Gleich ist nicht gleich Duell an der Leupser Quelle

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LEUPS. Ein Bottich, eine Stoppuhr und ein kleiner Wasserstrahl. Alles da, um zu messen, wie viel aus der Leupser Quelle kommt, um die heftig gestritten wird. Die Juragruppe will den kleinen Ort an ihr Netz anschließen, ein Verein kämpft dagegen, dass Leups das bisschen Wasser abgedreht wird.

 
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Wer je dachte, eine Schüttung zu messen sei eine hoch komplizierte Sache, nein, ist sie nicht. Was sie aber nicht weniger umstritten macht. Die Mitarbeiter des Wasserversorgers Juragruppe fahren also dreimal die Woche zu der kleinen Leupser Quelle, die unter Bäumen auf der Gemarkung mit der Flurnummer 99 sanft plätschert. Fast ein bisschen so, wie wenn eine Badewanne in einem Altbau langsam vollläuft.

Der ist aus Metall

Mitarbeiter eins stellt den Bottich aus Metall unter den Strahl. 49,3 Liter. Mitarbeiter zwei drückt auf die Stoppuhr. Und wenn der Bottich von Mitarbeiter eins voll ist, stoppt Mitarbeiter zwei die Stoppuhr. Dann rechnet er: eine Minute, zehn Sekunden für etwa 50 Liter. Macht: 0,714 Liter frisches umstrittenes Leupser Wasser in einer Sekunde. Jetzt schüttet Mitarbeiter eins den Bottich aus und alles geht von vorne los. Und auch beim zweiten Mal steht auf dem Taschenrechner 0,714. Und am Ende ist der Bottich aus Metall wieder leer.

Der ist aus Kunststoff

Beobachtet hat die Szene Frank Steffel vom Verein Pro Leupser Quellwasser. So simpel sieht die Messung aus – und die will er nicht glauben? „Wir machen eine Gegenmessung“, sagt er und holt seinen eigenen Bottich, der an einem Nagel am Baum hängt. Kunststoff, 65 Liter gehen da rein. „Eine ausgeliterte Wanne der Juragruppe“, sagt Steffel. Wasser läuft. Und läuft. Und läuft über. Steffel stoppt die Uhr auf seinem Handy. 89 Sekunden für 65 Liter macht 0,73 Liter pro Sekunde. Das sind 0,016 Liter in der Sekunde mehr als die von der Juragruppe gemessen haben. Noch nicht mal ein Schnaps weniger.

Geht es wirklich nur um ein Schnapsglas?

Und darüber streiten die sich jetzt? Um ein Schnapsglas, das ausschlaggebend sein soll für ein 2,5 Millionen teures Projekt, für das mehr als fünf Kilometer Leitungen gelegt werden und bei dem Leups an das Wassernetz der Juragruppe angeschlossen werden soll. Es fallen Beleidigungen, es geht um angebliche Lügen, um Täuschung, es geht darum, dass die Juragruppe doch nur Förderung kassieren will, es geht um falsche Messungen, falsche Schlüsse und doch auch um etwas ganz Anderes.

Bedeutungslos - oder doch nicht?

Denn die kleinen Zahlen seien ja „bedeutungslos“. Das sagt Anja Lüthje, die Sprecherin des Leupser Vereins. Sind sie? Nicht für die Juragruppe. Werkleiter Hans Hümmer sagt: „Sie sind sehr wohl von großer Bedeutung – der weiter prognostizierte Klimawandel wird die Zahlen weiter verkleinern. Einig ist man sich darüber, „dass das Wasser im Sommer rückläufig ist“. Klar auch, dass eine Trockenperiode wie die jetzige der kleinen Quelle schwer zusetzt. „Trotzdem reicht das Wasser“, sagt Lüthje. Sagt auch der Mann mit dem Plastikeimer, Frank Steffel. „Die Quellschüttung ist immer konstant.“

Es zählt der höchste Verbrauch

Hümmer sagt, „im April lag der Wert bei 1,42 und jetzt bei 0,7“. Doppelt so schnell also war der Bottich im Frühjahr voll. Und Hümmer sagt auch, der niedrigste Wert komme laut Statistik erst im Oktober. Steffel sagt: „Für uns unbedenklich, 64 Kubikmeter am Tag sind ausreichend.“ Kein Problem also, solange aus der Quelle mehr Wasser komme, als die Leuper brauchen. An manchen Tagen seien das nur 35 Kubik. Hümmer widerspricht: Für einen Wasserversorger müsse immer der Tag mit dem höchsten Verbrauch zählen, an einem Tag seien es rund 57 Kubikmeter gewesen. Danach müsse die Leistungsfähigkeit einer versorgungssicheren Anlage ausgelegt sein.

