Klinikleitung erklärt, warum an neuen Parkplätzen auf einem Maisfeld kein Weg vorbei führt Klinikum: Vier Gründe gegen ein Parkdeck

Von Thorsten Gütling
Im Spitzenzeiten parken 125 Fahrzeuge mehr vor dem Klinikum, als dort Parkplätze sind. doch damit nicht genug. „Der Rest parkt die ganze Region zu“, sagt der Geschäftsführer des Klinikums, Joachim Haun. Ein Feld auf der gegenüberliegenden Seite der Preuschwitzer Straße soll Abhilfe schaffen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der Stadtrat muss entscheiden. Darüber, wo neue Parkplätze für das Klinikum entstehen sollen. Seit Wochen herrscht darüber Streit. Jetzt erklärt die Klinikleitung, warum an einem Parkplatz auf einem benachbarten Maisfeld kein Weg mehr vorbei führt.

 
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Im Stadtrat zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, dass 255 neue Stellplätze auf der gegenüberliegenden Seite der Preuschwitzer Straße gebaut werden. Kritiker, darunter Stadträte von FDP, DU, Junges Bayreuth und Grünen, fürchten einen unnötigen Eingriff in die Natur und den Eintrag von Streusalz und Motoröl in das angrenzende Wasserschutzgebiet. Sie fordern, das Klinikum solle stattdessen ein Parkdeck auf den bestehenden Parkplatz aufsetzen. Das wiederum halten die Verantwortlichen im Klinikum für keine gute Idee und erklären auf Nachfrage des Kuriers auch warum.

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Da sei zunächst einmal die Sache mit dem Heizöl. Bastian Pausewang, der Technische Direktor von Klinikum und Krankenhaus Hohe Warte, spricht von Hunderttausenden Litern, die in Reservoirs unter dem Parkplatz lagerten. Ein alter Vorrat, den man zur Sicherheit halten wolle und den zu entfernen die Baukosten für ein Parkdeck deutlich erhöhen würden. Um wieviel ist nicht klar. Und dass die Tanks der Last eines Parkdecks standhalten, gilt als unwahrscheinlich.

Die Kosten für ein Parkdeck sind mehr als doppelt so hoch

Apropos Baukosten. Der Preis für 255 neue Parkplätze auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird auf etwas weniger als zwei Millionen Euro geschätzt. Dazu kommen allerdings weitere Kosten: für eine Schranke, Parkscheinautomaten und eine Ampel, die anzeigt, ob noch Parkplätze frei sind. Für ein Parkdeck auf dem bestehenden Parkplatz rechnet der Technische Direktor mit etwa 4,5 Millionen Euro. Dazu kämen künftige Kosten um das Parkdeck in Schuss zu halten. „Das bittere Erwachen kommt in zehn bis 15 Jahren mit dem ersten Rost“, sagt der Geschäftsführer der städtischen Kliniken, Joachim Haun.

Das Problem: Für den Bau von Parkplätzen bekomme ein Krankenhaus keinerlei Zuschüsse, sagt Haun. Folglich gebe es zwei Möglichkeiten: Erstens: Die Klinik bewirtschaftet den Parkplatz kostendeckend und verlangt fürs Parken genau so hohe Gebühren, wie Bau und Unterhalt kosten. Zweitens: Das Klinikum gibt Geld für den Parkplatz aus, das für die medizinische Versorgung der Patienten bestimmt ist. Letzteres schließt der Geschäftsführer aus und sagt: „Wir tauschen keine Krankenschwester gegen einen Parkplatz.“ Werde der Parkplatz dagegen über die Benutzungsgebühren finanziert, müssten die Preise so gestaltet werden, dass es sich auch jeder leisten könne, seine Angehörigen zu besuchen. Je günstiger der Bau daher aus falle, desto besser. Vergangene Woche lehnte wegen der Finanzierungsfrage bereits der Kreisausschuss einen Antrag des Mistelgauer Bürgermeisters Karl Lappe ab, der gefordert hatte, das Parken für die Dauer von vier Stunden kostenfrei zu halten. Am Freitag entscheidet noch einmal der Kreistag. Das Thema beschäftigt auch den Landkreis, weil er gemeinsam mit der Stadt das Krankenhaus betreibt.

