Kommunalwahlrecht: Die CSU gibt und nimmt

Von Jürgen Umlauft und Peter Rauscher
Rein mit dem Stimmzettel: In Bayern soll 2020 ein neues Kommunalwahlrecht gelten. Foto: dpa-Archiv Foto: red

Die Parteien im Landtag haben sich auf ein gerechteres Verfahren bei der Sitzverteilung nach Kommunalwahlen geeinigt. Im Gegenzug zu Zugeständnissen setzte die CSU umstrittene Änderungen durch, die ihr Vorteile verschaffen könnten.

 
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Der Innenausschuss folgte dem Vorschlag einer Expertenanhörung. Das neue Auszählverfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers, das auch bei der Bundestagswahl angewandt wird, bilde den Wählerwillen bei der Besetzung von Stadt- und Gemeinderäten sowie Kreis- und Bezirkstagen am gerechtesten ab, sagte Andreas Lorenz (CSU). Die CSU rückte damit von ihrem ursprünglichen, auch parteiintern umstrittenen Vorhaben zur Rückkehr zum d’Hondt-Verfahren ab, das große Parteien bei der Berechnung der Sitzverteilung bevorzugt.

Zählweise wird genauer

Thomas Hacker, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bayreuther Stadtrat, begrüßt diese Einigung. Auf Kurier-Anfrage sagte Hacker, die jetzt beschlossene Zählweise sei sogar noch genauer als das bislang angewandte Verfahren nach Hare-Niemeyer. Der Bayreuther Stadtrat hatte sich im Sommer in einer Resolution gegen die Wiedereinführung des Verfahrens nach d`Hondt ausgesprochen. FDP, SPD, Grüne, Junges Bayreuth und Bayreuther Gemeinschaft argumentierten ebenfalls, diese Zählweise bevorzuge größere Parteien. Die Resolution war gegen die Stimmen der CSU-Stadtratsfraktion verabschiedet worden.

Im Stadtrat wird's noch spannend

Dass die Landtags-CSU jetzt umgeschwenkt ist, nimmt der Bayreuther CSU-Stadtratsfraktionsvorsitzende Stefan Specht „zur Kenntnis“. Er sei nach wie vor der Meinung, dass sich der Stadtrat nicht mit Themen beschäftigen solle, die nicht in seine Kompetenz fallen, sagte Specht zum Nein seiner Fraktion im Sommer. Grundsätzlich begrüße er, dass der Streit um die Zählweise bei der Kommunalwahl begraben sei, „auch wenn das ein Nachteil für die CSU sein wird“.

Im Juli hatte Specht im Stadtrat argumentiert, es sei ungerecht, wenn nach dem bestehenden System Hare-Niemeyer bei der Fraktion Junges Bayreuth 2300 Stimmen für einen Sitz im Stadtrat reichten, bei der CSU aber 6300 Stimmen nicht. Spannend wird es nach Spechts Ansicht im Bayreuther Stadtrat, wenn das neue Wahlverfahren auch bei der Verteilung von Sitzen in Ausschüssen und Aufsichtsräten angewendet werde. „Hier muss dann der Stadtrat entscheiden“. Es gebe dazu noch keine Festlegung, möglicherweise sei es aber sinnvoll, eine Neubesetzung erst in der nächsten Wahlperiode vorzunehmen.

Türöffner für„Tarnlisten“

Im Gegenzug zum Einlenken bei der Zählweise setzte die CSU mehrere Änderungen im Kommunalwahlrecht durch. So sind ab der Kommunalwahl 2020 Listenverbindungen mehrerer Parteien oder Gruppierungen nicht mehr erlaubt. Zulässig wird dagegen, dass aus einer Partei oder Gruppierung heraus mehrere Wahlvorschläge gemacht werden können. Außerdem werden einige Wählbarkeitshindernisse abgebaut. Künftig können sich auch amtierende Bürgermeister und Landräte für einen Sitz in Kommunalparlamenten bewerben. Wer sein kommunales Mandat während der Amtszeit niederlegt, muss dies nicht mehr öffentlich begründen. Neu geregelt werden auch Wahlwiederholungen bei Verfahrensfehlern. So muss nur noch in dem Wahllokal erneut gewählt werden, in dem der Fehler aufgetreten ist, und nicht mehr im ganzen Stimmbezirk oder gar der gesamten Gemeinde.

Hacker: Vorteil für CSU

Während diese Änderung im Ausschuss allgemein begrüßt wurde, kritisierte die Opposition die Zulassung mehrerer Wahlvorschläge aus den Reihen einer Partei. Damit werde „Tarnlisten“ Tür und Tor geöffnet, sagte der Freie Wähler Joachim Hanisch. Ulrike Gote (Grüne/Bayreuth) erinnerte gegenüber dem Kurier an die Diskussion um BTgo bei der vorletzten Kommunalwahl. Nach geltender Rechtsprechung seien solche Listen nicht zu beanstanden. Die Verankerung im neuen Gesetz könne aber als Ermunterung verstanden werden, mehr Tarnlisten anzubieten. Thomas Hacker sagte, wenn die CSU künftig mit drei Listen antrete, könne sie dreimal 44 Kandidaten aufstellen. „Das verschafft ihr einen großen Vorteil bei der Wahl.“

Die Bewerbung amtierender Bürgermeister und Landräte auf Gemeinderats- und Kreistagslisten bezeichnete Harry Scheuenstuhl (SPD) als „Scheinkandidaturen zum Stimmenfang“. Kein Bürgermeister oder Landrat werde seinen gut dotierten Posten für ein Ehrenamt in Kommunalparlamenten aufgeben.

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