Sollte Habeck Sympathien verlieren, könnte sich das auf die Grünen insgesamt auswirken - seine Beliebtheitswerte sind bisher sehr gut, er gilt als wichtiger Grund für den Umfragen-Höheflug der Partei.
Den Blogbeitrag verbreitete Habeck übrigens auch über seine Twitter- und Facebook-Konten - in den Netzwerken gab es dazu denn auch gleich reichlich Reaktionen.
„Wenn ich bei Hausbesuchen oder auf Infoständen bin, bekomme ich auch oft Kritik ab“, schrieb etwa Lars Klingbeil, der Generalsekretär der SPD. „Trotzdem würde ich nie aufhören, an den Haustüren und Marktplätzen zu sein.“ Der FDP-Politiker Konstantin Kuhle spottete: „Thüringen ist quasi Venezuela und wenn ihr das falsch versteht, dann lösche ich zur Strafe meinen Account.“ Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mahnte: „Auch TV-Kameras und Mikrofone können „abfärben“, wenn wir nicht aufpassen.“
Co-Parteichefin Annalena Baerbock wollte den Abschied dagegen nicht kommentieren - sie sagte aber, sie selbst bleibe in den Netzwerken. Facebook und Twitter sind für Politiker und Prominente ein Weg, um direkt und sehr schnell Zehn- oder auch Hunderttausende mit ihren Botschaften zu erreichen - prominentestes Beispiel dürfte US-Präsident Donald Trump sein, dem 57 Millionen folgen.
Wichtige Politiker ohne eigene Aktivität in den sozialen Netzwerken werden mehr und mehr zur Ausnahme. „Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen“, schrieb Habeck in seinem Blog.
Er ertappe sich selbst dabei, wie er nach Auftritten in Talkshows oder Parteitagen „gierig“ prüfe, wie er im Netz angekommen sei. „Ich möchte gern wieder konzentrierter sein, fokussierter und auf die lange Distanz geeicht, nicht auf den kurzfristigen Geländegewinn“, schrieb Habeck. Sein „politisches Ding“ sei doch, „die Interessen der anderen Seite sehen und ernst nehmen, nicht überheblich oder besserwisserisch zu agieren“.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich Habeck gegenüber nachsichtig: Auch ein sympathischer Politiker könne mal Fehler machen, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aber: „Einen Rückzug finde ich falsch.“ Stattdessen müssten alle lernen, mit den sozialen Netzwerken und der Sicherheit im Netz besser umzugehen.
Ein weiterer Grüner, der sich viel öfter als Habeck im Netz streitet, plant keinen Rückzug. Tübingens Bürgermeister Boris Palmer sagte der dpa, bisher denke er darüber nicht nach. Den Ton in sozialen Netzwerken kritisierte aber auch er: „Die Bereitschaft, Leute wegen Halbsätzen zu lynchen, ist groß.“