Jazz: Jilman Zilman ganz unkonventionell

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Zwei Altsaxophonisten in einer Band: Johannes Ludwig und Christof Bossert im Becher-Saal. Foto: Udo Bartsch Foto: red

Zwei Saxophone schreien, der Kontrabass rast und aus dem Flügel grollen dunkle Akkorde. Mit brachialer Wucht beginnt der Jazz-Abend im Becher-Saal. Auf der Bühne steht die Band Jilman Zilman mit Simon Nabatov an den Tasten. Heiß, heißer, am Siedepunkt: Gleich nach dem ersten Stück fließt der Schweiß. Die Saxer legen ihre Sakkos ab.

 
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Seit nun acht Jahren spielt das Quartett um den Schlagzeuger Tilman Herpichböhm aus Augsburg zusammen. Die energiegeladene, teils frei improvisiert wirkende Musik mit abrupten Wechseln kommt gut an. Die Preise blieben in den vergangenen Jahren nicht aus. 2013 war Jilman Zilman für den neuen deutschen Jazzpreis nominiert. Ein Jahr später folgte der zweite Platz beim internationalen Jazzwettbewerbs in Burghausen. Im gleichen Jahr erhielt die Band den Preis der Landesarbeitsgemeinschaft Jazz in Bayern.

Zwei Altsaxophone auf der Bühne

Markenzeichen sind zwei Altsaxophone, gespielt von Johannes Ludwig und Christof Bossert aus Köln. Sie klingen im einen Moment genau gleich und im nächsten Augenblick wiederum ganz unterschiedlich. Da fließen die Melodien manchmal beschaulich parallel, kreuzen sich und münden plötzlich in heftige Ausbrüche.

Auf dem Programm stehen ausschließlich Eigenkompositionen mit oft komisch anmutenden Titeln. Da gibt es Dresdener Kaffee, Nachtschnaps und Synthetikscheiß. Schlagzeuger und Bandleader Tilman Herpichböhm stimmt das Publikum mit feinsinnigem Humor auf die kommenden Titel ein. So weiß jeder, wie alles gemeint ist. Das macht die assoziativen, nicht ganz leicht zugänglichen Stücke auch nachvollziehbar.

Der fünfte Mann

In den vergangenen Jahren gab es beim Basisquartett Jilman Zilman stets einen fünften Mann. Zunächst setzte der Gitarrist Jesse von Ruller aus den Niederlanden Akzente. Seit zwei Jahren tourt das Quartett mit Simon Nabatov am Flügel. Er ist ein Musiker aus der Avantgarde, der ein großes Publikum für einen Abend auch ganz allein fesseln kann. Und er hat einen Sinn für Schönheit, wenn nicht gerade Rebellion angesagt ist.

Meister der Avantgarde

So flogen Nabatovs  Hände über die Tasten. Er spielte klein verschachtelte Läufe, hämmerte Cluster mit der flachen Hand und ließ die Töne perlen. Nabatovs Spielkunst kennt keine Grenzen. Das hat der ebenfalls in Köln lebende Pianist in Bayreuth schon öfter gezeigt. Bei Jilman Zilman am Freitag nahm sich der Meister schon etwas zurück. Zuweilen schaute er interessiert, vielleicht auch ungeduldig nach dem, was die Jungschar zu seiner Rechten so trieb.

Augenzwinkernd schräg

Nabatov und Jilman Zilman machen einen erfrischend unkonventionellen Jazz. Teils vergnüglich munter, teils augenzwinkernd und persiflierend schräg. So kann Ironie klingen. Ja, das kann man sagen: Die Band rockte den Becher-Saal. In den Zeiten, in denen der stagnierende Jazz kaum Neues hervorbringt, ein doch beachtenswertes Konzept

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