HWK will Millionen investieren

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Berufsmessen sind ein Mittel, mit denen Jugendliche von einer Ausbildung im Handwerk überzeugt werden sollen. Archivfoto: Ronald Wittek Foto: red

Dass es dem Handwerk in Oberfranken gut geht, zeigen die regelmäßigen Konjunkturumfragen. Dennoch gibt es genügend Herausforderungen. Auch für die Handwerkskammer selber, die in den kommenden zehn Jahren einen ordentlichen zweistelligen Millionenbetrag investieren will - und dafür jetzt Rücklagen bildet.

 
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31,7 Millionen Euro betrug im vergangenen Jahr das Haushaltsvolumen der Handwerkskammer (HWK) für Oberfranken. Als Ergebnis blieben rund 1,6 Millionen Euro übrig, von denen wiederum eine gute Million in die Rücklagen flossen. Die umfassen jetzt 4,3 Millionen Euro, bei etwa einer Million Euro Verbindlichkeiten. Die Schlussfolgerung von Hauptgeschäftsführer Thomas Koller auf der Vollversammlung: Die Kammer ist mit ihrem Konsolidierungskurs auf einem guten Weg, muss diesen aber konsequent weiter verfolgen. Denn in den kommenden zehn Jahren stehen enorme Investitionen in die Berufs- und Technologiezentren (BTZ) der Kammer an. Deshalb müssten in diesem Zeitraum zweckgebundene Rücklagen von insgesamt 14 Millionen Euro aufgebaut werden. Zusammen mit öffentlichen Zuschüssen und Fördermitteln handle es sich aber um Investitionen in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro bis 2027, sagte Koller auf Nachfrage unserer Zeitung. Konkreter könne er erst gegen Jahresende werden, aber ein erster Schwerpunkt werde das BTZ in Hof sein, dann kämen die Einrichtungen im Westen Oberfrankens dran.

Digitales Kompetenzzentrum an der Kapazitätsgrenze

Unabhängig davon ist ab kommendem Jahr ein Ausbau des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk in Bayreuth geplant, das bekanntlich eines von nur vier seiner Art in Deutschland und für den gesamten süddeutschen Raum zuständig ist. Der Grund dafür, in den kommenden fünf Jahren rund drei Millionen Euro in die Hand zu nehmen, ist laut HWK-Präsident Thomas Zimmer der durchschlagende Erfolg der Einrichtung. Rund 15 Monate nach dem Start des Projekts und mit mehr als 2500 Teilnehmern im ersten Jahr sei man schon jetzt an der Kapazitätsgrenze angekommen. Die Zukunft sei ein offenes digitales Innovations- und Anwenderzentum, "in das jeder Ideen einbringen und aus dem jeder Lösungen mitnehmen kann", so Zimmer.

Mitarbeiter schulen

Das sei umso wichtiger, als gerade die zunehmende Digitalisierung die Handwerksbetriebe vor große Herausforderungen stelle. Dabei müssten alle Möglichkeiten genutzt und auch mal umgedacht werden. So könnten Auszubildende ihr in der Berufsschule erworbenes Wissen an den Chef und die älteren Kollegen weitervermitteln. Außerdem, so der Appell aus der Vollversammlung an die Mitgliedsbetriebe, müssten die Mitarbeiter regelmäßig zu Schulungen geschickt und in entsprechende Technik investiert werden. Wer die Digitalisierung verschlafe, werde das Nachsehen haben.

Fachkräftelücke

Momentan jedenfalls geht es dem Handwerk in der Region gut. Die jüngste Konjunkturumfrage habe bei Zufriedenheit (87 Prozent) und Kapazitätsauslastung (74 Prozent) Rekordwerte für ein erstes Quartal ergeben, sagte Zimmer. Doch obwohl es 2016 erstmals seit zehn Jahren wieder einen Anstieg der abgeschlossenen Lehrverträge gegeben habe, seien viele Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben. Vor allem bei den Lebensmittelhandwerkern, aber auch auf dem Bau oder im Kfz-Gewerbe. Mittlerweile betrage die Fachkräftelücke in Oberfranken rund 16 000 Mitarbeiter, davon etwa 5000 im Handwerk. Zimmer wandte sich in dem Zusammenhang nochmals gegen den zunehmenden Akademisierungswahn, denn bei den in der Region zu besetzenden Stellen handle es sich um 15 000 für beruflich qualifizierte Facharbeiter und nur 1000 Akademiker.

Wachstumsbremse

Die hohe Studienneigung entwickle sich zunehmend zu einer Wachstumsbremse für die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Oberfranken, sagte Zimmer. Als eine Gegenmaßnahme müssten die großen Chancen der beruflichen Bildung noch mehr im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden. Zugleich sei es ein Unding, dass der Hochschulpakt für die Jahre 2007 bis 2023 mit rund 40 Milliarden Euro ausgestattet sei, in die berufliche Bildung aber nur ein Bruchteil dieser Summe fließe.

Die HWK-Jahresrechnung 2016

 

  • Das Haushaltsvolumen der Handwerkskammer für Oberfranken betrug 2016 knapp 32 Millionen Euro - gut 29 Millionen Euro entfielen laut Hauptgeschäftsführer Thomas Koller auf den Verwaltungshaushalt. 2,7 Millionen betrug der Vermögenshaushalt, die Summe wurde also investiert.

 

 

  • Die Einnahmen der Kammer kamen vor allem aus drei Quellen: 47 Prozent waren Kursgebühren, zwölf Prozent zweckgebundene Zuschüsse und 36 Prozent Kammerbeiträge.

 

 

  • 86 Prozent der Ausgaben (ohne Investitionen) entfielen auf den Dienstleistungssektor mit beruflicher Bildung, Beratung der Unternehmen und Handwerksförderung, der Rest floss in die klassische Kammerverwaltung.

 

 

  • In den Berufsbildungs- und Technologiezentren der HWK fanden 1209 Kurse mit rund 14 700 Teilnehmern und 1,28 Millionen Teilnehmerstunden statt. Den Löwenanteil machten Meisterkurse (39 Prozent) und die überbetriebliche Schulung von Auszubildenden (35 Prozent) aus.

 

Goldene Ehrennadel für Gerald Nicklas

Eine seltene Ehrung gab es bei der Vollversammlung der Handwerkskammer (HWK) für Gerald Nicklas (Zweiter von rechts mit seiner Frau Anneliese). HWK-Präsident Thomas Zimmer (rechts) und Hauptgeschäftsführer Thomas Koller (links) würdigten den bisherigen Oberfranken-Vorsitzenden der IG Bauen-Agrar-Umwelt, der für die Gewerkschaft auch wichtige Funktionen bis auf die Bundesebene bekleidete, für sein Engagement in der Kammer. Nicklas, der jetzt in den Ruhestand geht, saß 13 Jahre für die Areitnehmerseite in der HWK-Vollversammlung und gehörte dem HWK-Vorstand an. In den Vorstand rückt für ihn Vollversammlungsmitglied Jürgen Opel aus Wilhelmsthal (Landkreis Kronach) nach, der bei der Firma Trautner Bau in Bayreuth beschäftigt ist. sts/Foto: HWK/Stefan Dörfler

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