Hüttel von WM-Erfolgen begeistert

Von Peter Perzl
Kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus: Die WM-Erfolge der Kombinierer und Skispringer machen dem Sportlichen Leiter des Skiverbandes, Horst Hüttel aus Wunsiedel, große Freude. Foto: Imago/Archiv Foto: red

Horst Hüttel musste sich in diesen Tagen in Lahti einige Male kneifen. Dann stellt der Wunsiedler fest: Ja, es geht alles mit rechten Dingen zu. Acht Medaillen haben die nordischen Skisportler zur Halbzeit der Ski-WM in Finnland eingefahren, davon vier goldene – und allesamt fallen in den Zuständigkeitsbereich des Sportlichen Leiters im Deutschen Skiverband (DSV).

 
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Skisprung Damen und Herren sowie Nordische Kombination – das Soll von sechs- bis acht Medaillen war bereits am ersten WM-Wochenende erfüllt. „Unglaublich“ sagt Hüttel. Trotzdem ist er etwas traurig. „Denn keinen der Goldtriumphe konnte ich mitfeiern, das ist schon sehr schade.“ Vor allem die Kombinierer, die als erste Nation die Plätze eins bis vier bei einer WM holten, hätte er gerne mit hochleben lassen. „Aber ich bin eben für drei Sparten zuständig, muss darum ständig vor Ort und hellwach sein“, erklärt der 48-Jährige. So eilt er von einem Wettkampf und einer Besprechung zur nächsten. Bereits eineinhalb Stunden nach der Kombination stand der Mixed-Wettbewerb der Skispringer auf dem Plan. Auch dort fieberte er an der Schanze mit seinen Athleten mit.

Hüttel ist für das Organisatorische rund um die Teams zuständig und nominiert in Absprache mit den Trainern auch die Athleten. Entscheidungen, die ihm nicht immer leicht fallen, komme es dabei doch viel auf Takt- und Feingefühl an. „Es fällt mir schwer, Athleten aussortieren zu müssen“, sagt Hüttel. Aber es gehört dazu, auch am Mittwoch, wenn der nächste Wettbewerb in der Nordischen Kombination ansteht. Erneut sind die Deutschen die Topfavoriten.

Viele kleine Beiträge zum Erfolg im Hintergrund

Die gewonnen Medaillen bewertet Hüttel relativ nüchtern auch als „Bestätigung für die harte und aufwendige Arbeit aller Verantwortlichen hinter den Athleten“. Die eine Erklärung dafür gebe es aber nicht. Vielmehr seien es viele Kleinigkeiten, die zusammen das große Ganze ermöglichten. „Was für den einen gut ist, muss es für den anderen noch lange nicht sein“, sagt Hüttel. Das mache es auch für die Trainer extrem schwierig. Der Wunsiedler spricht vom „persönlichen Setup und speziellen Details“ und nennt Beispiele, mit denen man sich den kleinen, aber entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz herausarbeite: Ob es der spezielle, aufwendig in Tests erarbeitete Schliff der Sprungskier exakt für die Anlaufspur in Lahti ist oder der bis zu 2000 Euro teure Umbau der Sprungschuhe.

Auch das Wissenschaftsgremium, das von ihm seit der WM vor vier Jahren im italienischen Predazzo ins Leben gerufen wurde, trägt zum Erfolg bei. Intensiv ist auch die Arbeit und Forschung im Konditions- und Kraftbereich sowie die Zusammenarbeit mit Trainingswissenschaftlern. „Ein Skispringer braucht Power und Energie, muss aber leicht bleiben“, erklärt Hüttel. Besonders stolz macht den Fichtelgebirgler, dass von dem Know-how alle Sportler in seinem Zuständigkeitsbereich profitierten. Zugriff haben auch die Langläufer, denen allerdings bei der WM weniger Erfolg beschieden ist. „Die sind leider bislang leer ausgegangen, und es machen sich da schon ein bisschen Tristesse und Unmut breit“, verrät Hüttel, „obwohl die genauso hart arbeiten wie wir.“

