Kabarett: Rolf und seine Freunde

Eschenbacher
"Alles ist primär": Kabarettist Rolf Miller schaut sich seine Sätze von den Fußballern ab. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Er ist der Mann mit dem „Dings“. Der mit den halben Sätzen und schiefen Pointen. Rolf Miller ist ein Wortverdreher und Stammler, der im Sitzen seine Hiebe verteilt. Die sind naturgemäß verbaler Natur, kommen untervermittelt und hinterrücks. Dabei lümmelt Rolf Miller breitbeinig in Jeans und schwarzem T-Shirt auf einem Stuhl. In der einen Hand das Mikrofon, die andere frei zum Gestikulieren. An den Minimalismus des 50-Jährigen muss man sich aber erst mal gewöhnen.

 
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Gleichwohl gilt er als das Markenzeichen des Kabarettisten, der vom Passauer Scharfrichterbeil über den Bayerischen Kabarettpreis bis zum Deutschen Kleinkunstpreis alles an hochkarätigen komödiantischen Auszeichnungen gewonnen hat. Eine Kostprobe seines Könnens gab Rolf Miller am Donnerstagabend in seinem zweistündigen Bühnenprogramm „Alles ist primär“ im voll besetzten Zentrum.

Schwätzen im badisch-fränkischen Dialekt

Die sparsame Art sich zu bewegen und sich auszudrücken, steht im Kontrast zu dem Redebedürfnis, das sein Bühnen Alter Ego auszeichnet. Denn das schwätzt unaufhörlich im badisch-fränkischen Dialekt, als säße es an einem Stammtisch - und hätte schon einige Biere intus. Allerdings hält die kleinbürgerliche Figur die Reden nur für sich, als endlose Monologe, in denen die Gedanken schweifen – und oftmals zu keinem Ende kommen. Mit dem Finger beschreibt er einen Halbkreis, wenn er das Gesagte unterstreichen will. Ab und an greift er zur (Wasser-)Flasche.

Einer von ganz unten

Dieser Mann, den Miller spielt, ist kein Siegertyp, sondern einer von ganz unten. Einer, der aus „sehr einfachen Dings kommt“ und der Geld, Frauen, Autos und Karibik für das wichtigste im Leben hält. Sich fein auszudrücken und zu benehmen, ist nicht sein Ding. Genauso wenig das seiner Freunde Achim, Jürgen und Murat und den Frauen aus der Clique, die nur „der Apparat“ und „Sirene“ genannt werden. Gleicht der Körper der einen einer „Biowaffe“, nicht die andere nur „als Gegengewicht zu einem Aufzug“ geeignet.

"Noch schlimmer wie sich's anhört"

Rolf Miller ist das Gegenteil von politisch korrekt. Wenn er Achims Witz „Was machst mit einem Hund ohne Beine? Um die Häuser ziehen!“ zum Besten gibt, dann lacht das Publikum, erst recht, wenn Miller ergänzt: „Tierschutzmäßig an der Grenze, aber es geht auch mit ’ner Katz’“. Seine mitunter derben Sätze sprudeln meistens unsauber hervor und er lässt sie gerne – „noch nie, nä, Ding, nä, also“ – im Nirwana enden. Ausländische Namen und englische Wörter bereiten dem Fußballfreund hörbar Probleme. Aus dem Vornamen Lionel Messi macht er „Leinöl“, aus ACDC wird „Azdaz. Dennoch hebt er immer wieder zu scheinbar scharfsinnigen Analysen an, zum Beispiel zu den Steuersündern beim FC Bayern, „noch schlimmer wie sich’s anhört“.

Die Gedanken beisammen halten, fällt schwer

Die tiefergründigen Überlegungen versickern aber doch schon im Ansatz und münden in: „Hä, jo, wie jetzt? Wos willste machen?“. Denn die Gedanken beisammen zu halten, fällt schwer. „Net, dass ich’s zamma bring’“, sagt er resigniert. Oder einfach: „Zack, Ding, fertig“, wenn er ein Fazit zieht. Über dürftige Scherze wie „Was macht ein Holländer bei der WM? Fernsehgucken!“ kann er sich mächtig amüsieren – und die Zuschauer gleich mit. Oder Bela Rethy, „der noch nie dasselbe Spiel gesehen hat wie ich“. Seine Art zu reden, schaute sich der nordbadische Westfranke, aufgewachsen in Walldürn, von seinen Fußballidolen ab. Wohl nach dem Motto: „Viel reden und nichts sagen“. Das ist zwar amüsant, aber mitunter anstrengend.

"Seit nix mehr läuft, sind wir glücklich"

Die Politik wird als Themenfeld größtenteils umschifft, es fallen lediglich Seitenhiebe wie in Richtung Nordkoreas Diktator Kim, „ein Gesicht wie ein Sprengkopf“, den türkischen Präsidenten Erdogan, die NSU und Snowden oder die deutsche Teilung. Achims Türsteherjob, Djanos Erfahrungen als Ex-Soldat und Jürgens Eheprobleme sind viel spannender. „Seit bei uns nix mehr läuft, sind wir glücklich. Viagra ist mir für Meine zu schade“, wird Jürgen zitiert. Die Welt, sie dreht sich vor allem um Fußball und das Privatleben der anderen. Oder darüber, „wie schö’ es früher war“. In den 80-er Jahren, mit ihren Fernsehsendungen „Der siebte Sinn“ und dem ewigen Herbstlaub, „Miami Vice“ und sein „schwules“ Ermittlerpaar oder „Das Boot“ mit Grönemeyer und Semmelrogge, „der Auto fährt wie Marco Reus“. Rolf Miller gibt den Proll, der sagt, was ihm in den Kopf kommt und dabei selbst nicht mehr mitkommt. „Man darf nicht alles glauben, was man denkt“, ist so ein Satz, der im Grunde ganz schön hintersinnig ist.

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