Hochschul-Gruppe Enactus hilft Suchtkranken, armen Kindern oder Flüchtlingen Ideen, die die Welt besser machen

Von Susanne Will
Das sind die Studenten und Studentinnen, die für Enactus Projekte entwickeln. Foto: privat Foto: red

Die Welt verbessern und daran auch verdienen, das hat sich die Hochschulgruppe Enactus zur Aufgabe gemacht. Hinter dem globalen Netzwerk stehen Studenten, auch in Bayreuth. An der Bayreuther Uni haben nun junge Leute sieben Projekte vorgestellt, die die Welt mithilfe von sozialen Unternehmen menschlicher machen könnten. Manche von ihnen stecken in den Kinderschuhen, andere brauchen eine Finanzspritze - und eines wird im Februar umgesetzt.

 
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Die Comebacker (sprich Komm-Bäcker): Isabelle Zundel, Arian Ajiri, Rosa Neri, Reyhan Akkus, Elena Sänger, Max Dichtl und Alexandra Gerken stehen hinter der Idee, trockene Alkoholiker zum einen wieder in die Gesellschaft zu integrieren und ihnen zum anderen einen Job zu geben. Die Gruppe hat recherchiert, dass es in Deutschland derzeit 5,7 Millionen Suchtkranke gibt, alleine in Bayreuth werden momentan 659 in Therapie behandelt. Wer als Alkoholkranker in einer Klinik landet, muss auch als Genesener nach der Therapie mit Arbeitsplatzverlust, Armut und daraus folgend sozialer Isolierung rechnen. Wohl auch deshalb ist die Rückfallquote mit 33 Prozent sehr hoch. Die Frage war: Wie kann diese Zahl gesenkt werden? Die Antwort der Studenten: Trockene Alkoholiker brauchen eine Arbeit, eine Umgebung, in der sie sich ohne Scham bewegen können und das am besten mit anderen Betroffenen zusammen. Eine Erhebung der Studenten hat ergeben, dass in Bayreuth ein Café für Familien fehlt. Eines, in dem gespielt werden kann – und in dem natürlich kein Alkohol ausgeschenkt wird. Unter der Trägerschaft eines gemeinnützigen Verbandes könnte so das Café Comebacker entstehen. Die Studenten: „Wir suchen noch einen festen Träger für die Finanzierung und kümmern uns jetzt um Fördermittel.“

Upcycling Plastic: Indischer Plastikmüll soll so recycelt werden, dass daraus Neues entsteht – beispielsweise Krücken für Gehbehinderte. Robert Viotto, Vicki Hühnewald, Lovis Engel, Amelie Völker und Jonas Fries wollen ein Unternehmen in Indien gründen. Dort gibt es Millionen von gehbehinderten Kindern – und nur zehn Prozent ihrer Eltern können sich die im Vergleich teuren Krücken leisten. Eine Krücke kostet in Indien etwa 15 Dollar. In Indien leben 276 Millionen Menschen von weniger als 1,90 Dollar am Tag. Ziel ist, zusammen mit armen Müllsammlern in Indien zu arbeiten. Aus dem Plastik kann der Kunststoff für 3D-Drucker gewonnen werden – der soll für 20 Dollar verkauft werden und dient so der Querfinanzierung für günstige Krücken. Die wollen die Studenten in Indien für fünf US-Dollar anbieten. Auch die Müllmänner könnten profitieren: Sie würden eine höheren Stundenlohn als jetzt erhalten.

Kreative Werkstatt: Swetlana Sartison, Daniel Spatz, Hoai Giang Le Thi und  Oliver Ciepalek wollen Altkleider recyceln. Die Arbeit soll von Flüchtlingen gemacht werden, die so mit Second Hand mehr Integration erreichen: „Der Staat hilft den Flüchtlingen bereits, aber das reicht nicht“, meinen die vier. Um der hohen Arbeitslosigkeit von Flüchtlingen entgegenzuwirken, haben sie das upcycling von Altkleidern erfunden. In einem Näh-Café könnten beispielsweise aus Hosen witzige Taschen werden. Dazu braucht es keine hohe Nähkunst, nur eine gute Einweisung. Die Studenten haben errechnet, dass ein Flüchtling bei einem bestimmten Produktausstoß elf Euro Stundenlohn erreichen kann.

Bäume für Bildung: Helena Hartmann, Roman Schlie und Emil Gehrt haben herausgefunden, dass sich viele Eltern in Kenia die Schulgebühren für ihre Kinder nicht leisten können. So beschlossen sie, diese Hürde zur Bildung zu senken – mithilfe von Avocado-Setzlingen. In dem subtropischen Land gedeiht die Avocado hervorragend. An einer Schule, zu der die Gruppe bereits Kontakt aufgenommen hat, liegt ein schuleigenes Feld. Die Schüler würden dort die Avocados aus Kernen heranziehen und die Setzlinge später an Landwirte verkaufen. Mit dem Erlös können die Lernmittelkosten gesenkt werden, und die Schüler kommen so günstiger an ihre Bücher, Hefte oder Karten. Die Investitionskosten liegen bei 600 Euro – im April fliegen die Studenten nach Kenia.

Free Time: Christian Hamann, Leah Hammes und Hannah Weißmann haben sich das Ziel gesteckt, nicht ausgebuchte Freizeitangebote so einzusetzen, dass wirtschaftlich benachteiligte Kinder eine Chance auf einen abwechslungsreichen Alltag haben. Yield Management nennt sich dieses Vorgehen: Wie bei Last Minute-Reisen oder mit Frühbucher-Rabatt schließen sich Anbieter zusammen, um freie Plätze beispielsweise im Kino günstiger an Kinder aus armen Familien zu vergeben. „Die Kinder können nichts für ihre Situation. Mit dem Projekt könnten aber auch sie ins Kino oder zum Klettern in eine Halle.“ Die Tickets könnten mittels einer App gebucht werden.

DrinkINGWater: Frederik Schober, Nils Puhlmann und  Xuan Ahn Nguyen wollen Wasser in der indischen Region Rajasthan zu Trinkwasser aufarbeiten. So funktioniert es: 14 Prozent des Wassers in Indien kommt aus ungeschützten und oft verdorbenen Quellen. Der Genuss dieses Wassers löst oft Krankheiten aus. Eine Wasseraufbereitungsanlage könnte Abhilfe schaffen. Nur: Die ist teuer. So soll sie finanziert werden: Im Supermarkt kosten 20 Liter Trinkwasser 5,40 Dollar – ein Vermögen für einen unterdurchschnittlich verdienenden Inder. Die Inder sollen, wenn es nach den drei Studenten geht, ihr verunreinigtes Wasser selbst mitbringen. Es wird durch die Anlage geklärt – anschließend werden 20 Liter zu acht Cent verkauft. Damit kann die Wasseraufbereitungsanlage samt zwei Arbeitskräften an der Maschine finanziert werden.

Artothek: Sie wird im Februar im RW21 eröffnet und ist die erste integrative Artothek Deutschlands. Sie verleiht Kunstwerke von Künstlern mit und ohne Behinderung und schafft somit eine integrative Plattform für Bildung und kreativen Austausch. Bei der Artothek haben Kunstbegeisterte die Möglichkeit, aus einer vielfältigen Auswahl an Gemälden und Bildern ihr Wunsch-Objekt für die Praxis, das Büro oder das eigene Zuhause – gegen eine geringe Gebühr – auszuleihen und somit die privaten oder beruflichen Räumlichkeiten abwechslungsreich zu gestalten

 

 

 

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