Medaillen gab es bisher nur für die deutschen Spezialspringer und Kombinierer. Und die bronzene von Markus Eisenbichler hat den Wunsiedler bislang am meisten überrascht: „Der Markus ist eher einer für die Großschanze, und dann lässt der solch blitzsaubere Sprünge raus.“ Dass er dann im Mixed-Wettbewerb auch noch als drittbester Punktespringer aller Teilnehmer auftrumpfte, war die nächste Überraschung. Auch die Goldmedaille von Carina Vogt hat Horst Hüttel mächtig beeindruckt: „Unglaublich, ihre mentale Stärke.“ Vogts Mutter habe ihm am Abend des Triumphes erzählt, dass ihre Tochter schon immer da sei, wenn es drauf ankommt. „Sie liebt den Druck“, sagt Hüttel. „Schon vor großen Prüfungen in der Schule, als alle anderen nervös wurden, ist sie immer cool geblieben.“

"Lange und innige Zusammenarbeit" mit Kircheisen

Und dann ist da ja noch die Goldmedaille von Kombinierer Björn Kircheisen im Team-Wettbewerb. „Uns verbindet eine lange innige Zusammenarbeit.“ Als Hüttel Ende der 90er-Jahre als U-16-Trainer im DSV begann, war der heute 33-Jährige aus dem Erzgebirge einer seiner ersten und talentiertesten Athleten. Und mit dem Erfolg am Sonntag schwang dieser sich zum erfolgreichsten Medaillensammler (12) der Kombinierer in der WM-Geschichte auf. „Es war schon sehr ergreifend, als er sich später am Sonntag bei mir bedankt hat, dass ich immer an ihm festgehalten habe, auch in schlechten Zeiten, als es mal nicht so lief.“ Hüttel war gerührt und beeindruckt. „Björn hat im vergangenen Jahr alles in Frage gestellt, ganz individuell trainiert und dazu beide Skimarken gewechselt.“ Der Erfolg gibt ihm recht.

Auch für Damen-Bundestrainer Andreas Bauer freut sich Hüttel besonders: „Von ihm ist eine große Last gefallen, denn er hat ein schweres Jahr hinter sich, in dem es nicht lief.“ Am Sonntagmorgen brachen Hüttel und Bauer zu einer einstündigen Langlauf-Runde rund ums Teamhotel auf. Für so einen Stressabbau auf sportliche Art bleibe viel zu wenig Zeit, aber umso mehr habe er unglaublich gut getan. Genauso wie die kleine Feier am Sonntagabend. Gemeinsam mit den Österreicherinnen und den Japanerinnen begossen die deutschen Skisprung-Frauen, die am Dienstag bereits aus Lahti abgereist sind, ihren Erfolg in einer Live-Musik-Bar.

Und es soll nicht die letzte Feier gewesen sein. Vier Wettbewerbe – je zwei im Einzel und im Team – stehen für Kombinierer und Skispringer noch auf dem Plan. Druck verspüren sie keinen mehr. „Was jetzt noch kommt, ist Zugabe“, sagt Horst Hüttel.

Keine gesundheitlichen Probleme

Ein weiterer Fichtelgebirgler hat Anteil an den deutschen Erfolgen: Mannschaftsarzt Stefan Pecher aus Fichtelberg. Er achtete auch speziell auf Verpflegung und Ernährung der Sportler. „Prävention ist alles“, lautet seine Maxime. Zumal man sich in einem Hotel- und Appartement-Komplex, in dem 1200 Sportler und Funktionäre aus zwölf Nationen untergebracht sind, schnell einen Infekt oder Keim einhandeln kann. „Bislang hatte nur Fabian Rießle den Anflug einer Erkältung, aber unser Doc hat es geschafft, dass nach zwei Tagen alles vorüber war“, lobte der sportliche Leiter Horst Hüttel. Da hätten andere Nationen schon deutlich mehr Probleme.