Geplanter Netzausbau stößt auf Kritik – Betroffene: „Keine Versuchskaninchen“ Neue Stromtrassen: 33 000 Einwände

Von Peter Engelbrecht
Podiumsdiskussion zum Thema Stromtrassen in der Universität Bayreuth. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Gegen den bundesweiten Netzentwicklungsplan, der auch die umstrittene Gleichstromtrasse durch Oberfranken enthält, sind mehr als 33 000 Stellungnahmen eingegangen. Das berichtete Achim Zerres von der Bundesnetzagentur in Bonn auf einer Podiumsdiskussion in der Universität Bayreuth. Wie gefährlich sind die Trassen für die Gesundheit?  

 
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Alle Stellungnahmen würden gesichtet, die Argumente sollen gewürdigt und veröffentlicht werden, kündigte Zerres an. Dies werde voraussichtlich bis August 2015 dauern. Die meisten Stellungnahmen seien aus Bayern gekommen und beträfen Südlink (nach Unterfranken) und die Gleichstrompassage Südost durch Oberfranken. „Die Argumentation hat bislang nichts Überraschendes enthalten“, sagte er. Auch der Freistaat Bayern habe Stellungnahmen abgegeben. Die vier bundesdeutschen Netzbetreiber haben den Plan aufgestellt. Der Ausbaubedarf neuer Trassen liegt demnach bei 3500 Kilometern, davon 2000 Kilometer Gleichstromkorridore.

Rund 70 Zuhörer waren zur Podiumsdiskussion gekommen, die von Kurier-Redakteur Moritz Kircher geleitet wurde. Veranstalter war der studentische Verein Oikos, der sich für nachhaltiges Wirtschaften einsetzt.

Die einzelnen Stellungnahmen:

Bundesnetzagentur: Die Behörde erstelle derzeit Prognosen, wie hoch der Bedarf an neuen Stromleitungen in zehn Jahren in Deutschland sein wird, erläuterte Zerres. Er ging davon aus, dass in zehn Jahren nach dem Abschalten der Atomkraftwerke 25 bis 30 Gigawatt überschüssiger Windstrom vom Norden in den Süden transportiert werden müsse. „Das heutige Netz packt das nicht“, sagte er, neue Gleichstrompassagen seien notwendig.

Netzbetreiber: Ebenfalls für den Bau neuer Gleichstrompassagen sprach sich Christian Horzetzky vom Bayreuther Unternehmen Tennet aus. Der Transport von überschüssigem Windstrom aus dem Norden in den Süden mache dies notwendig. Um das Netz stabil zu halten, hätten im April 2015 Reservekraftwerke im Süden Deutschlands und in Österreich angeworfen werden müssen. Er bestätigte, dass die Rendite neun Prozent auf das Eigenkapital beim Bau neuer Trassen beträgt.

Bayerische Solarinitiativen: Bis zum Jahr 2050 sei die Stromversorgung Deutschlands mit 100 Prozent erneuerbaren Energien möglich, sagte Alexa Zierl. Die Einsparmöglichkeiten bei Strom, Wärme und Verkehr seien groß, in privaten Haushalten bis zu 50 Prozent. Das Abschalten der Atomkraftwerke bis 2022 könne durch den weiteren Zubau von Windkraft und Solaranlagen in Bayern, durch Stromimport in einer Übergangsfrist und die Thüringer Strombrücke ausgeglichen werden. Zierl verwies auf Unterlagen, wonach durch die geplante Südostpassage bei Engpässen Strom nach Italien geleitet werden soll.

Bürgerinitiativen gegen die Gleichstromtrasse Südlink: Die Politik sollte auf Südlink und große Gleichstromleitungen verzichten, forderte deren Sprecher Guntram Ziepel. Er setzte auf Stromspeicher. Sorgen äußerte er zu möglichen gesundheitlichen Folgen der neuen Stromtrassen, auch Mediziner hätten Bedenken wegen elektromagnetischer Strahlung. „Wenn wir Versuchskaninchen sein sollen, lehnen wir das ab.“ Die gesundheitlichen Folgen seien noch nicht hinreichend untersucht: „Lasst die Finger davon“.

In der Diskussion fürchtete ein Zuhörer, das Monopol der vier Netzbetreiber könne die lokale Energiewende abwürgen. Ein anderer Redner warnte davor, Stromspeicher als Alternative zu sehen. „Was passiert, wenn die Speicher leer sind?“, fragte er.

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