Iran-Sanktionen treffen Wirtschaft kaum

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Nach der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA droht die Wiederbelebung der deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen zu scheitern. Oberfränkische Unternehmen sind im Iran nur vereinzelt präsent. „Die Zahl ist überschaubar“, sagt Sara Franke, Bereichsleiterin International bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken in Bayreuth auf Anfrage unserer Zeitung. 

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Nach unseren Informationen sind etwa 15 Mitgliedsunternehmen der IHK für Oberfranken Bayreuth vor Ort aktiv“, erklärt sie. Das staatlich geführte Unternehmen Iran Khodro („Iran Auto“) produziere in Lizenz Lkw und Pkw verschiedener europäischer Hersteller. Es könne also sein, dass Bauteile aus Oberfranken indirekt ihren Weg in den Iran finden. Angesichts der momentan unübersichtlichen Situation würden sich die betroffenen Unternehmen derzeit bedeckt halten. Und um welche Produkte geht es? Vor allem um Maschinen, elektrotechnische Produkte und Bauteile für Autos. 

Höhepunkt in den 70er Jahren

Nach Angaben von Franke war der Iran Anfang der 1970er-Jahre für Deutschland nach den USA der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas. Aktuell sei der Iran auf Rang 50 bei den wichtigsten Handelspartnern zurückgefallen. Bei den bayerischen Außenhandelspartnern liege der Iran auf Rang 51, direkt hinter Vietnam und Litauen. Man müsse sich dabei aber vor Augen halten, dass in Litauen rund 2,9 Millionen Menschen leben, im Iran aber 80 Millionen.

Bayerische Unternehmen exportierten 2017 Waren im Wert von 355,8 Millionen Euro in den Iran, umgekehrt flossen Waren im Wert von 119,4 Millionen Euro nach Deutschland. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum lag die Höhe der Exporte in die USA bei 21,5 Milliarden Euro. Zahlen über das oberfränkisch-iranische Handelsvolumen gibt es nicht. Die bayerische Wirtschaft exportiert also 60 Mal so viel in die USA, wie in den Iran.

Deshalb sei es unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen seine Handelsbeziehungen zu den USA zugunsten des Irans aufs Spiel setzen wird, erklärt die IHK. Franke weiter: „Aus dem Iran hören wir, dass die Geschäfte bereits vor der Aufkündigung des Atomabkommens rückläufig waren, es fehlt im Iran einfach das Geld, um ausländische Produkte zu kaufen.“ Ohne Frage sei aber der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen ein schwerer Rückschlag für die Handelsbeziehungen mit dem Iran.

Hochrisikoland

Leider stehe noch viel mehr auf dem Spiel, etwa die fragile Stabilität einer ganzen Region. Aber nicht nur der US-Ausstieg aus dem Atomabkommen sei ein Problem. Hinzu komme, dass der Iran nicht der FATF angehört, der Financial Action Task Force, einer internationalen Einrichtung zur Bekämpfung der Geldwäsche. Dort gelte der Iran als „nicht kooperierendes Hochrisikoland“, was Geschäfte mit dem Ausland schwierig mache. „Ursache dafür, dass der Iran kein Mitglied ist, dürften die Geldströme in Richtung Hamas und Hisbollah sein.“ 

Die IHK zu Coburg teilt auf Nachfrage unserer Zeitung mit, nach dem Ende der Sanktionen der USA und der EU gegen den Iran seien die Hoffnungen der Coburger Unternehmen zunächst groß gewesen, an frühere Geschäftskontakte anzuknüpfen. „Der Iran ist ein attraktiver Investitions- und Exportmarkt, insbesondere für unsere Betriebe aus den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Automotive, Elektrotechnik, Kunststoffindustrie, Medizintechnik sowie Konsumgüter.“

Die bayerischen Exporte in den Iran hätten 2017 zugenommen, „aber man muss auch festhalten, dass die geschäftlichen Erwartungen deutlich größer waren als die tatsächlich realisierten Geschäfte“. Ein Grund dafür sei das Fehlen eines barrierefreien Zahlungsverkehrs. „Dies hielt viele Unternehmen davon ab, in das Iran-Geschäft zu investieren.“ Auch das strenge deutsche Außenwirtschaftsgesetz hat viele Unternehmen davon abgehalten, ihre Geschäfte in den Iran auszuweiten.

Bayern bedauert

Die Wirtschaft im Freistaat bedauert die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch die Vereinigten Staaten, erklärt der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK). Seit die Sanktionen gegenüber dem Land am Persischen Golf im Januar 2016 gelockert wurden, haben allein die bayerischen Exporte laut BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen 2017 um 29 Prozent zugenommen. „Geschäftsbeziehungen brauchen friedliche und sichere Rahmenbedingungen. Das Potenzial des Irans als Markt für die bayerische Wirtschaft steht und fällt deshalb mit dem Abkommen“, sagt Driessen.

Mittelständler und Großunternehmen aus dem Freistaat haben die Chance genutzt und ihre Investitionen und Geschäftsbeziehungen umfassend ausgebaut. „Wir befürchten, dass nun neue Sanktionen der USA dieses Engagement wieder zunichtemachen. Entscheidend ist, welche Art von Sanktionen verhängt werden, insbesondere inwiefern die Banken und damit auch die Finanzbeziehungen der Unternehmen betroffen sein werden“, sagt Driessen. Irans Wirtschaft ist 2017 um vier Prozent gewachsen. „Langfristig könnte für bayerische Betriebe ein Milliardengeschäft entstehen, vor allem im Anlagenbau, der chemischen Industrie und in der Automobilbranche.“ 

Für DIHK-Präsident Eric Schweitzer ist klar: „Die jüngste Entscheidung des US-Präsidenten, die Iransanktionen wiederzubeleben, trifft die deutsche Wirtschaft hart.“ Die im Irangeschäft wieder zahlreich engagierten deutschen Unternehmen seien zutiefst verunsichert. Auf Basis der seit Anfang 2016 aufgehobenen Wirtschaftssanktionen seien viele neue Geschäftsbeziehungen entstanden sowie Lieferungen erbracht und verabredet worden.

Enormer Vorbehalt

Der deutsche Export in den Iran habe im vergangenen Jahr um 16 Prozent zugelegt. Das einseitige Agieren der US-Regierung stelle diese Geschäfte nun unter einen enormen Vorbehalt. Schweitzer: „Es sind die USA, die aus dem Abkommen mit dem Iran aussteigen und damit ein internationales Abkommen verlassen. Das hierunter nun auch die Aktivitäten deutscher Unternehmen leiden sollen, ist nicht nachvollziehbar.