Geldstrafe für heimlichen Tonmitschnitt und Veröffentlichung von Polizeibesuch auf Video Sonderling vor Gericht

Von Manfred Scherer
Jens Bothe, alias "Kettwiesel", war vor seinem Prozess am Amtsgericht siegessicher. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Er lebt in einem Wohnwagen, nennt sich "Kettwiesel" und bezeichnet sich als "Öko-Freak Nr. 1". Weil er sich nicht um Vorschriften schert und für sich die Staatsangehörigkeit in der Bunderepublik ablehnt, befindet er sich mit der Obrigkeit im Streit. Die Situation ist eskaliert und so musste Kettwiesel, alias Jens Bothe, nun als Angeklagter vor Gericht erscheinen.

 
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Der Vorwurf: Er soll einmal eine Befragung durch Polizisten heimlich aufgenommen und ein anderes Mal den Besuch derselben Beamten ohne deren Einverständnis gefilmt haben. Weil er beide Aufnahmen ins Internet stellte, verhängte Amtsrichterin Christine Oertwig eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Magier aus dem finsteren Mittelalter

Jens Bothe ist im Januar 1977 geboren. Damals war die britische Fernsehserie "Catweazle", in der sich ein Magier aus dem finsteren Mittelalter zur Normannenzeit in Großbrittanien mitsamt seiner Kröte "Kühlwalda" in die Neuzeit zaubert, schon ein TV-Hit. Immer wieder wurden die Abenteuer des Magiers in verschiedenen Sendern wiederholt, so dass auch Jens Bothe vom Zauber Catweazles ergriffen wurde. Und eines Tages den Namen seines Helden annahm, ihn allerdings - möglicherweise aus urherberrechtlichen Gründen - in Kettwiesel verfremdete.

Sein Ärger über die geregelte Welt des Bürgertums begann vielleicht mit der Forderung einer Behörde, er solle an seinem Wohnwagen im Pottensteiner Ortsteil Weidenloh  einen 15 Meter hohen Kamin anbringen. Die Feinde des modernen Kettwiesels sind also keine Normannen mehr, sondern Vorschriften und die Personen, die sie durchsetzen müssen - im vorliegenden Fall zwei Beamte der Pegnitzer Polizei - einer der Männer ist sogar mit ihm verwandt. Kettwiesel hat auch keine Kröte Kühlwalda in der Tasche, sondern eine Filmkamera oder ein Tonbandgerät. Auf seiner Ökoinsel gibt es Hinweisschilder wie "Hier wird Videoüberwacht". Einen Film der zwei Polizisten, die ihm am 18. Februar ein Ladung zum Antritt einer Freiheitstrafe zustellen mussten und eine heimliche Tonaufnahme von einer Vernehmung durch beide Polizisten vom 13. Dezember, stellte Jens Bothe ins Internet - und beging dadurch nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Straftaten der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes.

Zu erster Sitzung nicht erschienen

Richterin Oertwig wollte den Sonderfall des Sonderlings ursprünglich noch vor dem Umzug des Pegnitzer Amtsgerichts in die Hallen der Bayreuther Justiz in der Heimatgegend von Kettwiesel verhandeln. Doch Jens Bothe kam am 14. Mai nicht zur Sitzung. Damals ordnete die Richterin die Vorführung des Öko-Freaks an. In der Zwischenzeit saß Kettwiesel im Knast. 40 Tage waren die Strafe, die er aufgebrummt bekommen hatte für die Beleidigung eines anderen Amtsrichters in Pegnitz. Vom Gefängnis wurde Kettwiesel von jenen beiden Beamten abgeholt, die am Dienstag auch als Zeugen aussagten.

Ehe die Beweisaufnahme beginnen konnte, lieferte Bothe sich ein Wortgefecht mit Richterin Oertwig, etwa so - Richterin: "Herr Bothe, wollen sie zur Anklage Stellung nehmen?" Kettwiesel: "Ich fordere eine eidestattliche Erklärung, dass sie ein richtiges Staatsgericht sind." Oertwig: "Ich bin Richterin." Kettwiesel: "Paragraf 101- niemand darf seinem Richter vorenthalten werden. Wenn sie sich nicht legitimieren, sage ich nichts. Sie sind nicht mein zuständiges Gericht. Laut UN-Resolution 5683 stehe ich unter staatlicher Selbstverwaltung. Ich bin kein Bürger der Bundesrepublik, ich bin ein Bürger des deutschen Reichs." Oertwig konterte: "Wenn es so einfach wäre. Ist es aber nicht."

Bothe bezeichnet sich übrigens nicht als Nazi - er glaubt zu wissen, dass der Staat, in dem er lebt, die Gesetze des deutschen Reichs übernommen habe und sich folglich nicht Bundesrepublik nennen dürfe.

Richter als "Blödel" beleidigt

Die beiden Polizisten, 56 und 59 und somit zwei altgediente Beamte, sagten aus. Jens Bothe habe eine Beschuldigtenvernehmung ohne ihr Wissen aufgezeichnet, in der es um Vorwürfe ging, dass der Angeklagte einen Pegnitzer Amtsrichter mit dem Schimpfwort "Blödel" beleidigt hatte. Den Videodreh Bothes  von ihrer Überbringung der Aufforderung zum Strafantritt bekamen beide Beamte mit: "Er saß in seinem Wohnwagen, machte nicht auf und filmte von innen raus. Ich habe ihm ausdrücklich gesagt, dass er den Film nicht in Youtube stellen soll."  Die Beamten sicherten den Film später auf CD. 

Bothe, der sich nicht an seine Ankündigung hielt, nicht mit der nicht zuständigen Richterin sprechen zu wollen, verteidigte sich: "Ich hab's nur deshalb aufgenommen, damit ich nicht in einen Prozess reingerate. Ich war jetzt 40 Tage im Knast und habe noch nicht mal ein Gerichtsverfahren gehabt." Richterin Oertwig klärte Bothe auf: Die Strafe für die Beleidgung des Richterkollegen erging via Strafbefehl und sah eben 40 Tagessätze vor: "Da gibt es keinen Prozess, nur ein Schreiben. Wenn sie mal ihre Post annehmen oder öffnen würden, hätten sie es wissen können."  Weil Bothe die vorgesehene Strafe nicht zahlte, musste er sie absitzen.

Frührentner Bothe

Jens Bothe ist Frührentner, er verfügt über einen Schwerbehindertenausweis. Die Zahlungen der bundesrepublikanischen Rentenversicherung, so sagte er nach dem Prozess auf Frage des Kurier-Reporters, akzeptiere er deshalb, weil er ja zeit seines Erwerbslebens gezwungen worden sei, einzuzahlen. Nach dem Urteil antworteten die Pegnitzer Polizisten auf die Frage der Richterin, ob sie den Angeklagten mit nach Pegnitz nehmen würden wie aus einem Mund: "Nein."  

Jens Bothe erklärte, er wolle das Urteil der Richterin nicht hinnehmen. Was er annahm: Das Angebot der Justiz, ihm das Geld für eine Bahnfahrkarte nach Pegnitz vorzustrecken. Und wenn Kettwiesel tatsächlich eine Kröte Kühlwalda in seiner Hosentasche gehabt hätte, dann hätte sie ihren Spaß gehabt.

So reagierte Bothe am Dienstag auf den Urteilsspruch:

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