In Gummistiefeln durch das fränkische Watt

Von Tamara Pohl
Was an eine Aufnahme vom Hafenort Büsum erinnert, ist in Wahrheit ein Blick über den Weißenstädter See: Weil der gerade abgelassen wird, kann man hindurchspazieren. Foto: Michael von Hohenberg Foto: red

Den Blaualgen im Weißenstädter See geht es an den Kragen. Und das auf einfachste Weise: man entzieht ihnen die Lebensgrundlage. Oder anders gesagt: Man gräbt ihnen das Wasser ab. Der Weißenstädter läuft aus, wird abgelassen. Der Vergleich mit einer Wattwanderung an der Nordsee liegt nicht fern.

 
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Der Weißenstädter See gehört mit seinen fast 50 Hektar zu den größten Gewässern des Fichtelgebirges. Wobei man zurzeit kaum von Gewässer sprechen kann: Besucher blicken im Moment auf eine Wattlandschaft. „Noch ist er nicht ganz leer, aber bald“, sagt Bürgermeister Frank Dreyer.

Selten wird der See komplett abgelassen, zuletzt 2003, davor 1991. Heuer ist der Anlass ein kleines Bakterium, das unter dem Namen Blaualge bekannt ist. „Seit zwei Jahren haben wir im Sommer Probleme damit“, schildert der Bürgermeister. Im August 2015 und im Juni 2016 hatten Mitarbeiter des Fachbereichs Gesundheitswesen vom Wunsiedler Landratsamt bei der Überprüfung der Gewässerqualität die Cyanobakterien nachgewiesen. Weil diese kleinen Lebewesen Gifte produzieren, die zu Hautreizungen, Bindehautentzündung oder Durchfällen führen können, mussten Badegäste besonders aufpassen.

Zu viele Nährstoffe im Wasser

Damit steht Weißenstadt aber nicht alleine da: Cyanobakterien gedeihen in Gewässern weltweit wieder prächtig. Schuld sind oft zu viele Nährstoffe im Wasser – und die Erderwärmung. Viele Gemeinden kämpfen gegen die blaugrünen Teppiche in ihren Badeseen. Allerdings: Cyanobakterien gibt es schon seit dreieinhalb Milliarden, sie haben Eiszeiten, Artensterben und Meteoriteneinschläge überstanden. Der Kampf ist entsprechend schwierig.

Eine mögliche Ursache für das Wohl der Blaualgen kann auch der Fischbestand sein. Sogenannte Friedfische lassen sich die Fressfeinde der Blaualgen schmecken, das Zooplankton. So nennt man verschiedene Einzeller, Pfeilwürmer, Larven und mehr, die sich unter anderem an den Algen und Bakterien im Gewässer gütlich tun. Raubfische wiederum jagen die Friedfische, und je weniger Karpfen, Rotfedern oder Barben unterwegs sind, desto mehr Zooplankton rückt den Blaualgen zu Leibe. Deshalb lohnt sich in Seen auch der Blick auf die Zusammensetzung des Fischbestands.

Fische ziehen in andere Gewässer

„Wir möchten den Besatz gerne entsprechend ändern“, sagt Dreyer. Zusammen mit dem Fischereiverein und Experten sollen die Fische aus dem See geholt und auf andere Gewässer des Vereins verteilt werden. „Das muss so fischgerecht wie möglich laufen“, sagt Dreyer, der die Bedenken von Tierschützern ernst nimmt.

Außerdem erhoffen sich die für den See Verantwortlichen, dass die Blaualgen weniger werden, wenn die Sedimente am Grund des Sees ordentlich Frost erwischen. Damit der Schlamm richtig durchfrieren kann, muss der See über den Winter leer bleiben. „Erst im Frühjahr 2017 werden wir ihn wieder anstauen.“

Dass die Gäste des eben erst eröffneten „Siebenquell Gesundzeitresorts“ jetzt Matsch statt des malerischen Sees vor der Tür haben, ist Dreyer bewusst. „Das geht ja auch den Gästen des schon länger bestehenden Kurzentrums so. Sicher, für uns Weißenstädter ist das mal ganz interessant, den See so zu sehen. Für unsere Besucher ist es nicht so schön.“

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