Großer Zulauf für Beratungszentrum

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Nicht mehr im Mediclin-Rehazentrum, sondern davor: Das Beratungszentrum Oberfranken (BZO) für Menschen mit erworbener Hirnschädigung. Der Zulauf ist groß, sagen Reinhold Richter und Leiterin Heike Frankenberger. Foto: Eric Waha Foto: red

Aus dem Aphasiker-Zentrum Oberfranken in den Räumen der Mediclin-Rehaklinik am Roten Hügel ist das Beratungszentrum Oberfranken für Menschen mit erworbener Hirnschädigung (BZO) geworden. Nach einem Jahr kann man klar sagen: Der Zulauf steigt stetig. In neuen Räumen vor dem Reha-Zentrum, in denen jetzt die letzten Restarbeiten gemacht werden, startet das BZO am Dienstag neu durch.

 
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„Wir haben jetzt etwas Eigenes, ein eigenes Gebäude. So findet man uns auch schneller, wird besser auf uns aufmerksam“, sagt Heike Frankenberger, die Leiterin des BZO, das vom gleichnamigen Verein getragen und vom Bezirk Oberfranken maßgeblich unterstützt wird.

„Ab Dienstag läuft der Betrieb auf 100 Prozent“, sagt Reinhold Richter, der Vorsitzende des Vereins BZO. Das kleine Gebäude vor dem Reha-Zentrum diente bislang einem Friseur und einer Fußpflege als Domizil, wurde im vergangenen Jahr vom Reha-Zentrum umgebaut, sagt Frankenberger. „Jetzt muss noch eine Wand des Gruppenraums versetzt werden, damit der Raum auch mit einem Elektrorollstuhl befahrbar wird. Das war vorher zu eng.“

1700 Familien werden betreut

Der Zulauf habe stark zugenommen, seit sich das Zentrum in der Zuständigkeit geöffnet und neben Aphasiker auch alle anderen Menschen mit erworbener Hirnschädigung – nach Schlaganfall, Blutungen, Tumor-Erkrankungen – und deren Familien betreuen kann.

Derzeit betreuen Heike Frankenberger und ihre Kollegen – insgesamt vier Sozialpädagoginnen und zwei Verwaltungskräfte – rund 1700 Familien im Raum Oberfranken. „Hatten wir vorher etwa drei neue Patienten pro Woche, kommen wir jetzt im Schnitt auf sechs bis sieben neue Patienten. Pro Woche!“, sagt Frankenberger.

Das BZO öffnet Türen, hilft Kontakte zu knüpfen, zeigt Wege auf. „Betroffene durchlaufen mehrere Phasen. Sie fragen sich natürlich, warum gerade sie betroffen sind. Dann kommt oft Wut dazu, Depression. Wir wollen ihnen helfen, dass sie das Problem annehmen, damit umgehen lernen“, sagt Heike Frankenberger.

Und wieder nach vorne blicken: „Wenn man den Leuten Beispiele zeigt, dann kämpfen sie“, sagt Richter, selbst Aphasiker. Gerade in Gruppen könnten die Betroffenen lernen, sich auch gegenseitig Anreize zu geben, Therapie zu beginnen oder zu intensivieren. In einem Prozess der oft kleinen Schritte, der Monate oder Jahre bis zum nächsten Ziel braucht.

Wichtig sei die „soziale Beratung, damit die Leute auch bekommen, was ihnen zusteht“, sagt Richter. „Wir erleben immer wieder, dass die Betroffenen nicht richtig aufgeklärt und informiert werden“. Aktuell, sagt Frankenberger, versuche das BZO zusammen mit den Sprach-Verbänden darauf hinzuwirken, dass gerade Schlaganfall-Patienten über das von den Kassen bezahlte eine Jahr hinaus Unterstützung für Sprachschulung bekommen. „Nach einem Jahr gibt es dafür keinen ICD-10-Code mehr, wenn die Akut-Phase abgeschlossen ist“, sagt Frankenberger. „Wir lassen da auch nicht locker, weil es um die Rechte der Betroffenen geht.“

Datenschutzgrundverordnung bereitet Kopfzerbrechen

Das BZO verstehe sich „als Sprachrohr und Bindeglied gleichermaßen, um Reha-Maßnahmen, Kurse und Wiedereingliederungsmaßnahmen aufzeigen zu können. Es kommen ja auch immer mehr junge Leute zu uns mit den entsprechenden Diagnosen“, sagt Frankenberger.

Reinhold Richter schult in seiner Eigenschaft als Regionalgruppenleiter die Leitungen von Selbsthilfegruppen, ist aber auch unermüdlich in ganz Oberfranken unterwegs, um Pflegepersonal Wege aufzuzeigen, wie sie gerade mit Aphasikern am besten umgehen. „Das wird sehr gut angenommen“, sagt Richter.

Was Frankenberger abseits des Tagesgeschäfts derzeit Kopfzerbrechen bereitet: Die Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung. „Wir werden mehr als 1700 Familien anschreiben und um die Rücksendung der unterschriebenen Erklärung bitten. Wir hoffen, dass auch alle davon Gebrauch machen und das Schreiben nicht entsorgen“, sagt die BZO-Leiterin.

Denn: „Wir müssen sonst alle Daten löschen, was ein schwerer Verlust für die Patienten, ihre Therapie, ihre Möglichkeiten wäre.“ Das BZO betreue die Menschen schließlich nicht nur über einen gewissen Zeitraum, „sondern ein Leben lang“, wie Richter sagt.

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