Gegenpol: Der Spitzenwert ist nicht alles

Steffel dagegen: Der Spitzenwert dürfe doch nicht als dauerhafter Verbrauch gesehen werden. „Wir hatten noch nie das Problem, dass die Quelle versiegt war und wir kein Wasser hatten.“ Hümmer: „Die Schüttung wird weiter zurückgehen.“ Er verweist auf eines der trockensten Jahre, „da kann kein Mitarbeiter der Juragruppe was dafür, dafür ist der Herrgott zuständig“.

Die Argumente fließen auf beiden Seiten, die Zahlen, alle schon zigmal gehört. Alle stehen im Internet. Eigentlich ist alles gesagt. Steffel wünscht sich trotzdem „einen runden Tisch“, findet es schade, dass dafür ein Anwalt nötig sei. Hümmer sagt, man habe sich doch schon dreimal getroffen. Steffel: Das war nur eine Informations-Veranstaltung, eine Werbung für die Juragruppe. Hümmer: „Die Verbandsversammlung hat dreimal einstimmig beschlossen, aus Gründen der Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität, Leups ans Juragruppen-Netz anzuschließen“.

Was zählt, ist die langfristige Lösung

Grundlage dieser Beschlüsse sei die langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung für die Leupser Bürger. Hümmer weiter: „Hierzu wurden gutachterliche externe Stellungnahmen und auch externe Kostenermittlungen für die Sanierung oder Erneuerung der Leupser Anlage eingeholt. Die Möglichkeit, die Leupser Anlage mit einem ermittelten Kostenaufwand von ca. 1,4 Millionen zu sanieren und gleichzeitig eine Ringleitung aus Versorgungssicherheitsgründen für 2,2 Millionen zu bauen, sei für die Solidargemeinschaft der Wasserverbraucher der Juragruppe bei einem solchen minimalen Verbrauch im Verhältnis zur Gesamtverbrauchsmenge nicht vertretbar.

Warum nicht ein runder Tisch?

Steffel fragt sich, warum gerade jetzt den Leupsern ihr eigenes Wasser abgedreht werden soll. „Das hätten wir gerne kommuniziert gehabt.“ Hümmer: „Der erste Beschluss wurde bereits 2016 gefasst.“ Nächstes Jahr werde der Bau beginnen, Bauzeit mindestens zwei Jahre. Die abschließenden Ausschreibungsunterlagen seien durch die eigene Planungsabteilung der Juragruppe deshalb noch nicht angefertigt worden, „weil andere Baumaßnahmen mit Versorgungsproblemen sich zurzeit in der Abwicklung befinden und hierfür alle verfügbaren Ressourcen im Einsatz sind“.

Skepsis im Verein

Im Verein glauben sie nicht an den Baubeginn. Schon einmal habe Hümmer einen falschen genannt. Sie möchten sowieso noch einiges klären. Ein Geologe soll nochmals ein Gutachten vorlegen, sagt Vereins-Sprecherin Lüthje. Sie erinnert außerdem an die vielen Fichten um die Quelle. „Die dürften dort gar nicht stehen, die ziehen ziemlich viel Wasser.“ Und sie erinnert an ein Schreiben des Landratsamtes Bayreuth, das der Redaktion vorliegt. Darin wurde die Stadt Pegnitz aufgefordert, bei der Quelle ein Naturschutzgebiet auszuweisen. „Das hat die Stadt versäumt“, sagt Lüthje.

Zahlen und Daten

90 Prozent der Leupser sind in dem Verein organisiert, sagt Anja Lüthje, Sprecherin des Vereins. Dazu kämen die Fördermitglieder. Das dürften bei 202 Einwohnern also mehr Vereinsmitglieder als um die 130 sein. Mittwochs findet in der örtlichen Brauerei in Leups ein Wasserstammtisch statt, der für alle offen ist. Die Mitglieder suchen auch nach Ungereimtheiten in der Geschichte der Leupser Quelle. Eine davon ist ein Schreiben des Landratsamtes aus dem Jahr 1969, in dem die Stadt aufgefordert wurde, ein neues Wasserschutzgebiet auszuweisen. Das sieht Manfred Thümmler, Vorsitzender des Zweckverbandes, anders.

Thümmler : Da war Leups noch selbstständig

Das Schreiben habe sich an die bis 1978 selbstständige Gemeinde Leups gerichtet, sagt er auf Anfrage, die Stadt Pegnitz habe damit gar nichts zu tun. Sprecherin Anja Lüthje hat ein neues geologisches Gutachten in Aussicht gestellt. Eine weitere Ungereimtheit sei der hohe Fichtenbestand. „Die dürften gar nicht dort stehen, denn die ziehen ziemlich viel Wasser.“ Auch das dürfte der Geologe klären. Außerdem fehle die Einzäunung und Reinhaltung der Quelle: Die Entsorgung der Fichten und Büsche um die Quelle.

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