Grabungen an der Kirche Tote erzählen Geschichte

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CREUßEN. Manchmal begegnet man auf ganz kuriosen Wegen der Geschichte. Die Bamberger Archäologin Johanna Aas weiß das genau. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten an der Creußener St. Jakobus-Kirche waren archäologische Grabungen notwendig, die jetzt einen Blick auf die Geschichte werfen. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Kirchengemeinde und des Colloquium Historicum Wirsbergense stellte sie jetzt erste Ergebnisse vor.

 
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Von Januar bis März dieses Jahres hat die Archäologin mit einem vierköpfigen Team mehrere sogenannte Sondagen - kleine Löcher - gelegt, um das Fundament der Kirche zu untersuchen. Am Pfeiler der Vorhalle, an der nördlichen Durchgangstür und in der Unterkirche/Krypta haben sie unter anderem gegraben. Erst mit einem kleinen Bagger, dann wurden per Hand mit Kelle und Schaufel die historischen Überreste freigelegt. Aas zeigt eine Reihe von Bildern von den Arbeiten.

Dias und Digitalbilder

"Wir haben alles dokumentiert, Dias und Digitalbilder gemacht", erklärt Aas. Es wurden Zeichnungen im Maßstab 1:20 und 1:10 angelegt, Beschreibungen und Messungen gemacht. Die archäologischen Funde kamen an das Landesamt für Denkmalpflege, zahlreiche Knochen, die im Bereich des ehemaligen Friedhofs auf der Nordseite der Kirche gefunden wurden, wurden gesammelt Pfarrer Achim Peter übergeben. Er wird sie auf dem jetzigen Friedhof in der Bahnhofstraße beisetzen.

Rektorengarten aufgefüllt

"Wir haben bei den Grabungen ein Stück Baugeschichte entdeckt", sagt Aas. So zum Beispiel, dass der sogenannte Rektorengarten zur Erweiterung aufgefüllt, aber nie als Friedhof genutzt worden war. Fundamentfunde gaben Rückschlüsse auf die verschiedenen Nutzungen des Geländes. Und es wurde festgestellt, dass das Bodenniveau der heutigen Gruft nicht dem Originalzustand entspricht, sondern rund 80 Zentimeter höher ist. "Das ist ein Hinweis auf eine Kirche vor der Kirche", so die Archäologin.

Mit dem Kopf nach Westen

Viele Funde wurden im Bereich des Friedhofs gemacht, wie Aas auf Bildern zeigt. Da sind Becken- und Oberschenkelknochen in von Metallrohren oder dem Einbau des Treppenturms zerstörten Gräbern. Zwischen 20 Zentimeter und 1,20 Meter wurde hier gegraben. "Der Friedhof war bis Ende des 18. Jahrhunderts dicht belegt", hat Aas festgestellt. Teilweise lagen Gräber übereinander oder waren wieder belegt worden. Manchmal waren die Knochen auch nur reingeworfen worden. Aas zeigt auf Bildern, dass auf dem Rücken, mit dem Kopf im Westen, Blick nach Osten, die Hände auf Brust oder Bauch verschränkt, bestattet wurde. "Zum Teil war in einem Sarg beigesetzt worden, zum Teil nur in einem Leichentuch", sagt sie. Barocke Sarggriffe wurden auch gefunden. Sie zeigt Bilder von verkrümmten Knochen, Gewandhaken und -ösen, einen Taschenbesatz aus dem 16. Jahrhundert.

Ungewöhnlicher Fund

Ganz nahe bei der Kirche, unter dem Chorraum, waren die Kinder- und Säuglingsgräber. "Es sollte sichergestellt werden, dass die toten Kinder von herabtropfenden Wasser quasi noch getauft wurden", erklärt Aas. Einen ungewöhnlichen Fund machte sie am Stützpfeiler bei der nördlichen Chorwand. Hier war man von der Normalbestattung abgewichen. Das Skelett lag auf der Seite, der Kopf im Süden und hatte große Steine auf dem Bauch. Das Skelett wurde in Berlin archäologisch untersucht und ergab, dass es sich um eine 42 bis 49 Jahre alte Frau handelte, die 1,52 Meter groß war, keine Zähne, aber eine Entzündung am rechten Schienbein hatte. "Es handelt sich wohl um eine sogenannte Wiedergängerin", sagt Aas und erklärt, dass damals die Annahme bestand, dass bestimmte Tote wieder auferstehen, um Lebenden einen Schaden zuzufügen. Deshalb wurden die Leichen mit Steinen beschwert, manchmal sogar gepfählt. Die Zeit dieser Beisetzung schätzt die Archäologin um 1500. Die insgesamt letzte Bestattung auf dem Friedhof bei der Kirche war 1806.

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