Auch die Mitarbeiter sollen zahlen

Um die Gebühren möglichst gering zu halten, sollen künftig auch die etwa 1700 Mitarbeiter des Klinikums fürs Parken zur Kasse gebeten werden. Einen Wettbewerbsnachteil im Kampf um die besten Mitarbeiter sieht die Klinikleitung darin nicht. Ärzte und Pfleger müssten schließlich auch an den meisten umliegenden Krankenhäusern, mit Ausnahme von Pegnitz, Münchberg, dem Bezirkskrankenhaus und der Klinik Herzoghöhe, für einen Parkplatz bezahlen. Geplant ist, dass die Mitarbeiter aber für die Dauer ihrer Schicht nur 50 Cent bezahlen, dafür sollen sie auf den neuen, weiter entfernten Plätzen parken und die Stellplätze vor dem Haus den Patienten und Besuchern überlassen. Für die soll das Parken in der ersten halben Stunde kostenlos sein. Man habe ausgerechnet, dass das ausreiche, um in dieser Zeit von einem der hintersten Parkplätze auf eine Station und zurück zum Auto zu gehen, sagt Haun. Wer einem Patienten also nur die Zahnbürste oder Brille vorbei bringt, soll nichts zahlen müssen. Danach soll jede angefangene Stunde einen Euro kosten. Der Technische Direktor sagt, Mitarbeiter völlig von den Gebühren zu befreien, käme einem geldwerten Vorteil gleich und verursache erheblichen Verwaltungsaufwand. „Ganz zu schweigen davon, dass das ethisch und moralisch nicht vertretbar wäre“, sagt Geschäftsführer Haun. Dinge wie das Schneeräumen auf dem Parkplatz könnten nicht von dem Geld bezahlt werden, das man von den Krankenkassen für die Versorgung der Patienten bekomme.

Autos und Patienten werden breiter

Gegen ein Parkdeck spreche auch der Wunsch der Patienten und Besucher nach einem ebenerdigen Zugang. „Wir starten hier immerhin mit Adipositas-Chirurgie“, sagt Haun. Adipositas ist der medizinische Begriff für Fettleibigkeit. Weil außerdem auch die Fahrzeuge der Besucher immer breiter würden, sollen die bestehenden Parkplätze um jeweils 20 Zentimeter verbreitert und dadurch um 60 Plätze reduziert werden. Insgesamt entstünden also nur 195 Stellplätze mehr, während noch vor wenigen Wochen von 375 weiteren Plätzen die Rede war. Die Klinikleitung spricht davon, die Pläne deswegen stark reduziert zu haben, damit sich im Stadtrat überhaupt eine Mehrheit dafür finde. Immerhin dauere die Diskussion jetzt schon über ein Jahr.

Ein letzter Grund für einen Parkplatzbau auf der anderen Straßenseite: Während über den bestehenden Parkplatz ein Parkdeck gebaut werde, müssten die Besucher anderswo parken. Werde dafür eine Fläche aufgeschottert und später wieder zurückgebaut, verursache das mit rund 450 000 Euro zusätzliche Kosten, auf denen das Klinikum sitzen bleibe.

Das mit dem Bau eines vier Meter hohen Parkdecks die Genehmigung des Hubschrauberlandeplatzes in Gefahr sei, wie von Stadtbaureferentin Urte Kelm im Bauausschuss der Stadt behauptet, verneint der Technische Direktor allerdings. Erst ab einem weiteren Geschoss müsste mit dem Luftamt Nordbayern gesprochen werden. Auch dass ein Parkplatz auf der anderen Straßenseite ein großer Eingriff in die Natur sei, sieht die Klinikführung nicht. Seit etwa drei Jahrzehnten sei die Fläche in Plänen zur Bebauung vorgesehen. „Wir könnten dort auch eine Klinik bauen“, sagt der Technische Direktor. Stattdessen sei die Fläche an einen Bauern verpachtet der dort Mais anbaue und über den möglichen Nitrateintrag in das Grundwasser rege sich niemand auf. Auch von Flächenfraß könne keine Rede sein, weil das Regenwasser auf dem geplanten Parkplatz über eine Drainage versickern könne. Bei einem Parkdeck sei das nicht der Fall.

Um zu belegen, dass neue Parkplätze dringend nötig sind, hat das Klinikum Zahlen ermittelt. Weil sich an der Stellfläche seit Bau des Klinikums kaum etwas geändert habe, in dieser Zeit aber die Anzahl der Betten von 550 auf 700 gestiegen sei, sagt der Geschäftsführer. Und weil sich die Beschwerden mehrten. Mitarbeiter klagten über zerbeulte Autos und Patienten bewerteten die Klinik aufgrund der Parksituation zunehmend schlechter. „Wir machen 200 Millionen Euro Umsatz pro Jahr“, sagt Haun und fragt: „Wenn das nur um zehn Prozent einbricht, wie sollen wir das verkraften?“

Ab 9 Uhr dürfte eigentlich niemand mehr kommen

Untersuchungen im März dieses Jahres hätten ergeben, dass die Parkplätze an mehr als fünf Stunden pro Werktag um mehr als 100 Autos überbelegt seien. In Spitzenzeiten habe man auf den 754 Parkplätzen 879 Fahrzeuge gezählt. Und das schon um 9 Uhr morgens. „Da dürfte also kein einziger Patient oder Besucher mehr kommen“, sagt Haun. „Der Rest parkt daher die ganze Region zu.“ 70 Prozent der Mitarbeiter kämen schließlich mit dem Auto, das Klinikum liege nunmal auf einem Berg und künftig erwarte man 400 Medizinstudenten zusätzlich.

Von Berufspendlern, das habe eine Fahrgastzählung an der Bushaltestelle ergeben, werde der Platz aber nicht zugeparkt. Ein Park&Ride-Platz, wie er am Klinikum schon gefordert wurde, mache daher keinen Sinn. Das Klinikum, sagt Haun, sei einfach nur gewachsen.

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