Haushalt: Worüber die Stadträte streiten

Von Thorsten Gütling
Volles Haus: Zur neunstündigen Beratung des Haushalts für das laufende Jahr fanden sich im Sitzungssaal des Rathauses nicht nur zeitweise alle Stadträte ein, sondern auch jede Menge Amtsleiter, Verwaltungsmitarbeiter und Zuhörer. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Selten waren sich die Stadträte bei der Beurteilung dessen, was die Stadtverwaltung ihnen als Haushaltsentwurf vorlegte, so einig. Quer durch alle Fraktionen ist von einem richtungsweisenden Papier die Rede. Weil es den Abbau von Schulden vorsieht, Entlastungen für Unternehmen und realistischere Zahlen für das, was die Stadt tatsächlich in einem Jahr zu leisten imstande ist. Gestritten wird trotzdem. Und zwar über diese Themen:

 
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Holperpiste für Rollator: Der Verbindungsweg zwischen dem Roten Hügel und Eckersdorf soll in diesem Jahr saniert werden. Gegen die Stimmen von Jungem Bayreuth und Teilen der FDP/DU-Fraktion. Deren Argument: Es gibt Wichtigeres zu tun, zum Beispiel die Sanierung der Schulen. Der jüngste Stadtrat, Christopher Süß, fordert, die Sanierung der Hohen Straße um ein Jahr zu verschieben. Der Großteil der Stadträte sieht das anders. Heuer sei Geld in der Kasse, Eckersdorf habe seinen Teil der Straße bereits hergerichtet und der Bayreuther Abschnitt, rund um die Kliniken, sei in einem katastrophalen Zustand. Christopher Süß wird empfohlen, den Weg einmal mit einem Rollator abzugehen; dann werden 120.000 Euro bereitgestellt.

Poller gegen Terror: Zum Schutz der Bürger vor einem Terroranschlag auf dem Marktplatz sollen Poller in den Boden versenkt werden. Weil die Stadt aber nicht weiß, wie das geht, sollen Sicherheitsexperten es ihr zeigen. Für ein Konzept will die SPD aber nur 20 000 Euro bereitstellen, andere 50.000 Euro. Rechtsreferent Ulrich Pfeifer appelliert: Selbst 50 000 Euro könnten vielleicht nicht reichen, weniger aber auf keinen Fall. Zu berücksichtigen seien schließlich nicht nur die Maxstraße, sondern auch einige Zufahrtsstraßen.

Babylons Nachfolger: Nachdem das Jugendcafé Babylon seine Arbeit eingestellt hat, sollen die Nikodemuskirche in der Neuen Heimat und der Verein Schoko e.V. in die Bresche springen. Um dafür gerüstet zu sein, werden für die „Schoko“ einmalig 70.000 Euro statt der 7000 Euro aus dem vergangenen Jahr bereitgestellt. Auch die Nikodemuskirche bittet um mehr Geld, schließlich erhalte sie schon von der Oberfrankenstiftung keine Zuschüsse mehr. Nach langer Diskussion stellt der Stadtrat 45.000 Euro statt bisher 35.000 Euro bereit. Auch weil man nicht verantworten könne, dass der soziale Brennpunkt Neue Heimat weiter abgehängt werde.

