wird dafür ausgebuht. Im Parlament säßen schließlich auch vorbestrafte Steinwerfer, hält Launert dagegen und Kramme sagt: “Sozialdemokratie war schon immer für Resozialisierung.“ Vielleicht habe Guttenberg ja etwas dazu gelernt.

Ade Agenda 2010

Als es dann um soziale Gerechtigkeit geht, erntet Kramme den bisher längsten Applaus an diesem Abend. Die SPD-Kandidatin sagt, niedrige Arbeitslosenzahlen seien solange noch kein Erfolg, wie 40 Prozent aller Stellen befristet und auf Abruf seien. Warum die SPD es nicht schaffe mit diesen Themen zu glänzen, will Otzelberger dann wissen: „Das ist leider kein neues Problem der SPD“, sagt Kramme. Seit der Agenda 2010 habe man ein Glaubwürdigkeitsproblem. „Ich glaube es wäre besser gewesen zu sagen, Agenda 2010 ade.“ Dann passiert etwas Kurioses. Launert bricht eine Lanze für Kramme. „Warum machen Sie sich so klein, Sie haben doch nicht 19 Jahre geschlafen, warum reden Sie sich selbst so schlecht?“ Als es um grundlose Befristungen von Arbeitsverträgen geht, wird es laut. „Die Firmen machen doch gar nicht, was sie wollen. Und ihr Ministerium befristet Stellen doch selbst!“, schreit Launert. „Ihre Argumentation ist an dieser Stelle verlogen bis zum Umfallen“, hält Kramme ruhig dagegen. Den Stellenplan für das Sozialministerium befehle schließlich das von der CSU geführte Finanzministerium.

Die Flüchtlinge vom Bahnhof

Ob sie einen Flüchtling persönlich kenne, will der Moderator wissen. „Ja, die die mich so geschnappt haben am Bahnhof und seitdem über Facebook mit mir befreundet sind“, sagt Launert. Sie habe sich gewünscht, dass Merkel ein Signal gebe, dass der Zuzug nicht unbegrenzt erfolge. Kramme sagt: „Ich erlebe viele als motiviert und glaube, dass wir das hinbekommen.“ Integrationskurse und Jobcenter könnten das leisten, Finanzminister Schäuble dürfe nur nicht die Mittel dafür verweigern. Als Kramme zur Flüchtlingskrise sagt „Wir haben das leisten können und leisten müssen“, brandet Beifall auf.

Wo sind all die Jungen hin?

Am Ende stellt das Publikum Fragen. Warum so wenig junge Menschen zur Veranstaltung gekommen seien, will einer wissen und was Kramme von Gerhard Schröders Verflechtungen in die russische Gaswirtschaft halte. „Ich finde es völlig daneben, was Schröder gemacht hat“, sagt sie. Leider gebe es noch kein Mittel, das zu unterbinden.

"Ich traue ihm nicht"

Was Launert an Schulz imponiere, will Otzelberger dann noch wissen. „Ich traue ihm nicht, er will halt unbedingt Macht“, sagt Launert und wird dafür ausgebuht. Und was gefällt Kramme an Merkel am Besten? „Die Entscheidung, aus humanitären Gründen eine Million Menschen den Zugang nach Deutschland zu ermöglichen“.

"Beide sind feurig"

Nach etwas mehr als zwei Stunden geben sich die Kandidatinnen die Hand. „Beide sind feurig, wie sie mitbekommen haben“, sagt Otzelberger. „Entschuldigen Sie, dass ich vorhin einmal ruppig war“, sagt Kramme zu Launert.