„Ich habe mehr als 200 Filme gemacht, 100 davon sind schlecht, 50 genießt man mit einem Glas Wein, und die anderen 50 sind richtig gut“, sagt Kier. Zu den letzteren zählt er auch seine Filme mit dem amerikanischen Regisseur Gus van Sant, der ihn 1991 als Freier in „My Own Private Idaho“ nach Hollywood holte.
Seitdem ist Kalifornien die Wahlheimat des Kölners, der seine Geburtsstadt bei Reisen nach Deutschland aber gerne besucht. „Da gehe ich erst einmal in den Dom und stelle zwei Kerzen auf, eine für die lebenden Freunde, die andere für die toten Freunde“, erzählt Kier. Er schaue sich auch Köln-Mülheim an, wo der am 14. Oktober 1944 geborene Udo Kierspe in ärmlichen Verhältnissen von seiner alleinerziehenden Mutter großgezogen wurde. „Die Leute können heute gar nicht verstehen, dass wir kein warmes Wasser zuhause hatten. Einmal in der Woche wurde ich in einer Zinkbadewanne gebadet“, blickt er zurück.
Umso mehr schätze er jetzt die Dinge, die er sich hart erarbeitet habe. In seinem Umgang mit Filmemachern hält sich Kier dabei fest an eine Devise: Er drängt sich nicht auf. „Ich habe noch nie einem Regisseur gesagt, dass ich mit ihm arbeiten möchte“, erklärt Kier. Eine Abfuhr wäre doch peinlich. „Bei Treffen sage ich nur, ich mag deine Filme, aber weiter gehe ich nicht.“ Doch damit fährt der Deutsche in Hollywood offenbar gut. So habe sich etwa Regisseur Alexander Payne mit ihm zum Mittagessen in Palm Springs verabredet - und eine Woche später hatte er den Vertrag für „Downsizing“ (2017) mit Matt Damon und Christoph Waltz in der Tasche, erzählt Kier.
Kier gilt als Spezialist für Schurkenrollen und schräge Charaktere. So spielte er 2012 in dem Trash-Spektakel „Iron Sky - Wir kommen in Frieden!“ den Herrscher einer Nazi-Gemeinde, die auf der dunklen Seite des Mondes lebt. Im vergangenen Frühjahr kehrte er in „Iron Sky: The Coming Race“ als Adolf Hitler, auf einem dressierten Dinosaurier reitend, zurück. Im Satireformat mache das Spaß. „Ich denke dabei an Charlie Chaplin in 'Der große Diktator', aber ich habe noch nie ernsthaft einen Nazi gespielt“, sagt Kier. Er habe es etwa abgelehnt, den Nazi-Verbrecher Josef Mengele, berüchtigter Lagerarzt im Vernichtungslager Auschwitz, in einem Fernsehfilm zu porträtieren.
Vom Ruhestand will Kier mit 75 Jahren nichts wissen. „Ich bin ja fit“, versichert der Schauspieler. „Ich bin zwar kein Vegetarier, aber ernähre mich ziemlich gesund und bin ein Lucky Man.“