Eine unschöne Sache: Apropos Jugendarbeit. Stefan Schlags (Grüne) fordert, die Zuschüsse für das Zentrum in diesem Jahr komplett zu streichen. Es geht um 250.000 Euro, darunter alleine 160.000 Euro für Gebäudeunterhalt, Personal und Energie, zu deren Erstattung die Stadt allerdings vertraglich verpflichtet ist. Diesen Vertrag sollte man aufkündigen, sagt Schlags, weil die Verantwortlichen des Zentrums den Stadtrat hinters Licht geführt hätten. Der Vorsitzende des Vereins, Klaus Klötzer, und der Beisitzer im Vorstand, Stefan Specht (beide CSU), hätten den Stadträten im vergangenen Jahr schließlich verheimlicht, dass die mittlerweile entlassene Geschäftsführerin 190.000 Euro veruntreut hatte. Und Schlags sagt weiter: „Das gesamte Zentrum – nicht nur die Geschäftsführerin – greift seit langem in die Kasse der Stadt.“ Weil der Verein nämlich längst keine Jugendarbeit mehr leiste, wie von den Gründungsvätern vor über 40 Jahren gewollt. Stattdessen sei der Verein zu einer reinen Vermietungsagentur für das Zentrums geworden und verfolge damit kommerzielle Interessen. Das gibt Widerspruch aus Reihen der CSU: 45 Prozent der Veranstaltungen seien Eigen- oder Co-Produktionen, sagt Specht. Und wäre zum Zeitpunkt der Zuschussverhandlungen über die Veruntreuung gesprochen worden, wären Ermittlungsergebnisse hochgradig gefährdet gewesen. Helmut Parzen (CSU) sagt an die Adresse Schlags’: „Schämen Sie sich, Einrichtungen der Stadt verbal zu zerstören.“ Die Mehrheit der Stadträte sieht es wie Stephan Müller (BG). Vieles, was die Verantwortlichen des Zentrums zuletzt gesagt und getan haben sei „sehr unschön“. Solange die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die frühere Geschäftsführerin aber noch nicht abgeschlossen habe, gelte die Vermutung, dass der Verein betrogen wurde und nicht betrogen habe. Und so lange zahlt die Stadt jetzt erst mal weiter.

Unbekannter Kreisel: Unter dem, was die Stadt in diesem Jahr bauen oder herrichten will, findet sich viel Altbekanntes. Schulen, Stadthalle, Stadion und das Stadtarchiv. Plötzlich ist aber auch vom Bau eines Kreisels in der Straße Am Sendelbach die Rede. Davon hören die Stadträte zum ersten Mal – und kassieren den Vorschlag der Verwaltung umgehend. Der „Mini-Kreisel“, wie ihn Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe nennt, solle dort entstehen, wo die Straße eine 90-Grad-Kurve mache. Lieferwagen aus der Kulmbacher Straße könnten dadurch einfacher an das Rotmain-Center heranfahren, während sie heute noch die Gegenfahrbahn kreuzen müssten. Die Pläne sollen dem Bauausschuss am 20. Februar vorgestellt werden. Geld stellen die Stadträte aber erst mal nicht bereit.

Heizung fürs Klavier: Eine weitere Überraschung für die Räte: Der Bau eines Lagerraums für die Musikschule soll 250.000 Euro kosten. „Vier Wände, ein Dach und eine Heizung, damit das Klavier nicht einfriert. Was kostet da so viel?“ will Stephan Müller (BG) wissen. Stefan Bouillon, der Leiter des Hochbauamts, gibt zu: Klingt viel, ist viel, ist aber seriös kalkuliert. Vor allem das Dach könnte teuer werden, weil es an den bestehenden Bau anschließen soll.

Freikarten und Leberkäs': Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem die Stadt der Regierung ein Sparprogramm vorlegen muss. In diesem Programm ist unter anderem davon die Rede, dass ein Dienstfahrzeug nicht mehr weiter geleast werden soll. Weil der Audi nicht gebraucht werde und die Referenten und stellvertretenden Bürgermeister lieber ihre eigenen Fahrzeuge nutzen. In dem Sparprogramm ist aber auch die Rede davon, an den Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen zu sparen. 100.000 statt 115.000 Euro soll es künftig nur noch geben. Schnell entspinnt sich eine Diskussion darüber, dass man so doch nicht mit Gästen aus den Partnerstädten umgehen könne. Man geize mit Festspielkarten, Annecy und das Burgenland bekämen nur vier, andere Partnerstädte gar nur zwei und zur Eröffnung des Opernhauses hätte man gleich gar keine Vertreter eingeladen. Und überhaupt: Schon zweimal habe es bei einem Empfang im Rathaus nur ein Leberkäs’-Buffet gegeben. „Peinlich“ nennt das Franz-Peter Wild (CSU). Das müsse man probiert haben, schwärmt Hauptamtsleiter Rainer Sack. Die Oberbürgermeisterin erklärt, dass man die Partnerstädte nicht in Verlegenheit bringen wolle, es für das Seefest in Annecy zwar mehr Karten gebe, die aber auch billiger seien, und wer wisse, wie die Gäste in Bayreuth untergebracht würden, der wisse auch, dass man sich nicht verstecken müsse.

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