Justizministerin Barley eigentlich gegen Artikel 13
Julia Reda von den Piraten führt den Widerstand im EU-Parlament an. „Getragen wird der Protest von der Generation, die diese Plattformen aktiv nutzt und im Internet nicht nur konsumiert“, sagt sie. Und die SPD-Europaabgeordnete Martina Werner sagt: „Die jungen Leute, die mit YouTube groß geworden sind, die sind auf hundert. Und die, die nicht mit YouTube groß geworden sind, kriegen das gar nicht mit.“
In Deutschland ist der Konflikt aber auch in der Bundespolitik angekommen - und hat zum Konflikt innerhalb der Regierung geführt. Justizministerin Katarina Barley ist eigentlich gegen Artikel 13, ebenso Digital-Staatssekretärin Dorothee Bär. Durchsetzen konnten sie sich nicht, Deutschland stimmte dem Kompromiss kürzlich zu. Dabei lehnt auch der Koalitionsvertrag den verpflichtenden Einsatz von Upload-Filtern als „unverhältnismäßig“ ab.
Befürtworter: Artikel 13 verbessert die Bedingungen für Kreativ- und Medienschaffende
Auch Juso-Chef Kevin Kühnert ist gegen die Reform in ihrer jetzigen Form, ebenso Netzpolitiker der Union. CDU-Politiker Axel Voss, der den Kompromiss mit den EU-Staaten ausgehandelt hat, erwehrt sich aller Kritik. Er sagt, die Reform schaffe „erstmals Rechtssicherheit für private User, die Musik oder Videos ins Internet stellen“. Die Plattformen müssten dafür sorgen, dass sie Lizenzen für Inhalte auf ihren Seiten haben. Mit Filtern habe das nichts zu tun.
Etliche Verbände, die nach eigenen Angaben hunderttausend Künstler, Kreative und Journalisten sowie Tausende Unternehmen in Deutschland vertreten, springen ihm zur Seite. Sie sagen: „Die Richtlinie verbessert die Bedingungen für Kreativ- und Medienschaffende und die Kulturwirtschaft in ganz Europa erheblich.“ Unter anderem die Gema, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Musikverleger-Verband fordern ein „Ja zur EU-Urheberrechtsrichtlinie“.
Artikel 13 wird Thema im Europawahlkampf
Mittlerweile wird mit dem Urheberrecht auch Wahlkampf gemacht - schließlich wird Ende Mai ein neues Europaparlament gewählt. Die Kampagne „Pledge“ (Deutsch: Versprechen) kündigt an: „Wir werden nur Politiker*innen wählen, die gegen Artikel 13 stimmen.“ Am Donnerstag hatten bereits 66 Abgeordnete ihr Versprechen abgegeben - von ihnen kamen 31 aus Deutschland.
Die Kampagne zielt auf eine Abstimmung im Europaparlament Ende März ab, in die die Gegner der Reform all ihre Hoffnung setzen. Denn die Parlamentarier müssen dem Kompromiss noch zustimmen - können die Reform also noch stoppen. „Das ist eine große Chance für das Europaparlament zu zeigen, dass es die Vertretung der Bürgerinnen und Bürger ist und auf deren Sorgen hört“, sagt Reda. Sie hat ihre Zusage natürlich längst auf „Pledge“ gemacht.
Neumann vom CCC hält die Chancen für eine Last-Minute-Wende allerdings für gering: „Wenn eine äußerst dumme Idee entgegen aller Expertise, entgegen aller Beratung, entgegen aller Kompetenz so weit gekommen ist - dann ist es nur noch eine Frage des Glücks, wenn hier noch einmal technischer Sachverstand und demokratisches Augenmaß Einzug erhalten.“