Geld für Therme: Willkür im Spiel?

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Der Landkreis soll künftig einen höheren Anteil an den Kosten für die Therme Obernsees übernehmen – zugunsten der Gemeinde Mistelgau. Die Freien Wähler sprechen von Ungerechtigkeit. Foto: 
Nils Katzenstein Foto: red

Der Landkreis will künftig mehr an den Zweckverband Therme Obernsees zahlen. Um den Anteil der Gemeinde Mistelgau zu reduzieren. Das soll der Kreistag in seiner Sitzung am Montag, 7. Mai, absegnen. Das stößt den Freien Wählern sauer auf. Sie haben beantragt, diesen Punkt zu vertagen. Weil das den zum größten Teil schon finanziell angeschlagenen Kommunen nicht zuzumuten sei. Stattdessen sollte lieber geprüft werden, ob nicht die Gründung eines Zweckverbandes, der sich um sämtliche Bäder im Kreis kümmert, sinnvoll wäre.

 
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Die Ausgangslage: Zur Deckung von Investitionen und dadurch erforderlichen Kreditaufnahmen trug der Landkreis bisher 55, die Gemeinde Mistelgau 45 Prozent der Kosten. Bei den Kosten für den laufenden Betrieb lag das Verhältnis bisher bei 70:30. Künftig soll der Kreis 77 Prozent übernehmen, die Gemeinde nur noch 23. Die Kommune hatte geklagt, dass ihre ständig steigende Umlage ihre finanzielle Leistungsfähigkeit einschränke.

Wie die Freien Wähler denken: Pottensteins Bürgermeister Stefan Frühbeißer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FWG im Kreistag, spricht von Willkür. Klar, grundsätzlich habe auch er Verständnis dafür, wenn eine Gemeinde ihre Finanzlage verbessern will. Aber Mistelgau gehe es eben trotz eines relativ hohen Schuldenstandes „wirtschaftlich deutlich besser als anderen“. 15 von 33 Landkreiskommunen hätten 2016 die vorgeschriebene Mindestzuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt nicht stemmen können, bei 16 betrug die Rücklage null Euro. Angesichts dieser Situation könne es nicht sein, dass Gemeinden, die auf Stabilisierungshilfe angewiesen seien, um überhaupt handlungsfähig zu sein, nun noch einem zusätzlichen Kostendruck ausgesetzt werden. Denn: „Sie mussten ja auch oft ihre freiwilligen Leistungen nahezu komplett streichen, um diese Förderung zu erhalten, das ist den Bürgern nicht zu vermitteln.“

Das ist klammen Gemeinden nicht zumutbar

So sieht das auch Fraktionssprecher Hans Hümmer. Er verweist auf Urteile, nach denen die freiwilligen Leistungen eines Landkreises ein Prozent der Kreisumlage nicht überschreiten dürfen – „da liegt man nach unserer Einschätzung deutlich drüber“. Der im Zweckverband beschlossene Verteilungsschlüssel sei also schon rein rechtlich „fragwürdig“. Unabhängig davon werde der Gemeinde Mistelgau in der Sitzungsvorlage ausdrücklich attestiert, „relativ einnahmestark und finanzkräftig“ zu sein. Und die Lage der Mistelgauer werde ja durch das Feriendorf und ein geplantes Hotel eher noch besser.

Pegnitzer und Pottensteiner zahlen deutlich mehr

Vor diesem Hintergrund anderen Kommunen, „die sich gerade so über Wasser halten können“, noch mehr aufzubürden, sei nicht nachvollziehbar. Zumal auch andere Bäderstandorte wie Pottenstein oder Pegnitz hohe Defizite und Tilgungen für Darlehen zu schultern hätten. In den genannten Städten seien das umgerechnet rund 130 Euro pro Bürger im Jahr. Nach FWG-Rechnung kommen in Mistelgau nur 87 Euro zum Tragen. Und in Hollfeld gebe es sogar Überlegungen, das Hallenbad der Gesamtschule nur noch für den Schulbetrieb offen zu halten.

Das Zukunftsmodell: Mit Blick auf eine gleichmäßige Verteilung der Lasten für alle Kommunen im Kreis, muss eine gerechtere Lösung her, so Hümmer und Frühbeißer. Daher sollte eine Studie in Auftrag gegeben werden, in der geklärt wird, ob alle Bäderstandorte im Kreis in einen Zweckverband unter Führung des Landkreises integriert werden könnten. Hümmer: „Wir sehen enorme Einsparpotenziale durch eine einheitliche Geschäftsführungs- und Betreiberstruktur.“ Die verstärkt werden könnten durch ein „ausgeklügeltes System bei den Öffnungszeiten, es müssen ja nicht mehrere Freibäder gleichzeitig offen haben, zum Beispiel“.

Ein Zweckverband für alle Bäder im Kreis?

Und man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen. Indem man überlege, die Aufgaben eines solchen Zweckverbandes um die Bereiche Fremdenverkehr und Tourismus aufzustocken. Für das Fichtelgebirge wie für die Fränkische Schweiz – „wir brauchen nicht für alles und in jedem Gebiet eigene Zweckverbände“.

Reaktionen: Vom Landratsamt gab es auf Anfrage nur einen Satz: Der Antrag werde in der Sitzung am Montag zur Abstimmung gestellt, so Sprecher Michael Benz. Ausführlicher äußerte sich Mistelgaus Bürgermeister Karl Lappe. Er sei überrascht, schließlich säßen im Thermen-Zweckverband ja auch Kreisräte der Freien Wähler. Und der Beschluss für die Anpassung der Umlage sei „nach längerer Diskussion“ einstimmig gefallen. Außerdem gehe es gerade einmal um 90.000 bis 100.000 Euro im Jahr, also eine sehr überschaubare Summe.

Bürgermeister Lappe überrascht

Und: Mistelgau stehe hinter der Therme, habe in den vergangenen Jahren 7,2 Millionen Euro beigetragen – „neben der normalen Kreisumlage“. Ob die Kommune bei den anstehenden Investitionen ihren Anteil bestreiten könne, sei zumindest fraglich ohne die geplante Änderung. Wie die CSU-Fraktion mit dem Thema umgehen wird, konnte deren Sprecher Günter Dörfler gestern nicht sagen: „Das muss diskutiert werden, die Idee mit einem Bäderzweckverband ist ja nicht ganz neu. Das ist halt ein Problem für Gemeinden, die kein Bad besitzen.“ Wie sein Heimatort Weidenberg.

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